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Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Kein Lord wie jeder andere (German Edition)

Titel: Kein Lord wie jeder andere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Ashley
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seinem Zufluchtsort.
    Er hatte sie Mather ausgespannt, indem er dessen Geheimnis preisgegeben hatte. Insofern hatte Mather recht, wenn er behauptete, Ian habe sie ihm gestohlen. Doch nun kannte Beth auch Ians Geheimnisse, und sie hatte Angst.
    »Es sollte doch kein Problem sein, Ihre Unschuld zu beweisen«, sagte sie jetzt. »Bestimmt können Ihr Kutscher und Ihr Diener und das weitere Personal bezeugen, wo Sie zur Zeit der Morde gewesen sind.«
    Für sie stellte es sich so einfach dar.
    Ian trat auf sie zu und nahm ihr Gesicht in die Hände; ihre Haut war samtweich. »Ich möchte nicht, dass Sie sich damit beschäftigen. Es ist niedrig und schmutzig und würde Sie nur besudeln.«
    Genau wusste er natürlich nicht, was Fellows ihr erzählt hatte, doch er hatte eine ungefähre Ahnung. Dabei hatte Fellows nur an der Spitze des Eisbergs gekratzt, die Wahrheit führte viel tiefer und barg schreckliche Geheimnisse, die die gesamte Familie ruinieren könnten.
    Beth erwartete von ihm, dass er sie beruhigen und die Anschuldigungen mit ein oder zwei Sätzen aus der Welt schaffen würde. Aber das konnte Ian nicht, denn er kannte die volle Wahrheit. Sein verfluchtes Gedächtnis ließ ihn nie im Stich, ließ ihn nie vergessen, was er gesehen und getan hatte. Beide Frauen waren beteiligt, und beide waren jetzt tot.
    Würde Beth … ?
    »Nein«, sagte er scharf.
    »Ian.«
    Ihr Flüstern traf ihn mitten ins Herz. Ian gab sie frei, die Wut brach aus ihm hervor.
    »Sie sollten sich von den MacKenzies fernhalten«, sagte er schroff. »Wir bringen nur Unglück.«
    »Ian, ich glaube Ihnen.«
    Sie packte ihn fest am Ärmel. Könnte er ihr doch nur in die Augen sehen!
    Beth überschlug sich fast beim Sprechen. »Sie fürchten, dass Fellows mich gegen Sie aufgewiegelt hat. Das hat er nicht. Offenbar leidet er an einer fixen Idee. Der Inspektor hat zugegeben, dass er über keinerlei Beweise verfügt und es nie eine Ermittlung gegen Sie gegeben hat.«
    Leider war das nur die halbe Wahrheit, ansonsten wäre alles sehr einfach. »Lassen Sie das Thema«, sagte er scharf. »Vergessen Sie es.«
    Ian wünschte, er könnte es ebenfalls vergessen, doch er vergaß nie etwas. Die damaligen Ereignisse standen ihm so lebhaft vor Augen wie das Klavierspiel heute Morgen. So lebhaft wie die Experimente, die der Scharlatan mit ihm in der Nervenheilanstalt durchgeführt hatte.
    »Sie verstehen mich falsch.« Beth ließ seinen Ärmel los und ergriff seinen Arm. »Sie sind mein Freund, Ian. Und eine Freundschaft nehme ich nicht auf die leichte Schulter, denn ich habe bislang nicht viele Freunde in meinem Leben gehabt.«
    Freund. Ian konnte sich nicht entsinnen, dass ihn jemand je so genannt hatte. Außer seinen Brüdern hatte er niemanden. Die Kurtisanen mochten ihn, sehr sogar, doch vor allem mochten sie sein Geld, da machte er sich keine Illusionen.
    Beth sah ihn eindringlich an. »Was ich damit sagen möchte, ist, dass ich nicht einfach wutschnaubend davonstürzen werde, bloß weil Inspektor Fellows irgendwelche Anschuldigungen gegen Sie erhebt.«
    Nach wie vor erwartete sie eine Erklärung von ihm und wollte, dass er lauthals seine Unschuld verkündete. Ian konnte nicht lügen, er sah den Sinn darin nicht, zugleich wusste er, wie kompliziert die Wahrheit sein konnte.
    »Ich bin nicht dabei gewesen, als Sally Tate starb«, sagte er, den Blick starr auf den Türrahmen gerichtet. »Und ich habe auch keine Schere in Lilys Herz gestoßen.«
    »Woher wissen Sie, dass es eine Schere war?«
    Kurz ließ er den Blick über sie gleiten, ihre Augen fixierten ihn. »Ich habe sie in jener Nacht gesehen. Ich habe sie bei meinem Besuch tot aufgefunden.«
    »Und haben den Mord nicht der Polizei gemeldet?«
    »Nein. Ich bin gegangen und habe den Zug nach Dover genommen.«
    »Inspektor Fellows behauptet, ein Zeuge hätte gesehen, wie Sie ins Haus gegangen sind.«
    »Mir ist niemand aufgefallen, aber ich habe auch nicht darauf geachtet. Ich musste meinen Zug erreichen, und ich wollte nicht, dass irgendjemand eine Verbindung zwischen Lily, High Holborn und mir zieht.«
    »Der Inspektor hat es aber trotzdem getan.«
    Erneut geriet Ian in Harnisch. »Ich weiß. Ich habe versucht, sie zu beschützen, und habe sie doch im Stich gelassen.«
    »Genauso kann ein Straßenräuber oder Einbrecher sie niedergestochen haben. Da trifft Sie keine Schuld.«
    Lily hatte sich nicht gewehrt. Wer ihr auch die Schere ins Herz getrieben haben mochte, sie hatte den Täter gekannt und ihm getraut.

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