Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
meine vergangenen Sünden als Vorwand, um mich zu erpressen.« Sie blies einen Rauchring in die Luft. »Er hatte sich von meinem Aufenthalt in New York etwas anderes versprochen. Er ging davon aus, dass ich dir mehr zusetzen und dir gehörig auf die Nerven gehen würde. Dass ich dich in Ruhe gelassen habe, hat ihm schließlich nicht gepasst.«
»Du hattest eine Affäre mit Shawn Howell.«
Belinda streifte die Glut ihrer Zigarette in einem Porzellanaschenbecher ab. »Er hat mich für eine Ältere verlassen, wusstest du das? Grotesk, nicht? Alexi sperrte meine Konten, und die andere Frau war reich.«
»Shawn Howell ist ein Armleuchter.«
»Er ist ein Star, Baby. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihm ein Comeback gelingt.« Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Du bist dir doch bestimmt darüber im Klaren, dass du ihm den Weg hättest ebnen können. Als einflussreiche Agentin wäre es für dich ein Klacks gewesen, einem alten Freund ein bisschen unter die Arme zu greifen.«
Fleur nahm den leisen Vorwurf in ihrer Stimme wahr, aber anders als früher setzte sie sich locker darüber hinweg. »Wenn ich gewollt hätte, hätte ich ihm sicher helfen können. Aber erstens hat er kein Talent, und zweitens kann ich ihn nicht leiden.«
Belinda legte die Zigarette in den Aschenbecher und zog eine Schnute. »Ich verstehe dich nicht mehr.« Ihr Blick glitt über Fleurs Kleid. »Eine Kreation von Michel, nicht? Ich hätte mir nie träumen lassen, dass mein Sohn derart begabt ist. Ganz New York schwärmt von seinen Entwürfen.« Ihre Augen wurden schmal. Vermutlich sollte das die Retourkutsche sein, weil Fleur Shawn nicht unterstützt hatte. »Ich habe Michel besucht. So ein hübscher, junger Mann. Er ist mir wie aus dem Gesicht geschnitten, sagen alle.«
Glaubte Belinda im Ernst, damit könnte sie sie eifersüchtig machen? Michel konnte einem leid tun. Er hatte ihr den Besuch verschwiegen. Das hätte er bestimmt nicht getan, wenn er sich über ein Wiedersehen mit seiner Mutter gefreut hätte, überlegte Fleur.
»Wir haben uns prächtig verstanden«, sagte Belinda mit Nachdruck. »Denk mal, er wollte mich allen seinen berühmten Freunden vorstellen und meine Garderobe entwerfen.« Ihre Mutter klang wie ein aufsässiges Kind. Ätsch, und dich lassen wir nicht mitspielen.
»Wie schön für dich. Im Übrigen hänge ich sehr an Michel.«
Damit nahm sie Belinda sämtlichen Wind aus den Segeln. Zerknirscht beugte die sich in ihrem Sessel vor und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Er hat mich genauso angesehen wie Alexi. Als wäre ich ein lästiges Insekt. Du bist die Einzige, die mich je verstanden hat. Wieso machen es mir bloß alle so schwer?«
Fleur sparte sich den Kommentar, dass Belinda sich das Leben selbst schwer machte. »Besser, du lässt Michel künftig in Ruhe.«
»Er hasst mich noch mehr als mein Mann. Wieso will Alexi mich in einem Sanatorium wegschließen?«
Fleur drückte Belindas glimmende Zigarette aus. »Keine Ahnung, was er damit bezweckt. Nicht auszuschlie- ßen, dass er dich als Köder benutzt hat, damit ich herkomme. Er hat immerhin noch eine alte Rechnung mit mir offen.«
Belindas Kopf schoss hoch. »Aber natürlich! Das hatte ich völlig verdrängt.« Sie stand abrupt auf. »Du musst umgehend aus dem Haus verschwinden. Er ist gefährlich und unberechenbar. Dass ich daran nicht gedacht habe … Ich muss mir schleunigst was einfallen lassen, denn dieser Mann ist zu allem fähig.«
Belinda begann hektisch auf dem Teppich auf und ab zu gehen. Mit einer Hand schob sie sich die Haare aus der Stirn, mit der anderen griff sie nach ihren Zigaretten. Offenbar sann sie krampfhaft auf eine Lösung für ihr Kind. Fleur schwankte zwischen Verärgerung und Rührung. Schlagartig begriff sie, dass die Mutter-Tochter-Rolle mit zunehmender Lebensreife und -erfahrung verwischte.
Jetzt bin ich die Mama. Nein, du bist das Baby. Nein, ich will die Mama sein.
Mit einem Mal realisierte Fleur, dass sie die längste Zeit Belindas Baby gewesen war. Sonst traf sie ihre Entscheidungen doch auch unabhängig von ihrer Mutter, oder?
»Ich fahre ins Hotel zurück und schlafe ein paar Stunden«, sagte sie mit Bestimmtheit. »Morgen früh sehen wir weiter.« Am liebsten hätte sie Belinda an der Hand gefasst und hinter sich her geschleift, aber da hätte das Leichenbestatterkollegium ihr bestimmt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie würde das anders regeln müssen.
Belinda umarmte sie stürmisch. »Tu mir
Weitere Kostenlose Bücher