Kein Mann für jeden Tag: Roman (German Edition)
alt oder hässlich. Damit könnte man dort einfach nicht punkten«, erklärt Nancy im Taxi zur Bond Street. Sie schaut aus dem Fenster. »Guck dir zum Beispiel diesen jungen Mann da drüben an: Wieso glaubt er, dass Jeans, die uns seinen halben Hintern präsentieren, gut aussehen? Die Welt soll uns anschauen, natürlich, aber dafür schulden wir ihr, dass sich der Blick auch lohnt.«
Nancy fühlt sich in Los Angeles heimischer als in London. Sie und Nick haben dort kurz nach ihrer Hochzeit für zwei Jahre gelebt, weil mein Bruder einen sehr guten Job in der Filmindustrie bekommen hatte. Nancy wollte nicht mehr nach England zurückkehren, denn im Vergleich zu L.A. erschien ihr Richmond langweilig und provinziell.
Während mich Nancy über den Tagesplan aufklärt, schalte ich ab und erinnere mich an die Zeit, als ich meine Schwägerin kennenlernte.
Ich weiß noch genau, wie sie zu Dad und mir sagte, im Grunde ihres Herzens sei sie nur ein einfaches Mädchen, das sich nicht von Konsum und modischem Firlefanz blenden ließe.
Die Wochen vor der Hochzeit belehrten uns dann eines Besseren. Nancy, die sich nicht besonders gut mit ihrer Mutter verstand, wollte nicht zu Hause heiraten, sondern in Griechenland. Mein Vater bot ihr an, die Hochzeit zu finanzieren, weil er die beiden – vor allem natürlich Nicholas – unterstützen wollte, machte sich aber zunehmend Sorgen, weil die Kosten nach und nach ins schier Unendliche stiegen.
Nancy hatte mehrere Partys geplant, unter anderem auch eine Hochzeitsprobe mit besten Weinen und einem Fünf-Gänge-Menü.
Bei der eigentlichen Hochzeit wurden die Brautleute mit einem Oldtimer abgeholt und zur Kirche gebracht, der Aufbruch in die Flitterwochen erfolgte mit einem Rennboot, in dem das frischgebackene Ehepaar über das Meer entführt wurde.
Als ich Nick gegenüber andeutete, dass so viel Protzerei vielleicht ein bisschen unangemessen sei, wollte er nicht auf mich hören. Er war eben verliebt.
Nach der Hochzeit veränderte Nancy auch an ihm, was nur machbar war. Beispielsweise hatte Nick eine kleine Lücke zwischen den Vorderzähnen, die ihm eine gewisse Charakteristik verlieh, doch Nancy schleppte ihn zu einem angesagten Zahnarzt, der seine Zähne richtete. Auch der kleine Leberfleck auf seiner linken Wange, der ihn unverwechselbar gemacht hatte, war unter Nancys Schirmherrschaft verschwunden. Er wurde von einem Star-Dermatologen mit dem passenden Namen Dr. Cream – Nancy konnte über den Wortwitz nicht einmal grinsen – entfernt.
Und dann war da noch dieser Moment gewesen, in dem ich mir ernsthafte Sorgen um meinen Zwillingsbruder gemacht hatte. Am Morgen ihrer Hochzeit hatte Nancy am Strand ihren Verlobungsring verloren. Man hätte tatsächlich meinen können, ein Kind sei gestorben. Suchtrupps wurden ausgeschickt und Metalldetektoren gemietet.
Nancy war überzeugt, der Verlust sei ein schlechtes Omen für ihre Ehe, und dementsprechend in Tränen aufgelöst.
Angesichts ihrer Verzweiflung sagte ich tröstend: »Keine Sorge, Nancy. Es ist nur ein Ring. Das Wichtigste ist doch, dass du Nicholas nicht verloren hast.«
Wenn Blicke töten könnten, wäre ich auf der Stelle leblos umgefallen. In diesem Augenblick befürchtete ich zum ersten Mal, dass sich die Ehe nicht so märchenhaft entwickeln würde, wie ich gehofft hatte.
Inzwischen sind acht Jahre vergangen, und Nicholas und Nancy sind immer noch zusammen. Allerdings glaube ich, dass hinter verschlossenen Türen nicht mehr viel Zuneigung übrig ist. Ich werfe Nancy einen Blick zu und versuche, mich zu erinnern, wann ich sie und Nicholas das letzte Mal Händchen haltend oder gemeinsam lachend erlebt habe.
*
Bei Fenwicks habe ich den Eindruck, hinter einem Oberfeldwebel herzumarschieren.
»Mir nach, Gilly!«, ruft Nancy mir über die Schulter zu.
» Aye, aye, Sir«, sage ich und versuche, mit ihr Schritt zu halten.
Nancy läuft zwischen den Regalen hin und her und scheint genau zu wissen, was sie will. Nach dem Preis schaut sie dabei nicht. Man könnte denken, dass sie nicht nur ein Kleid für mein Date aussuchen soll, sondern gerade dabei ist, meine komplette Garderobe umzustrukturieren.
»Vergiss es«, sagt sie, als ich mich für ein Paar flache Schuhe interessiere. »Männer lieben High Heels. Am besten so hoch wie das Empire State Building.«
»Warum trägst du eigentlich ständig Hosen?«, meckert sie, als ich in der Umkleidekabine eine eng geschnittene Jeans vor ihr verbergen will.
Auch Matilda hat mir
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