Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
hochtrabende schriftstellerische Karriere.«
Er lief weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen.
23
Zu Fleurs Verblüffung war Jake am Samstagabend der erste Gast. Um punkt acht Uhr trudelte er bei ihr ein. Sie hatte zwar vorsichtshalber ein paar Flaschen mexikanisches Bier kalt gestellt, aber trotzdem nicht damit gerechnet, dass er kommen würde. Er trug eine dunkelgraue Bundfaltenhose und ein langärmliges hellgraues Oberhemd, das seine strahlend blauen Augen unterstrich. Er drückte ihr ein in Geschenkpapier eingewickeltes Paket in die Hand, während er ihre schlanke Silhouette in naturweißer Schurwollhose und messingseidener Bluse auf sich wirken ließ. »Schau mich nicht so an.«
Stirnrunzelnd betrachtete sie das Paket. »Was soll ich denn damit?«
»Quatsch nicht rum, mach’s auf.«
Sie öffnete die Verpackung und enthüllte den Kochbuchklassiker Freude am Kochen . »Jetzt weiß ich wieder, was ich nie haben wollte.«
»Ich wusste doch, dass es dir gefallen würde.«
Er folgte ihr in die Küche, wo sie das Kochbuch achtlos in ein Regal schob. Dafür, dass sie zwei linke Hände hatte, sah alles blitzeblank und richtig einladend aus, fand sie. Sie hatte den alten Esstisch mit Politur auf Hochglanz gebracht. Der angeschlagene irdene Einwecktopf, den sie im Secondhandladen aufgestöbert hatte, war mit Chrysanthemen gefüllt ein wahres Schmuckstück auf ihrer Tafel. In dem besagten Geschäft hatte sie auch hübsche Geschirrtücher mit verblasstem Olivenmuster entdeckt, die sie als Platzdeckchen benutzte. Jake trat hinter sie, er duftete nach Pfefferminzzahnpasta und Seife. Sie zuckte zusammen, als seine Hände in ihr Haar griffen und dabei ihren Blusenkragen streiften.
»Herrje, bist du schreckhaft.« Sie spürte einen kühlen, kleinen Gegenstand auf ihrem Brustansatz. Als sie in ihren Ausschnitt blinzelte, gewahrte sie eine blau-grün emaillierte, trompetenförmige Blume, die an einem feinen Goldkettchen hing. Winzige Diamanten glitzerten wie Tautropfen auf der Blüte. Als sie zu ihm aufblickte, lag in seinen Zügen ein Hauch von Wehmut. Die Gegenwart war jählings ausgeblendet, und einen Herzschlag lang wähnte sie sich in die Zeit zurückversetzt, als mit ihnen alles in schönster Ordnung gewesen war. »Es ist zauberhaft«, hauchte sie. »Aber du brauchtest mir doch nichts zu sch…«
»Es ist nichts Großartiges. Quasi als kleine Morgengabe. Morgens bist du nicht gut drauf, stimmt’s?« Er drehte sich um und schloss die Küchentür.
»Ich rieche noch nichts«, stellte er fest. »Ist das ein schlechtes Zeichen?«
»Der Koch ist noch nicht da«, erwiderte sie leichthin.
Wie auf Kommando läutete es, und sie lief zur Tür.
»Ich hab mir neue Kochmesser gekauft«, sagte Michel. Er trug Khakishorts und ein langärmliges blaues T-Shirt, auf das eine witzig gestreifte Krawatte aufgenäht war. Er strebte zur Küche. »Und diese köstlichen Trauben hier. In dem kleinen Geschäft an der Canal Street. Warst du auf dem Fischmarkt und hast Heilbutt gekauft?«
»Aye, aye, Sir.« Sie stellte die Lebensmittel auf die Arbeitsplatte. Michel sah müde und abgekämpft aus, fand sie. Aber beim Kochen würde er bestimmt entspannen. Er entdeckte Jake.
»Michel, ihr kennt euch bereits. Ich hab Jake an der Tür sämtlicher Waffen entledigt. Du kannst ihn also nach Herzenslust beschimpfen.«
Grinsend schüttelten sich die beiden Männer die Hände.
Fünf Minuten später traf Simon ein. Wie es der Zufall wollte, hatte er sämtliche Caliber-Filme gesehen und bombardierte Jake mit Fragen. Ihren Bruder ließ er völlig links liegen. Michel begann schließlich mit den Vorbereitungen, während er Fleur eine lange Liste möglicher Komplikationen aufsagte, die bei der Show passieren könnten. Er war überzeugt, dass seine Modekollektion mit Bausch und Bogen durchfallen würde. Das zum Thema »Wie verkupple ich mein Bruderherz?«, sinnierte sie sarkastisch. Der Abend sah nicht nach einem vielversprechenden Start aus.
Kissy kam und steuerte wie ein aufgescheuchtes Huhn in die Küche. »Tut mir leid, dass ich mich verspäte, aber ich wollte gerade los, da rief Charlie aus Chicago an.«
»Das ist doch mal was. Zumindest redet ihr noch miteinander«, stellte Fleur fest.
Auf Kissys Miene zeigte sich Skepsis. »Ich weiß nicht so richtig. Egal was ich mache, er …« Sie entdeckte Jake Koranda und stockte mitten im Satz. »Grundgütiger!«
Fleur hob einen Löffel auf, der Michel aus der Hand gefallen war. »Kissy, das ist
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