Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
Schreibtisch.
»WIR VERSCHWINDEN MORGEN KLAMMHEIMLICH STOPP RUFE NACH DEN FLITTERWOCHEN AN STOPP CHARLIE HAT MIR EBEN GEBEICHTET WIE REICH ER WIRKLICH IST STOPP IST LIEBE NICHT TOLL STOPP«
Fleur lachte und lehnte sich in ihrem Chefsessel zurück. Die Liebe war etwas Wunderbares. Da konnte sie Kissy nur zustimmen.
Jake kam mit dem Flieger aus L. A., und sie verbrachten ein langes Wochenende mit viel Sex, anregenden Gesprächen und Ausgelassenheit. Dann musste er leider wieder zurück ins Studio. Sie telefonierten mehrmals täglich miteinander. Er rief gleich morgens nach dem Aufstehen bei ihr an, und sie hauchte ihm abends vor dem Schlafengehen einen Gutenachtkuss durchs Telefon. »Ich finde, es läuft optimal«, meinte sie. »Wenn wir räumlich getrennt sind, lernen wir wenigstens, auf geistiger Ebene miteinander zu kommunizieren.«
Die Antwort war typisch Koranda. »Quatsch keinen Scheiß. Erzähl mir lieber, welch geilen Fummel du gerade anhast.«
An einem Freitagabend, es war gegen Ende Februar, war sie auf die Housewarming-Party eingeladen, die Michel und Damon anlässlich ihres Einzugs in ihr neues Apartment veranstalteten. Spätabends, nach ihrer Rückkehr, läutete das Telefon. Lächelnd hob sie ab. »Ich hab doch versprochen, dass ich dich anrufen würde, Liebling.«
»Fleur? O Gott, Baby, du musst mir helfen! Bitte, Baby …«
Ihre Finger umkrampften den Hörer. »Belinda?«
»Du ahnst nicht, was er mit mir vorhat! Ich weiß, dass du mich hasst, aber bitte, bitte, tu mir den Gefallen, und rede mit ihm.«
»Wo bist du?«
»In Paris. Ich … ich dachte, ich wäre ihn endlich los. Aber das war ein Irrtum …« Ihre Stimme kippte, und sie fing an zu weinen.
Fleur presste die Lider zusammen. »Erzähl mir, was passiert ist.«
»Er hat mir in New York zwei seiner Schnüffler auf den Hals geschickt. Sie lauerten mir in meinem Apartment auf, als ich gestern heimkam, und nötigten mich mitzukommen. Sie wollen mich in die Schweiz abschieben. Er will mich wegschließen, Baby. Weil ich dich in New York in Ruhe gelassen habe. Das hatte er sich anders vorgestellt. Nachdem er mir seit Jahren mit diesem Sanatorium droht, macht er jetzt kurzen Pro…«
Plötzlich klickte es, die Leitung war tot.
Fleur sank auf die Bettkante, ihre Hand umklammerte weiterhin den Hörer. Sie schuldete ihrer Mutter nichts. Belinda hätte sich längst von Alexi scheiden lassen können. Die Annehmlichkeiten eines luxuriösen Daseins waren ihr jedoch wichtiger gewesen als ihre Freiheit. Das hatte sie jetzt davon.
Andererseits – Belinda war ihre Mutter.
Sie legte den Hörer auf die Gabel und grübelte. Die Erinnerungen aus ihrer gemeinsamen Zeit zogen an ihr vorüber, und sie sah Belinda unvermittelt mit anderen Augen. Ihre Mutter war eine labile, oberflächliche Frau, die das süße Leben, Glanz und Glamour liebte und das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinauswarf. Dummerweise hatte sie weder den Ehrgeiz noch den Elan, erfolgreich Karriere zu machen und damit von Männern unabhängig zu werden. Ihre Liebe war egoistisch gewesen, eigennützig und manipulativ, an Bedingungen geknüpft. Trotz alledem hatte sie ihre Tochter geliebt und es nie verstanden, wieso Fleur daran zweifeln konnte.
Am nächsten Morgen nahm sie den ersten Flug nach Paris. Wegen der Zeitverschiebung war es noch zu früh, um Jake anzurufen. Sie legte Riata eine Notiz auf den Schreibtisch. Ihre Sekretärin sollte Jake informieren, dass sie in dringender Mission unterwegs sei und vermutlich ein paar Tage nicht anrufen könnte. Er solle sich bloß keine Sorgen machen. Sie mochte weder Jake noch Michel auf die Nase binden, wo sie war. Jake à la Bird Dog Caliber mit einem geladenen Colt in Paris hätte ihr gerade noch gefehlt. Und Michel hatte schon genug unter Belindas Ablehnung gelitten.
Als sie das Haus verließ, lief in ihrem Unterbewusstsein ein hässliches Szenario ab. Auch wenn Belinda annahm, dass es ausschließlich um sie ginge, ließ ihre Tochter sich nicht für dumm verkaufen. Alexi benutzte seine Frau als Lockvogel, damit Fleur zu ihm zurückkehrte.
Das Haus an der Rue de la Bienfaisance erhob sich grau und schweigend im winterlichen Dämmerlicht der Pariser Villengegend. Es wirkte genauso abweisend wie früher, dachte Fleur, als sie aus dem Fenster der Limousine blickte, mit der sie vom Hotel abgeholt worden war. Das war ihr erster spontaner Eindruck gewesen, bevor sie Alexi kennen lernte. Damals hatte sie ein Wechselbad der Gefühle
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