Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Haus einer Herzogin stattfand. Beth tanzte mit Männern, die sie wie Raubtiere beäugten. Wäre sie ein eitles junges Ding gewesen, hätte sie vielleicht geglaubt, die Männer wären von ihr hingerissen gewesen, doch sie wusste es besser. Von Isabellas Künstlerfreunden lebten viele über ihre Verhältnisse, eine Witwe mit ordentlich Geld auf der Bank käme ihnen also wie gerufen. Französische Bauern, die vorgeben, etwas Besseres zu sein , hätte Mrs Barrington naserümpfend gesagt. Die alte Dame hatte eine Abneigung gegen alle Franzosen gehegt und ihre Einstellung nur deshalb leicht revidiert, weil Beth französischer Abstammung war.
Beth fächelte sich in einer Nische Luft zu, nachdem sie soeben mit einem von Isabellas französischen Künstlerfreunden einen Wiener Walzer getanzt hatte. Er klagte unentwegt darüber, wie viel es kostete, eine Kutsche und anständiges Personal zu unterhalten. Aber was bleibt einem anderes übrig, meine Liebe, sonst gilt man noch als unzivilisiert. Als sei das das Liebesgeflüster, das eine Dame hören wollte.
Ein Diener erlöste Beth von dieser Unterhaltung, als er ihr eine Nachricht brachte. Beth entschuldigte sich bei dem verschwenderischen Galan und faltete das Schreiben auseinander.
Muss dich dringend sehen. Oberster Stock, erste Tür. Ian.
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sie stopfte die Nachricht in ihre Tasche und eilte durch das Haus die Wendeltreppe hinauf. Oben stieß sie auf eine goldverzierte Schiebetür. Als Beth sie öffnete, gab sie den Blick in ein überladen eingerichtetes kleines Zimmer frei, in dessen Mitte Ian MacKenzie stand. Mit finsterem Blick starrte er auf die Taschenuhr in seiner Hand und sah nicht einmal auf, als Beth eintrat.
»Ian«, sagte sie atemlos. »Ist irgendetwas geschehen?«
Er klappte die Uhr zu und ließ sie in seiner Weste verschwinden. »Schließ die Tür. Uns bleibt nicht viel Zeit.«
8
Beth schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. »Zeit wofür? Geht es dir gut?«
»Komm her zu mir.«
Beth raffte den Rock ihres Ballkleids und ging auf Ian zu. Sehr bedächtig, da ihre Füße in den viel zu engen Schuhen bereits geschwollen waren und die vier Treppen noch zu dem Schmerz beigetragen hatten.
Ian nahm sie bei der Hand und zog sie die letzten Schritte. Widerstandslos ließ sie sich in seine starken Arme fallen. »Was … ?«
Er erstickte ihre Frage mit einem Kuss. Seine Zunge umspielte ihre Zunge und brachte die Glut wieder zum Lodern, die seit ihrer letzten Begegnung nie ganz erloschen war. Dieser Mann verstand es zu küssen.
Entgegen ihrem Willen löste sich Beth von ihm. »Wenn uns nicht viel Zeit bleibt, dann sag lieber schnell, was los ist.«
»Was meinst du?«
»Die Nachricht.« Sie zog sie hervor. »Hast du sie mir nicht geschickt?«
Ian sah kurz darauf, dann begegnete sein Blick einen Moment lang ihrem. »Doch, habe ich.«
»Aus welchem Grund?«
»Damit du zu mir kommst.«
»Willst du etwa sagen, dass du mich so eilig herbeordert hast, nur um mich zu küssen?«
»Ja. Um unsere Liaison fortzuführen.«
»Hier? Jetzt?«
»Warum nicht?«
Als er sich über sie beugte, um sie zu küssen, versuchte sie, ihm auszuweichen. Dabei blieb sie mit dem Absatz am Teppich hängen, aber Ian fing sie in seinen Armen auf.
Er lächelte. Sein Lächeln erinnerte Beth an ein Raubtier, das gerade seine Beute gestellt hatte. Ihr Herz schlug bis zum Hals, sie hatte nichts dagegen, seine Beute zu sein.
»Aber wir sind in einem fremden Haus«, wandte sie ein.
»Ja.« In seiner Stimme schwang ein na und? mit.
Beth hatte sich vorgestellt, ihre Treffen würden heimlich bei ihr im Zimmer stattfinden, wenn alle aus dem Haus waren. Leicht verrucht war es in ihrer Fantasie vonstatten gegangen, doch bislang wusste sie ja so gut wie nichts darüber, wie eine Affäre ablief.
»Es könnte jemand hereinkommen«, sagte sie. »Außerdem gibt es hier kein Bett.«
Ian lachte leise. Noch nie hatte sie ihn lachen gehört, und es gefiel ihr, sanft und dunkel.
Ian drehte den Schlüssel im Schloss und schlang die Arme von hinten um Beth. »Wir brauchen kein Bett.«
»Die Stühle sehen auch nicht gerade bequem aus.«
Er vergrub das Gesicht in ihrem Haar. »Du bist nicht daran gewöhnt.«
»Ich muss zugeben, dass dies meine erste Liaison ist.«
Zärtlich küsste er ihren Nacken, während er die Hände unter ihr enges Mieder bis zu ihren Brüsten schob. Beth schloss die Augen und lehnte sich in seine warmen Hände.
»Du hast recht«,
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