Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Fellows hielt mühelos mit. »Ich habe Sie aus einem anderen Grund aufgesucht.«
»Das interessiert mich nicht, Inspektor.«
»Das sollte es aber.«
Beth blieb so plötzlich stehen, dass ihre Röcke schwangen. Den Sonnenschirm fest in der Hand, funkelte sie den Inspektor böse an. »Na schön, was wollen Sie?«
Er musterte sie auf geradezu ungehörige Weise von oben bis unten, um seinen Schnurrbart zuckte es. »Mrs Ackerley, ich möchte, dass Sie meine Frau werden.«
9
Ungläubig starrte Beth den Inspektor an. Es dauerte eine Weile, bis ihr klar wurde, dass er nicht scherzte. »Wie bitte?«
»Werden Sie meine Frau, Mrs Ackerley«, wiederholte Fellows. »Ich bin unbescholten, habe eine feste Anstellung und ein gutes Auskommen, auch wenn Sie sich um Geld ja nicht mehr sorgen müssen. Sie haben sich in sehr tiefes Wasser vorgewagt, in tieferes, als für Sie gut ist.«
»Und Sie fürchten, ich könnte ertrinken?«
Fellows ergriff sie beim Ellbogen, er war so stark wie Ian. »Die MacKenzies werden Sie immer weiter in ihre Affären hineinziehen. Sehen Sie sich doch an, was aus Lady Isabella geworden ist. Damals war sie eine unschuldige Debütantin, und heute wird sie nicht einmal mehr von ihrer eigenen Familie empfangen. Und Ihre soziale Stellung, Mrs Ackerley, ist noch geringer als Isabellas. Wenn Ihr Ruf erst einmal ruiniert ist, werden Sie mit leeren Händen dastehen. Geld kann Ihnen dann auch nicht mehr helfen.«
Fellows schien es aufrichtig zu meinen. Aber hinter dieser Aufrichtigkeit schien eine gewisse Wachsamkeit zu lauern, die Beth nicht zu deuten vermochte.
»Ein besseres Angebot werden Sie nicht bekommen«, sagte er. »Ich habe die Gigolos gesehen, die Ihnen nachstellen und nach Ihrem Geld lechzen. So jemand würde Sie nur ruinieren. Mir hingegen bedeutet Ihr Geld nichts, ich bin gern bei der Polizei und werde meinen Weg bei Scotland Yard machen.«
Beth hielt den Griff ihres Sonnenschirms so fest umschlossen, dass ihr die Hand wehtat. »Sie erstaunen mich. Warum liegt Ihnen so viel an meinem Ruf?«
In seinen haselnussbraunen Augen flammte Zorn auf. »Die MacKenzies bringen nur Unglück. Jede Frau, die sich den Brüdern nähert, leidet am Ende großen Kummer. Ich möchte wenigstens eine retten.«
» Wenigstens eine?«, fragte sie scharf. »Hat es denn mehrere gegeben?«
»Aber ja. Haben Sie die Geschichten denn nie gehört?«
Fellows’ Augen funkelten. Er brannte darauf, Beth alles zu erzählen, und Beth brannte darauf, alles zu hören.
Sie betrachtete die traurigen Überreste des Palais des Tuileries, die nach und nach von den Bürgern der Stadt abgetragen wurden. Auch die Menschen hier wollten sich von den Gespenstern der Vergangenheit befreien.
»Nun erzählen Sie schon, Inspektor«, sagte Beth. »Das werden Sie ja ohnehin tun.«
»Ich meine die Ehefrauen von Hart und Cameron MacKenzie. Hart hat die Tochter einer Marquess geheiratet, ein schmächtiges junges Mädchen. Und zwar kurz nachdem ihn eine andere Frau verlassen hatte, die wahrscheinlich gerade noch rechtzeitig zur Besinnung gekommen ist. Doch dieses bedauernswerte Ding, das Seine Hoheit stattdessen zur Frau genommen hat, hat sich vor ihm gefürchtet. Er hat sie auf seinen Landsitz in Schottland verfrachtet, dort eingeschlossen und nie wieder herausgelassen. Bei der Geburt des Erben, den er unbedingt hatte haben wollen, ist sie dann gestorben. Es heißt, er habe sich fünf Minuten Zeit genommen, sie im Mausoleum der MacKenzies zu begraben, bevor er wieder zu seinem Harem schöner Frauen geeilt ist.«
»Wie können Sie sich da so sicher sein?«
»Ich habe meine Quellen. Der Herzog spricht nie von seiner Frau, und ihr Name darf niemals erwähnt werden.«
»Vielleicht trauert er noch um sie.«
Fellows schnaubte verächtlich. »Wohl kaum. Haben Sie damals Gott und der Welt verboten, den Namen Ihres Mannes in den Mund zu nehmen, Mrs Ackerley?«
»Nein.« Noch gut erinnerte sie sich an die Leere nach Thomas’ Tod. »Sie haben recht. Ich wollte nicht, dass man ihn vergisst. Sein Name sollte in aller Munde sein, denn er war ein guter Mensch.«
»Da haben Sie es! Die Frau von Lord Cameron kam ebenfalls auf tragische Weise um, nur hatte die mehr Mumm. Ein wilder Heißsporn, den die eigene Familie kaum zähmen konnte. Nach der Geburt des Sohnes ist sie durchgedreht. Sie hat versucht, das Baby und Lord Cameron mit einem Messer zu töten. Niemand weiß, was damals in dem Schlafzimmer geschah, doch als Lord Cameron herauskam, hatte er ein
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