Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
vielleicht auch in russischer Sprache, Worte, die sie nicht verstand.
Er redete begütigend auf sie ein. »Es tut mir leid, mein Kleines. Verzeih mir, dass ich dich erschreckt habe.« Er löschte das Licht, hob sie auf seinen Schoß und kuschelte sie an sich. »Ich habe mich fürchterlich benommen«, flüsterte er, »aber du musst mir vergeben – auch in deinem eigenen Interesse.« Seine Lippen streiften ihr Haar. »Ich bin deine einzige Hoffnung, chérie . Ohne mich werden sich deine Träume nie erfüllen. Ohne mich wirst du ständig an Männer geraten, die deiner nicht würdig sind.«
Er streichelte über ihr Haar, bis ihr Körper sich entspannte.
Während Belinda in seinen Armen schlummerte, starrte Alexi dumpf in die bleierne Dunkelheit. Wie hatte er so unvernünftig sein können, sich in diese Frau zu verlieben? Diese Frau, deren hyazinthblaue Augen Männer hingebungsvoll anbeteten, weckten nie gekannte Empfindungen in ihm. Er, der sein Leben für gewöhnlich fest im Griff hatte, war sich mit einem Mal unschlüssig, was er tun sollte. Zweifellos würde er ihre Liebe gewinnen können – das war eine seiner leichtesten Übungen. Zudem mochte sie ihn mehr, als sie zugab. Nein, das war nicht das Problem. Was ihn so empfindlich störte, war, dass sie ihn um den Finger wickeln konnte.
Er war schon in jungen Jahren zu Selbstdisziplin erzogen worden. Als kleiner Junge hatte er einmal mit hohem Fieber im Bett gelegen. Irgendwann war seine Mutter in sein Kinderzimmer gekommen, ein Notenheft in den beringten Fingern, ihr Blick hart und strafend. Traf es zu, dass er seine Lateinübersetzung noch nicht angefertigt hatte? Er erklärte ihr, er fühle sich zu krank und zu schwach, um Hausaufgaben zu machen.
»Nur Kretins finden Ausflüchte, um sich aus der Verantwortung zu stehlen.« Seine Mutter hatte ihn aus dem Bett gezerrt und auf den Schreibtischstuhl gedrückt. Die Augen fiebrig glänzend, hatte er mit zitternden Fingern den Füllfederhalter über das Papier geführt, bis die Übersetzung fertig war. Währenddessen hatte sie kettenrauchend am Fenster gestanden und an ihren glitzernden Rubinarmbändern herumgespielt.
Streng geführte Internate drillten die Erben der vermögenden französischen Elite zu Männern, die ihren glanzvollen Familiennamen verdienten. Dort hatte man ihm die letzten kindlichen Flausen ausgetrieben. Mit achtzehn übernahm er die Kontrolle über das Savagar-Vermögen – indem er zunächst die betagten Gesellschafter entmachtete, die mit seinem Geld fett und träge geworden waren, und dann seine Mutter. Mittlerweile gehörte er zu den ganz Mächtigen in Frankreich, mit Wohnsitzen auf zwei Kontinenten, einer unschätzbaren Kollektion europäischer Meisterwerke und einem Schwarm blutjunger Gespielinnen, die nach seiner Pfeife tanzten. Vor Belinda Britton mit ihrem unbekümmerten Optimismus und ihrer naiven Weltanschauung hatte er gar nicht gewusst, dass seinem Leben etwas fehlte.
Als Belinda am nächsten Morgen erwachte, trug sie noch ihre Abendgarderobe. Sie zog die dünne Chenilledecke fester um ihren Körper. Dabei fiel ihr Blick auf einen Bogen Hotelbriefpapier, der unter dem Kopfkissen steckte. Hastig las sie die wenigen handschriftlichen Zeilen:
Ma chère, ich fliege heute nach New York. Habe meine Geschäfte lange genug sträflich vernachlässigt. Vielleicht komme ich zurück, vielleicht auch nicht.
Alexi
Sie zerknüllte die Notiz und warf sie auf den Boden. Zum Teufel mit ihm! Nach dem, was er letzte Nacht mit ihr angestellt hatte, war sie froh, dass er weg war. Dieser Mann war ein widerwärtiges Monster. Sie schwang die Beine über den Bettrand und spürte unvermittelt eine leichte Übelkeit. Als sie in die Kissen zurücksank, schloss sie frustriert die Augen. Oje, sie hatte Angst. Alexi hatte sich um alles gekümmert; ohne ihn wusste sie nicht, was sie tun sollte.
Sie legte einen Arm über die Augen, versuchte die Ängste zu verscheuchen, indem sie sich das Gesicht von James Dean vorstellte: die ungebändigten Haare, die schwermütigen Augen, den rebellischen Mund. Allmählich beruhigte sie sich. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Bei Flynn hatte sie ihre Ambitionen aus den Augen verloren. Höchste Zeit, dass sie ihr Leben wieder selbst in die Hand nahm.
Die letzten Januartage verbrachte sie damit, Kontakte zu pflegen und neu zu beleben. Sie telefonierte herum, schrieb an die Studiobosse, die sie durch Flynn kennen gelernt hatte, und mischte sich im Garden unter die
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