Kein Öl, Moses
versichert.«
Wie ich weiter von ihm erfuhr, hatten erst in der Vorwoche zwei kleine Mädchen die Bankfiliale in Jaffa ausgeraubt, und der dortige Filialleiter hatte ihn, Singer, wissen lassen, daß die Abu-Kabir-Filiale als nächste drankäme. Seither hielt Singer in Erwartung dieses Ereignisses immer eine größere Menge Bargeld bereit. »Das gehört zum Kundendienst der israelischen Banken«, sagte er nicht ohne Stolz. »Wir haben inzwischen gewisse Verhaltensmaßregeln ausgearbeitet, nach denen sich auch unsere Kunden richten. Es läuft wie am Schnürchen.«
Tatsächlich: Die Besucher, die sich zur Zeit meines bewaffneten Überfalls in der Bank aufhielten, waren mittlerweile in Deckung gegangen, lagen flach auf dem Boden und wurden dort von den Beamten bedient. Nachher krochen sie auf allen vieren zum Ausgang. Andere kamen auf allen vieren herein.
»Früher einmal«, fuhr Herr Singer in seinen Erklärungen fort, »wurden Banküberfälle noch nach dem klassischen Zeremoniell ausgeführt. Die Eindringlinge waren maskiert, gaben Schreckschüsse ab, brüllten und drohten. Heute geht das alles viel nüchterner vor sich, und die israelischen Banken lassen diesem vereinfachten Verfahren jede nur mögliche Förderung angedeihen. Erst vor wenigen Tagen wurde die Barkley-Bank in Ramatajim von zwei Männern, die nur mit einem Schraubenzieher bewaffnet waren, um 200000 Shekel erleichtert, und bei der Leumi-Bank in Petach Tikvah wurde dem Schalterbeamten nur noch ein Eislutscher vorgehalten. Hat funktioniert. Gestern erschien ein Zeitungsinserat der Diskontbank in Haifa, das die Bankräuber aufforderte, während der Sommermonate ihre Überfälle immer nur Montag, Mittwoch und Donnerstag durchzuführen.«
»Nieder mit der Bürokratie«, warf ich ein.
»Sie sehen das falsch«, entgegnete Singer. »Es ist eine ideale Situation, von der Herzl nicht zu träumen gewagt hätte. Jetzt haben auch wir unsere Kriminellen. Jetzt sind wir endlich ein normales Volk. Batja«, wandte er sich an seine Sekretärin, »haben Sie die Polizei angerufen?«
»Ja«, antwortete Batja und kaute weiter an ihrem Kaugummi. »Aber die Nummer ist besetzt.«
»Dann lassen Sie's«, sagte Singer.
Während ich das vor mir aufgeschichtete Geld zu zählen begann, erkundigte ich mich bei Singer, wieso es hier keine Alarmanlage gäbe. Wegen des Lärms, erklärte mir Singer. In der Hapoalim-Bank hatte neulich während des Raubüberfalls die Alarmglocke eine volle Stunde geläutet, und der Lärm hatte zu schweren Nervenschocks unter den Angestellten geführt.
»Und wo sind Ihre bewaffneten Wächter?« fragte ich weiter.
»Irgendwo draußen. Um diese Zeit führt unser Generaldirektor seine Hunde spazieren. Dabei muß er natürlich bewacht werden.«
Inzwischen hatte der Kassier die Notenbündel in zwei kleine, von der Bank zur Verfügung gestellte Köfferchen verpackt und fragte mich, wo ich mein gestohlenes Fluchtauto geparkt hätte.
Als wir auf die Straße traten, umringten mich viele wartende Passanten, die unbedingt Schnappschüsse von mir machen wollten. Sie baten mich, mein Gesicht doch wenigstens mit einem Taschentuch zu maskieren und nicht so dumm zu grinsen.
Am Ende der Straße waren Polizisten damit beschäftigt, eine Barrikade aufzubauen.
Ich verteilte noch rasch ein paar Autogramme und unternahm einen letzten Versuch, der Bank die beiden Koffer mit dem Geld aufzudrängen. Singer wies mich energisch zurück:
»Nicht nötig, nicht nötig. Wir haben bereits unsere Zentrale benachrichtigt, und die Versicherungsgesellschaft ist soeben dabei, unseren Kontoauszug auf den neuesten Stand zu bringen. Nur keine Komplikationen. Bleiben Sie lieber noch eine Weile hier, bis die Leute vom Fernsehen kommen.«
Dazu hatte ich leider keine Zeit, verabschiedete mich von Singer mit einem herzlichen Händedruck und fuhr zur nächsten Tankstelle.
»Wieviel?« fragte der Tankwart.
»Auffüllen!« sagte ich.
Der Tankwart öffnete meinen Kofferraum und warf alles Geld hinein, das er zur Hand hatte.
»Brauchen Sie eine Empfangsbestätigung?« fragte ich.
»Danke, nein. Ich bin versichert.«
Wie schade, dachte ich auf der Heimfahrt, wie schade, daß wir gerade jetzt eine Inflation im Land haben. Wo wir doch endlich ein normales Volk geworden sind.
Amtshandlung mit menschlichen Zügen
Was der Hund für die Katze und der Kritiker für den Autor, ist der Verkehrspolizist für den kleinen Mann hinterm Steuer. Zwischen diesen beiden gibt es keine Kompromisse, keine
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