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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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einem hemmungslosen Wutausbruch abgelöst. Der leicht erregbare Knabe packte das Tischfußballspiel, schleuderte es zu Boden, mitsamt allen Querstangen, Spielern und dem Holzball.
    »Du willst mich nicht gewinnen lassen!« brüllte er. »Das machst du mit Absicht!«
    Ich hob das verwüstete Spielfeld auf und installierte es behutsam auf dem Tisch. Dabei merkte ich, daß drei meiner Spieler ihre Köpfe verloren hatten und nur noch halb so groß waren wie zuvor.
    »Jetzt hast du mir die Mannschaft zerbrochen«, sagte ich. »Wie soll ich mit diesen Stürmern weiterspielen? Sie kippen ja um und können den Ball nicht weitertreiben.«
    »Macht nichts.« Mein eigen Fleisch und Blut blieb ungerührt. »Spielen wir trotzdem weiter.«
    Und in der Tat:
    Kaum hatten wir das Match wieder aufgenommen, drückte Amir aufs Tempo und gewann allmählich die Oberhand. Ich mochte meine verkürzten Spieler drehen und wenden wie ich wollte - sie waren zu Statisten verurteilt. Auf Amirs Seite hingegen wanderte der Ball unbehindert von Bloch zu Pele, von Pele I zu Pele II - und endlich - endlich - ich hob sicherheitshalber das eine Ende des Tisches ein wenig hoch - endlich landete der Ball in meinem Tor.
    »Hoho!« Aus Amirs Siegesruf klang unverhohlener Triumph. »Tor! Tor! l : 0 für mich! Ich hab dich geschlagen! Hoho! Ich bin der Sieger...«
    Am nächsten Tag waren alle meine Spieler kopflos. Ich hatte sie geköpft. Für die Hebung des Selbstbewußtseins meines Sohnes ist mir nichts zu teuer.

Hundstage
    Es ist schon längere Zeit vergangen, seit ich zuletzt über unseren weiblichen Pseudo-Schnauzer Franzi berichtet habe, und in dieser Zeit sind wir einander viel näher gekommen. Franzi spielt immer noch die importierte Rassehündin und mißachtet immer noch alle Grundregeln der Hygiene. Außerdem habe ich noch eine Schwäche an ihr entdeckt, deren Formulierung mir einige Verlegenheit bereitet.
    Es handelt sich um Sex.
    Franzi begann plötzlich Interesse an Hunden zu zeigen, sprang am Fenster hoch, wenn draußen einer vorbeiging, wedelte hingebungsvoll mit dem Schwanz, ja manchmal ließ sie sogar ein zweideutiges Bellen hören. Und siehe da: Draußen vor dem Fenster versammelten sich nach und nach sämtliche männlichen Hunde der Umgebung, wedelnd, winselnd, schnuppernd, als suchten sie etwas. Zulu, der riesige deutsche Schäferhund vom ändern Ende der Straße, drang über die rückseitig gelegene Terrasse sogar in unser Haus ein und wich erst der Gewalt.
    Wir wandten uns an Dragomir, den international bekannten Hundetrainer aus Jugoslawien, der sich eine Zeitlang auch mit Franzi beschäftigt hatte. Er klärte uns auf:
    »Warum Sie aufgeregt weshalb? Hündin ist läufig.«
    »Hündin ist was?« fragte ahnungslos die beste Ehefrau von allen, die sich in der einschlägigen Terminologie nicht auskennt. »Wohin will sie laufen?«
    Dragomir nahm seine Zuflucht zur Kinder- und Gebärdensprache:
    »Kutschi-mutschi. Weibi braucht Manndi. Kopulazija hopphopp.«
    Nachdem wir dieses Gemisch aus Kroatisch und Kretinisch dechiffriert hatten, wußten wir Bescheid.
    Auch unseren Kindern war mittlerweile etwas aufgefallen.
    »Papi«, fragte mein Sohn Amir, »warum will Franzi zu den anderen Hunden hinaus?«
    »Sohn«, antwortete Papi, »sie will mit ihnen spielen.«
    »Wirklich? Und ich hatte schon geglaubt, daß sie miteinander den Geschlechtsverkehr ausüben wollen.«
    Ich gebe Amirs Äußerung in umschriebener Form wieder. Tatsächlich gebrauchte er ein wesentlich kürzeres Wort, das man in einer kultivierten Familiengemeinschaft nach Möglichkeit vermeiden sollte.
    Die Zahl der Franzi-Verehrer vor unserem Haus wuchs dermaßen an, daß wir uns nur noch mit eingelegtem Besen den Weg auf die Straße bahnen konnten. Wir bekämpften die liebestrunkenen Horden unter Franzis Fenster mit Wasserkübeln, wir traten sie mit Füßen, wir zogen quer durch unseren Garten einen rostigen Drahtverhau (der von den leidenschaftlich Liebenden in Minuteri durchbissen wurde), und einmal warf ich sogar einen Pflasterstein nach Zulu. Er warf ihn sofort zurück.
    Währenddessen stand Franzi am Fenster und barst vor Erotik.
    »Papi«, sagte mein Sohn Amir, »warum läßt du sie nicht hinaus?«
    »Das hat noch Zeit.«
    »Aber du siehst doch, daß sie hinaus will. Sie möchte endlich einmal... «
    Wieder kam jener abscheuliche Ausdruck. Aber ich ließ mich nicht umstimmen:
    »Nein. Erst wenn sie verheiratet ist. In meinem Haus achtet man auf gute Sitten, wenn du nichts

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