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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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er. »Aber vielleicht vergesse ich zu hinken. Erinnern Sie mich telefonisch.«
    Den Gefallen kann ich ihm tun. Wenn ich nicht vergesse.

Unsere Wirkwaren-Welt
    Ein neues bisher noch nie dagewesenes Wochenblatt entsteht gewöhnlich dann, wenn Herr Steiner, Besitzer der gutgehenden Lebensmittelhandlung im Parterre, einen Stock höher steigt, um den dort wohnhaften Journalisten Hanoch Goldberg zu besuchen und ihm folgendes mitzuteilen:
    »Mein lieber Goldberg, Sie glauben doch nicht, daß ich immer mit Lebensmitteln gehandelt habe? Keine Spur! Es gab Zeiten, in denen ich ein geschätzter Mitarbeiter verschiedener Zeitungen war. Aber das ist nicht der Grund, warum ich zu Ihnen komme. Obwohl sich sehr wichtige Zeitschriften darunter befanden, zum Beispiel die >Zvadrashenvaja Fortzishnovka Ukrajinskaja<. Und hier in Israel habe ich mehrere Artikel für ein bekanntes Modejournal geschrieben, die müssen Sie einmal lesen. Ja, was ich sagen wollte: Wie war's, wir geben zusammen eine neue Wochenzeitung heraus? Eine, die anders ist als alle anderen, etwas wirklich Neues, ein Blatt, das eine Marktlücke füllt und den Publikumsgeschmack trifft. Nein, unterbrechen Sie mich nicht. Ich finanziere die Sache. Aber nur, wenn Sie mit Ihrer großen journalistischen Erfahrung die Chefredaktion übernehmen. Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde mich nicht in Ihr Ressort mischen. Ich bin nur der Geldgeber. Und da ich ganz genau weiß, daß eine neue Zeitschrift am Anfang Geld verlieren muß, bin ich fürs erste Jahr auf ein gewisses Defizit vorbereitet. Meinetwegen auch fürs zweite. Also. Wir haben das nötige Geld und wir haben die nötige Lizenz. Nehmen Sie den Posten an?«
    Goldberg überlegte. Im Augenblick verdiente er 1490 Shekel monatlich für Übersetzungen ins Polnische. Was hatte er zu verlieren?
    »Ich nehme den Posten an«, sagte er. »Setzen Sie sich.«
    Die Details der Neugründung wurden besprochen und schriftlich niedergelegt. Um die vorhandenen Wochenblätter zu übertrumpfen, würde das neue in einem Umfang von 64 großformatigen Seiten und im Vierfarbendruck erscheinen. Preis im Einzelverkauf 4 Shekel. Bei einem Absatz von 30000 Exemplaren wären die Kosten gedeckt, mit dem 30001. Exemplar beginnt der Profit, der sich nach und nach auf 36000 bis 40000 Shekel im Monat belaufen müßte.
    An dieser Stelle der Verhandlungen schlug Steiner vor, den Reingewinn 50 : 50 zu teilen, Aber Goldberg entschied sich für ein fixes Monatsgehalt von 1670 Shekel.
    Die Zeitschrift würde den Namen »Unsere Wirkwaren-Welt« führen. Eigentlich hätte sie »Unsere Welt« heißen sollen, aber Steiner hatte die Lizenz von der eingestellten Vereinspublikation der Wirkwarenhändler erworben, und das Gesetz verpflichtete ihn, den Originaltitel in jede auf dieser Lizenz basierende Druckschrift einzubeziehen.
    Das neue Wochenblatt sollte leicht lesbar und unterhaltend, zugleich jedoch seriös und informativ sein. Für eine solche Publikation bestand zweifellos größter Bedarf.
    Nach Unterzeichnung der Verträge in einem Anwaltsbüro machte sich Goldberg ungesäumt an die Zusammenstellung seines Redaktionsstabs. Er engagierte in einem nahe gelegenen Kaffeehaus elf ständige Redakteure und sieben Korrespondenten, von denen drei an Ort und Stelle zu Auslandskorrespondenten befördert und sofort nach Europa geschickt wurden. Hinzu kamen fünf Photographen, zwei Botenjungen und eine Sekretärin. Sie alle bezogen ihre Arbeitsplätze in Steiners Wohnung.
    Nach einmonatiger Vorbereitungszeit war die sensationelle Eröffnungsnummer fertig. Auf dem Titelblatt sah man einige israelische Kleinkinder im Sand spielen, Bildunterschrift: »In Israel wächst eine glückliche neue Generation heran.« Daneben machten rotgedruckte Titel auf die Beiträge im Innern des Blattes neugierig: »Safed, die malerische Touristenattraktion (mit Farbphotos)«, »Was will Rußland?«, »Proteine stärken den Körper« und »Die Welt des Theaters« von Carmela Green. Weitere Ankündigungen verhießen dem Leser eine Rundfunk- und Fernseh-Rubrik, einen psychologischen Ratgeber, Hanoch Goldbergs regelmäßige Kolumne »Ich melde mich zu Wort«, ausführliche Sportberichte, Kreuzworträtsel, eine reichhaltige Literatur-Rubrik, eine Beilage »Der Lebensmittelhändler«, die Rubriken »Von fern und nah«, »Israel und die Welt«, »Die Welt und Israel« und das erste Kapitel des Fortsetzungsromans »Die Liebe einer Krankenschwester« von Hanoch Goldberg. Überdies startete »Unsere

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