Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
angemietet hatte. Derzeit wurde es renoviert, gegen Mitte August hoffte sie einziehen zu können. Vorher musste sie jedoch noch Personal einstellen. Wenn nichts Gravierendes dazwischenkam, hätte sie genug Kapital, um die Agentur bis zum nächsten Frühjahr auf Vordermann zu bringen. Leider brauchten solche Unternehmungen wie ihres mindestens ein Jahr, um sich zu etablieren. Damit war das Startrisiko zwar ziemlich hoch, aber sie würde eben noch fleißiger und noch länger arbeiten, um sämtliche Eventualitäten weitgehend auszuschalten.
Sie hatte gehofft, Parker würde ihr noch ein paar Monate lang Gehalt zahlen, aber als er das mit ihrer Agentur spitzgekriegt hatte, hatte er sie gefeuert. Es war eine herbe Trennung gewesen. Nachdem die Gruppe Lynx auseinandergegangen war, wusste Parker nichts Besseres zu tun, als Fleur einen Großteil seiner Leitungsaufgaben aufs Auge zu drücken. Jetzt machte er sie dafür verantwortlich, dass seine Klientel unzufrieden mit der Agentur war.
Fleurs »Kaviar-Agentur« betreute nicht nur Klienten aus der Musikbranche oder Schauspieler, sondern auch vielversprechende Schriftsteller und Künstler. Sie hatte bereits Rough Harbor unter Vertrag, das war die Rockgruppe, die Simon Kale neu gegründet hatte. Zudem hatte sie Olivia Creighton von ihrem geldgierigen Manager Bud Shaw losgeeist. Hinzu kam Kissy. Alle drei boten zwar ein aussichtsreiches Verdienstpotenzial, aber drei Klienten waren zu wenig, um Geld in die Kassen zu spülen, wenn das Startkapital irgendwann aufgebraucht war.
Sie schob die Sonnenbrille auf den Scheitel und sinnierte über Kissy. Einmal abgesehen von der Rolle in einer Workshop-Produktion des Kirschgartens und dem Auftritt in einer CBS-Soap hatte sich nach der Katze auf dem heißen Blechdach nicht viel getan. Außerdem ging Kissy nicht mehr zu Vorsprechterminen. Dafür hatte sie wieder häufig wechselnde Schlafzimmerbekanntschaften, ein Typ muskelbepackter und dämlicher als der vorhergehende. Kissy brauchte eine gute Rolle, und Fleur hatte keine Ahnung, woher sie die nehmen sollte. Ein schlechtes Omen für jemanden, der nur bis zum Frühjahr Zeit hatte, um seine Agentur anzukurbeln.
Durch die verglasten Türen hindurch erspähte sie Charlie Kincannon, ihren Gastgeber. Fleur hatte ihn bei der Produktion des Kirschgartens kennen gelernt, die er finanziell unterstützt hatte. Es war offensichtlich, dass er ein Faible für Kissy hatte. Und sie ignorierte ihn sträflich, vermutlich weil er intelligent, sensibel und erfolgreich war. Ihre Freundin hatte es mehr mit testosterongesteuerten Steak-Junkies.
Die Patiotüren glitten hinter ihr auf, und Kissy trat zu ihr. Sie hatte sich für die Party aufgestylt, trug eine rosa und blau gestreifte Latzhose, große, herzförmige Silberohrringe und pinkfarbene, perlenbestickte Flipflops. Sie sah wie eine Siebenjährige mit Brüsten aus. »He, Fleurinda, gleich trudeln die Gäste von Mr. Sowieso ein. Willst du dich vorher nicht noch umziehen?« Sie spitzte ihren lipglossschimmernden Mund und saugte einen Schluck Pina Colada durch den Strohhalm.
»Aber logo.« Die weißen Shorts, die Fleur zu ihrem schwarzen Sonnentop trug, hatten einen Senfflecken abbekommen, und ihre Haare waren strohig vom Salzwasser. Nachdem Charlie Kincannon eine ganze Reihe von Off-Broadway-Stücken finanziert hatte, hoffte sie, auf der Party einige Kontakte knüpfen zu können. Als Erstes griff sie jedoch nach Kissys Glas und nahm einen Schluck. »Ich fände es besser, wenn du ihn nicht dauernd Mr. Sowieso nennen würdest. Charlie ist ein sehr netter Mann, und er hat Kohle wie Heu.«
Kissy rümpfte die Nase. »Dann fang du doch was mit ihm an.«
»Mach ich vielleicht auch. Ich mag ihn, Kissy. Ohne Scherz. Endlich mal ein Mann, der nicht auf King Kong, Tarzan oder Superman gepolt ist.«
»Das hast du süß gesagt. Ich überlass ihn dir mit Kusshand.« Kissy schnappte sich ihre Pina Colada. »Ich finde, er ist eine trübe Tasse.«
»Dann lass die Finger von Charlie Kincannon. Wenn du unbedingt die Sexgöttin spielen musst, dann tu es auf der Bühne. Damit für uns beide ein paar Piepen rausspringen.«
»Es spricht der knallharte Blutsauger. Du wirst noch mal eine berühmte Agentin. Ach, übrigens, hast du heute Nachmittag die beiden Typen am Strand bemerkt, die fast über ihre eigenen Füße gestolpert wären, als sie dir hinterherschauten?«
»Den mit der Babytasse oder den mit dem Star-Wars-Plastikschwert?« Wenn man Kissy so reden hörte, konnte
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