Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
sie wusste von ihrer Agentin, dass er sich vehement gegen ihre Besetzung gesträubt hatte. Was sie ihm nicht wirklich krummnahm. Mochte Belinda auch von ihren darstellerischen Qualitäten überzeugt sein, als Schauspielerin war das Glitter Baby bestimmt eine glatte Null.
»Lass es auf dich zukommen«, meinte Belinda jedes Mal, wenn ihre Tochter sie darauf ansprach. »Sobald er dich sieht, verliebt er sich in dich.«
Fleur war da anderer Ansicht.
Die weiße Stretch-Limousine, die das Filmstudio zum Flughafen von Los Angeles geschickt hatte, setzte Fleur vor einem zweistöckigen Haus im spanischen Stil ab, das Belinda in Beverly Hills für sie gemietet hatte. Es war Anfang Mai und bei ihrem Abflug in New York unverhältnismäßig kalt gewesen, in Südkalifornien dagegen war es warm und sonnig. Vor zweieinhalb Jahren, als sie aus Frankreich gekommen war, hätte Fleur niemals gedacht, dass sie jemals Karriere machen würde. Sie versuchte, die Entwicklungen positiv zu sehen, was ihr jedoch zunehmend schwerfiel.
Eine Haushälterin, die mindestens hundert Jahre alt schien, führte sie in eine terrakottageflieste Halle mit weiß getünchten Wänden und einer dunklen Holzdecke, an der ein schmiedeeiserner Leuchter hing. Fleur nahm ihr die Koffer ab und brachte sie eigenhändig nach oben. Sie entschied sich für einen der hinteren Schlafräume mit Blick über den Pool und überließ ihrer Mutter das größte Zimmer. Auf den Fotos hatte das Haus kleiner gewirkt. Mit sechs Schlafzimmern, vier Bädern und mehreren Whirlpools war es für zwei Leute eigentlich viel zu groß. Dummerweise machte sie den Fehler, dies zu erwähnen, als sie später mit Alexi telefonierte.
»In Südkalifornien muss man angeben, sonst gehört man nicht zur angesagten Elite«, meinte er. »Vertrau deiner Mutter, dann kann nichts schiefgehen.«
Sie ignorierte den Seitenhieb. Sie vermochte die Probleme zwischen Alexi und Belinda nicht zu lösen, zumal sie ohnehin nicht begriff, wieso zwei Menschen, die wie Hund und Katze miteinander waren, zusammenblieben. Sie streifte ihre Schuhe ab und ließ ihren Blick über die behaglichen Holzmöbel und die in sanften Erdtönen gehaltenen Accessoires schweifen. Dabei bemerkte sie etliche mexikanische Kruzifixe an einer der Wände und bekam augenblicklich Heimweh nach den Nonnen. Dass sie ohne Belinda hatte fliegen müssen, machte es ihr umso schwerer.
Sie setzte sich auf die Bettkante und rief in New York an. »Geht es dir schon besser?«, fragte sie, als ihre Mutter sich meldete.
»Ich fühle mich mies. Ist doch verrückt, dass eine Frau in meinem Alter noch Windpocken bekommt, oder?« Belinda putzte sich die Nase. »Mein Baby wird ein gefeierter Star, und ich liege mit einer albernen Kinderkrankheit im Bett. Wenn ich Narben zurückbehalte …«
»In einer Woche bist du bestimmt wieder fit.«
»Ich komme erst nach, wenn ich wieder blendend aussehe. Damit die Studiobosse merken, was ihnen damals entgangen ist.« Wieder schnäuzte sie sich. »Ruf mich sofort an, wenn du ihn kennen lernst. Auf den Zeitunterschied brauchst du keine Rücksicht zu nehmen.«
Fleur musste nicht nachhaken, wen ihre Mutter meinte. Sie wappnete sich innerlich dagegen – und dann kam’s …
»Mein Baby wird Liebesszenen mit Jake Koranda filmen.«
»Wenn du das noch einmal sagst, lege ich auf.«
Belinda lachte leise. »Glückliches, glückliches Baby.«
»Ich lege jetzt auf.«
Warum musste Belinda auch ständig in der Wunde herumbohren?
Fleur trat zum Fenster und betrachtete den Pool. Allmählich ging ihr das Modeln auf den Geist – was Belinda nie kapieren würde. Und sie mochte definitiv nicht Schauspielerin werden. Da sie jedoch keinen Schimmer hatte, was sie stattdessen gern getan hätte, durfte sie sich wohl kaum beklagen. Sie schwamm in Geld, hatte eine traumhafte Karriere vor sich und eine große Rolle in einem vielversprechenden Film. Sie war das glücklichste Mädchen auf der Welt und zickte andauernd herum. Aber was, wenn sie sich vor der Kamera blöd anstellte? Ach, Unsinn, dafür arbeitete sie inzwischen viel zu professionell. Bei ihren Fotoshootings ging auch immer alles glatt. Wird schon schiefgehen, beschwichtigte sie sich.
Sie zog Shorts an, band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz und klemmte sich das Skript von Sunday Morning Eclipse unter den Arm. Im Patio sank sie auf eine der Polsterliegen, neben sich ein Glas frisch gepressten Orangensaft, und überflog das Skript.
Jake Koranda spielte Matt, die Hauptfigur,
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