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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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die Institution der Ehe eine Katastrophe ist.«
    Wie eine sofort durchgeführte demoskopische Umfrage ergab, sind 85 Prozent aller Ehen schlecht, 11 Prozent schlechthin unerträglich, 3 Prozent gehen gerade noch an und von einer weiß man's nicht.
    Wäre es möglich, so fragten wir uns, daß die Schuld an diesen deprimierenden Ziffern bei uns Männern läge? Die Ansichten divergierten. Jemand erzählte von seinem Wohnungsnachbarn, der seit 32 Jahren glücklich verheiratet sei, allerdings mit fünf Frauen hintereinander.
    »Das ist keine Kunst.« Einer der bisher schweigsamen Gäste namens Gustav Schlesinger meldete sich zu Wort.
    »Sich scheiden lassen und immer wieder eine andere heiraten - mit solchen Tricks kann man natürlich glücklich verheiratet sein. Aber nehmen Sie Ciarisse und mich. Wir leben seit zwanzig Jahren miteinander in vollkommen harmonischer Ehe.«
    Alle starrten den gutaussehenden, eleganten, an den Schläfen schon ein wenig ergrauten Sprecher an.
    »Nicht als wäre Ciarisse ein Himmelsgeschöpf«, fuhr er fort. »Oder als wären unsere Kinder keine ungezogenen Rangen. Nein, daran liegt es nicht. Sondern wir haben entdeckt, warum so viele Ehen auseinandergehen.«
    »Warum? Was ist der Grund?« Von allen Seiten drangen die wißbegierigen Fragen auf ihn ein. »Erklären Sie sich deutlicher! Was ist es, weshalb die meisten Ehen scheitern?«
    »Es sind Kleinigkeiten, meine Herren. Es sind die kleinen Dinge des Alltags, die täglichen Reibereien, die zwei miteinander verbundenen Menschen das Leben zur Hölle machen. Lassen Sie mich einige Beispiele anführen.
    Ich möchte schlafen gehen - meine Frau möchte noch lesen. Ich erwache am Morgen frisch und tatendurstig -meine Frau fühlt sich müde und wünscht noch zu schlafen. Ich lese beim Frühstück gerne die Zeitung - meine Frau würde es vorziehen, mit mir zu plaudern. Ich esse gerne Radieschen - sie kann keinen Lärm vertragen. Ich gehe gerne spazieren - sie hört gerne Musik. Ich erwarte einen dringenden geschäftlichen Anruf aus New York - sie plappert stundenlang mit einer Freundin über das Dienstbotenproblem. Ich lege Wert darauf -« An dieser Stelle wurde er von mehreren Gästen unterbrochen:
    »Keine Details, bitte. Wir wissen, was Sie meinen. Sie sprechen zu erfahrenen Ehegatten. Was ist die Lösung des Problems?«
    »Die Lösung liegt im guten Willen der Beteiligten. Man muß die kleinen Gegensätzlichkeiten, wie sie sich unter Eheleuten zwangsläufig ergeben, im Geiste der Toleranz, der Güte, des wechselseitigen Verständnisses bewältigen. Ich erinnere mich an einen Abend, als Clarisse den von unserem heimischen Fernseher ausgestrahlten Tarzan-Film, ich hingegen im jordanischen Fernsehen die Darbietung der vermutlich auch Ihnen bekannten Bauchtänzerin Fatimah sehen wollte. Damals hätte es beinahe einen Krach gegeben. Aber dazu kam es nicht. Mitten in der Auseinandersetzung hielten wir plötzlich inne und begannen zu lachen. >Warum<, so fragten wir einander, >warum sollte jeder von uns nur seine eigenen Handtücher haben? Warum machen wir von dieser Methode nicht auch bei anderen Anlässen Gebrauch?< Und am nächsten Tag kaufte ich ein zweites Fernsehgerät für Ciarisse. Von da an waren alle Streitigkeiten über die Frage, welches Programm wir einschalten wollten, endgültig vorbei.«
    Gustav Schlesinger machte eine Pause.
    »Ist das alles?« wurde er gefragt.
    »Nein, das war erst der Anfang. Nach und nach setzte sich dieses dualistische Prinzip auch für die anderen Aspekte unseres Zusammenlebens durch. Ich abonnierte je zwei Exemplare der von uns bevorzugten Zeitungen und Zeitschriften, wir hatten zwei Transistoren zu Hause, zwei Filmkameras, zwei Kinder. Ich schenkte Ciarisse einen Zweitwagen, um ihre Bewegungsfreiheit zu fördern, und wir vermauerten unseren Balkon, um für mich ein zweites Schlafzimmer daraus zu machen.«
    »Aha!« Beinahe einstimmig brach der Kreis der Umstehenden in diesen Ruf aus. »Aha!«
    »Kein Aha«, replizierte Schlesinger. »Im Gegenteil, unsere eheliche Beziehung erklomm einen neuen Gipfel, und der Erwerb eines zweiten Telefons beseitigte die letzte Möglichkeit einer Störung unserer Harmonie.«
    »Aber all diese Dinge kosten doch eine Menge Geld?« lautete die jetzt an Schlesinger gerichtete Frage.
    »Für eine glückliche Ehe darf kein Opfer zu groß sein. Mit etwas gutem Willen lassen sich auch die finanziellen Probleme bewältigen, die durch den guten Willen entstehen. So habe ich zum Beispiel ein

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