Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
streifte ihre Espadrilles ab und trat sie beiseite. Der Wind zerrte an Jakes Hippiefrisur. Schweigend liefen sie zum Strand. »Ich hab mich heute Morgen länger mit deinem Bruder unterhalten«, hob er an. »Michael ist ein netter Typ.«
Glaubte er wirklich, er könnte die Jahre einfach so vom Tisch wischen? »Soll heißen, ein netter Typ für einen Modeschöpfer, hmm?«
»Du kannst mich nicht provozieren, also versuch’s gar nicht erst.«
Oh doch, das würde er schon noch merken.
Er ließ sich in den Sand sinken. »Okay, Flower, spuck’s aus.«
Obwohl sie innerlich kochte, brachte sie keinen Ton über die Lippen. Sie beobachtete einen Vater mit seinem Sohn, die einen chinesischen Drachen mit einem blaugelben Schweif fliegen ließen, und war sich mit einem Mal bewusst, dass sie sich zu schade war, das Ganze noch einmal aufzukochen. Zumal sie sich ihren letzten Funken Selbstachtung bewahren wollte. »Ach was, so wichtig war das mit dir nun auch wieder nicht.« Sie glitt neben ihn in den Sand. »Immerhin musstest du mit den Konsequenzen leben.«
Er blinzelte in die Sonne. »Wenn es nicht so wichtig war, warum hast du dann eine lukrative Karriere sausen lassen? Und wieso kann ich seit Sunday Morning Eclipse nicht mehr schreiben?«
»Du schreibst nicht mehr?« Sie fiel aus allen Wolken.
»Hast du irgendwas Neues von mir gesehen? Ich habe eine verdammt hartnäckige Schreibblockade.«
»Jammerschade.«
Er warf eine Muschel ins Wasser. »Und das Verrückteste ist, bevor du und Mama auftauchten, hab ich ein Stück nach dem anderen publiziert.«
»Moment mal. Bin ich jetzt schuld?«
»Nein.« Er seufzte. »Das eben war idiotisch von mir.«
»Und im Übrigen eine deiner leichtesten Übungen«, versetzte sie spitz.
Er sah sie fest an. »Was an dem Wochenende zwischen uns gelaufen ist, hatte nichts mit den Dreharbeiten zu tun.«
»Wer’s glaubt, wird selig.« Gegen ihren Willen sprudelten die Worte aus ihr heraus. »Der Film bedeutete dir alles, und ich war auf dem besten Weg, dir deine große Chance zu ruinieren. Eine Neunzehnjährige mit einer absurden Teenieschwärmerei. Du warst ein erwachsener Mann und wusstest genau, dass du mich mit einem Fingerschnippen rumkriegen konntest.«
»Ich war neunundzwanzig. Und du sahst an dem Abend bestimmt nicht wie ein Kind aus.«
»Meine Mutter war deine Geliebte!«
»Wenn es dich tröstet, wir hatten keinen Sex miteinander.«
»Interessiert mich nicht die Bohne.«
»Ich kann zu meiner Verteidigung lediglich anbringen, dass ich ein schlechter Menschenkenner bin. Außerdem hatte ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung von deiner Teenieschwärmerei.«
Im Grunde genommen war Fleur klar, dass Belinda es ihm leicht gemacht hatte, aber das blendete sie rigoros aus. »Wenn du Mr. Unschuldig warst, wieso bist du dann nicht mehr in der Lage zu schreiben, häh? Auch wenn ich nicht in die dunklen Tiefen deiner Seele schauen kann, vermag ich mir durchaus vorzustellen, dass es da irgendeinen Zusammenhang zwischen deiner Schreibblockade und diesem naiven neunzehnjährigen Kind gibt.«
Er sprang auf, Sand wirbelte auf. »Seit wann bin ich ein Heiliger? Neunzehn und dazu dein Aussehen – du warst kein Kind mehr!« Er zog sich das T-Shirt über den Kopf und rannte zum Wasser, wo er sich in die Fluten stürzte und hinausschwamm. Der große Serienstar und Filmheld. Tsts, ein widerwärtiger Aufreißer. Sie wollte es ihm heimzahlen, und als er schließlich auftauchte, knöpfte sie ihr Hängerchen auf und streifte es ab. Darunter kam der neongelbe Minibikini zum Vorschein, den Kissy ihr geschenkt hatte. Mit laszivem Hüftschwung schlenderte sie in Richtung Wasser. Am Ufer hob sie die Arme, steckte eine gelöste Strähne in ihrer Frisur fest und reckte sich lasziv, so dass ihre Beine immens lang wirkten.
Aus dem Augenwinkel heraus gewahrte sie, dass er sie beobachtete. Ausgezeichnet. Sollten ihm die Augen doch aus dem Kopf fallen.
Sie glitt ins Wasser und schwamm eine Weile. Nachher lief sie zurück zu der Stelle, wo er saß. Er hielt ihr das Frotteehängerchen hin, und als sie danach greifen wollte, zog er es weg. »Waffenstillstand. Ich habe drei Monate lang mit Pferden gearbeitet und finde, das hier ist’ne nette Abwechslung.«
Sie straffte sich und stapfte davon. Jake Koranda war ihr so herzlich egal wie die Großmutter, die sie nie kennen gelernt hatte.
Jake sah Fleur nach, bis sie in dem Strandhaus verschwand. Die hübsche Neunzehnjährige, die sein Ego aufgepäppelt hatte,
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