Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
Gesicht, und sie mochte ihn weit mehr als viele der männlichen Models, mit denen sie zusammenarbeitete. Er besuchte die New Yorker Filmhochschule und hatte bei den letzten Aufnahmen mit ihr über russische Filme geplaudert. Sie würde verdammt gern mal mit ihm ausgehen, überlegte Fleur. Leider hatten die Typen, die sie mochte, nicht den Nerv, sich mit ihr zu verabreden. Wenn sie ein Date hatte, dann mit irgendwelchen älteren, angesagten Promis, die Belinda und Gretchen für sie aussuchten, damit sie bei diesem oder jenem wichtigen Anlass mit ihnen gesehen wurde. Sie war achtzehn Jahre alt und hatte noch nie ein richtiges Date gehabt.
Nancy, die Stylistin, steckte mit Sicherheitsnadeln die Rückenpartie von Fleurs Bluse fester zusammen, um ihre kleinen Brüste besser zu betonen. Dann kontrollierte sie das Stückchen Klebeband, mit dem sie das Smaragdcollier an Fleurs Nacken befestigt hatte, damit es etwas höher saß. Die Achtzehnjährige hatte längst begriffen, dass die bestechenden Abbildungen in den Modemagazinen nur schöner Schein waren.
»Ich hab drei Filme mit den Smaragden voll«, erklärte der Fotograf kurz darauf. »Lass uns mal’ne Pause einlegen.«
Fleur umrundete das Bügelbrett, an dem Nancy stand, und schlüpfte in ihr eigenes Baumwollshirt. Chris rumorte im Hintergrund. Sie goss sich eine Tasse Kaffee ein und schlenderte zu Belinda, die in einer Modezeitschrift blätterte.
Ihre Mutter hatte sich in den eineinhalb Jahren New York sehr verändert. Die frühere Nervosität war verschwunden, sie wirkte selbstbewusster. Und attraktiver – leicht gebräunt und ausgeruht von den Wochenenden in Long Island, wo sie ein Strandhaus gemietet hatten. Heute trug sie ein Tanktop in gebrochenem Weiß mit passendem Rock und maulbeerfarbene Wildledersandaletten, an einem Knöchel schimmerte ein schmales Goldkettchen.
»Sieh dir diese Haut an.« Belinda tippte mit ihrem Fingernagel auf eine Seite. »Glatt wie ein Babypo. Bei solchen Fotos bekomme ich einen Horror. Immerhin sitzt mir die Vierzig im Nacken.«
Fleur betrachtete das Model, das für eine teure Kosmetikserie Werbung machte. »Das ist Annie Holman. Bill Blass hat Annie und mich vor ein paar Monaten zusammen fotografiert. Du erinnerst dich doch sicher noch daran?«
Belinda schüttelte den Kopf. Warum sollte sie sich Namen merken, die noch nicht berühmt waren?
»Mutter, Annie Holman ist dreizehn Jahre alt!«
Belinda lachte freudlos. »Da ist es kein Wunder, wenn in Amerika jede Frau über dreißig Depressionen hat. Wir konkurrieren mit Kindern.«
Hoffentlich erweckte sie mit ihren Fotos nicht auch diesen Eindruck, seufzte Fleur insgeheim. Sie verabscheute die Vorstellung, dass sie achthundert Dollar pro Stunde verdiente, indem sie bei Leuten ein schlechtes Gefühl hervorrief.
Belinda verschwand in der Toilette. Fleur fasste sich ein Herz und schlenderte zu Chris, der eben einen neuen Hintergrund arrangierte. »Na … was macht die Uni?« Lächle, du dumme Nuss. Und tu nicht so herablassend.
»Och, wie immer.«
Er gab sich betont lässig, als wäre sie eine Studentin und nicht das Glitter Baby. Das gefiel ihr.
»Übrigens arbeite ich an einem neuen Film«, setzte er hinzu.
»Echt? Los, erzähl mal.« Sie sank in einen Klappstuhl, der leise ächzte.
Chris legte los und war schließlich so in seinem Element, dass er seine Hemmungen ihr gegenüber verlor.
»Das ist ja wahnsinnig interessant«, sagte sie.
Er steckte die Daumen in die Taschen seiner Jeans und zog sie wieder heraus. Sein Adamsapfel hüpfte nervös in seiner Kehle. »Möchtest du mal … ich meine, du hast sicher’ne Menge anderes zu tun. Bestimmt wollen sich viele Typen mit dir verabreden, und …«
»Nein.« Sie sprang auf. »Vermutlich denken das alle … dass ich ständig irgendwelche Dates habe und so. Aber das stimmt nicht.«
Er hob ein Kabel auf und spielte nervös damit herum. »Ich sehe die Fotos von dir in den Zeitungen mit Filmstars und den Kennedys und jeder Menge anderer Promis.«
»Das sind keine richtigen Dates. Das ist … eine Art Werbung. Publicity, weißt du?«
»Hättest du dann vielleicht Lust, mit mir auszugehen? Was hältst du von Samstagabend? Wir könnten ins Village gehen.«
Fleur grinste. »Von mir aus gern.«
Er strahlte sie an.
»Na, was würdest du gern machen?« Belinda tauchte hinter ihr auf.
»Ich hab Fleur gefragt, ob sie am Samstagabend mit mir ins Village kommt, Mrs. Savagar«, erklärte Chris verlegen. »Dort gibt es ein Restaurant
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