Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
auf meinen Busen legen. Die Brüste wollte ich in seine Hände pressen, mit den Spitzen die Hitze seiner bloßen Hände spüren. Mein Körper hat sich nach ihm verzehrt, doch ich habe nicht nachgegeben, denn es war weder der richtige Augenblick noch der richtige Ort.
Heißt das, ich wünsche mir diese Dinge zu anderer Zeit und an einem anderen Ort?
Ich will mir das Kleid für ihn aufknöpfen. Ich will, dass er mir das Mieder herunterstreift. Ich sehne mich nach seiner Berührung. Er soll mich berühren, wie mich seit Jahren niemand mehr berührt hat.
Für mich ist er nicht Lord Ian MacKenzie, des Herzogs unerreichbarer adliger Bruder; auch nicht der Verrückte MacKenzie, der Exzentriker, den alle anstarren und über den sie heimlich tuscheln.
Für mich ist er einfach nur Ian.
»Madame«, rief Katie von der Schwelle.
Erschrocken fuhr Beth zusammen und beeilte sich, das Buch zuzuschlagen. »Du liebe Güte, Katie, hast du mich erschreckt. Ist etwas geschehen?«
»Der Hausdiener meldet, dass ein Gentleman Sie zu sehen wünscht.«
Beth erhob sich. Mit dem Rock fegte sie einen Löffel vom Tisch, der klirrend auf dem Boden aufschlug. »Wer ist es? Lord Ian?«
»Nein, das hätte ich dann schon gleich gesagt. Henri sagt, der Gentleman ist von der Polizei.«
Beth hob verwundert die Brauen. »Von der Polizei? Was sollte die Polizei von mir wollen?«
»Ich weiß es nicht, Madame. Es soll ein Inspektor aus England sein, jedenfalls kein Franzose. Ich schwöre Ihnen, ich habe nichts mehr gestohlen, seit sie mich damals mit fünfzehn erwischt haben. Kein Stück, ehrlich.«
»Sei doch nicht albern.« Mit zitternden Händen hob Beth den Löffel auf. »Ich glaube kaum, dass der Diebstahl von ein paar Orangen vor zehn Jahren einem Inspektor das Recht gibt, dich bis nach Paris zu verfolgen.«
»Hoffentlich haben Sie recht«, murmelte Katie finster.
Beth schloss ihr Tagebuch in ihr Schmuckkästchen ein und nahm den Schlüssel an sich, dann begab sie sich die Treppe hinab nach unten. Der französische Lakai verbeugte sich, bevor er ihr die Salontüren öffnete, höflich dankte sie ihm auf Französisch.
Als sie eintrat, drehte sich der Mann, der vor dem Kamin stand und einen ausgebleichten schwarzen Anzug trug, zu ihr um. »Mrs Ackerley?«
Er war groß, doch nicht so groß wie Ian. Das schwarze Haar war mit Pomade zurückgelegt, die Augen waren haselnussbraun. Er war Mitte dreißig, und man hätte ihn durchaus gut aussehend nennen können, wäre da nicht dieser bittere Zug um den Mund gewesen, den auch der dichte Schnurrbart nicht verbergen konnte.
Beth blieb auf der Schwelle stehen. »Sie wünschen? Meine Gesellschafterin meldet mir, Sie seien von der Polizei?«
»Mein Name ist Fellows. Ich hoffe, ich mache Ihnen keine Umstände, doch ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«
Er reichte ihr eine elfenbeinfarbene Visitenkarte, die schon bessere Tage gesehen hatte. Lloyd Fellows, Insp., Scotland Yard, London.
»Verstehe.« Beth gab ihm die Karte zurück, die sich unangenehm in ihrer Hand anfühlte.
»Wollen wir uns vielleicht setzen, Mrs Ackerley? Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung.«
Er deutete auf einen gepolsterten Lehnstuhl, und Beth ließ sich auf der Kante nieder. Inspektor Fellows drehte den Holzstuhl des Sekretärs um und nahm darauf Platz, er machte einen äußerst gelassenen Eindruck.
»Da ich ohnehin nicht lange bleiben werde, brauchen Sie mir höflichkeitshalber auch keinen Tee anzubieten.« Aufmerksam sah er sie an. »Wie lange kennen Sie Lord Ian MacKenzie schon?«
»Lord Ian?« Verwundert riss Beth die Augen auf.
»Der jüngste Bruder des Herzogs von Kilmorgan und der Schwager der Dame, in deren Haus Sie logieren.«
War sein Ton grausam und sarkastisch, so ließ sich der Blick in seinen Augen nur als … seltsam beschreiben. »Ich weiß sehr wohl, wer er ist.«
»Sie haben ihn in London kennengelernt, nehme ich an?«
»Was geht Sie das überhaupt an? Ich habe Lord Ian in London kennengelernt und seinen Bruder und seine Schwägerin hier in Paris. Soweit ich weiß, verstößt das gegen kein Gesetz.«
»Heute sind Sie mit Lord Ian hier in diesem Haus zusammengetroffen.«
Ihr Herz schlug immer schneller. »Lassen Sie mich etwa beobachten?« Mit Schrecken dachte sie an die offenen Vorhänge heute Morgen und dass sie auf Ians Schoß gesessen und ihn leidenschaftlich geküsst hatte.
Fellows lehnte sich mit undurchdringlichem Blick vor. »Ich bin nicht gekommen, um Ihnen Vorhaltungen zu
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