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Kein Opfer ist vergessen

Kein Opfer ist vergessen

Titel: Kein Opfer ist vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Harvey
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Bisswunden gab«, sagte er, »dann wurden sie vor Gericht nie erwähnt.«
    »Wir haben einen Hinweis darauf in Wingates Autopsie-Bericht entdeckt«, sagte ich.
    Moncata blieb stehen. »Haben Sie den Bericht noch?«
    »Nein, den haben die Detectives einkassiert, die meinen Wagen durchsucht haben.«
    »Interessant. Aber vielleicht gibt es noch einen anderen Weg, an die Fotos von Wingates Leiche zu gelangen. Ich kümmere mich darum. Wenn ich sie bekomme, schicke ich das Material einem Kollegen, der auf diesem Gebiet Experte ist. Er hat ein spezielles Computerprogramm, das solche Male analysieren kann. Womöglich kann er uns mehr verraten.«
    Warum Moncata sich mit einem Mal so brennend für die Bisswunden interessierte, war mir ein Rätsel. Aber bevor ich ihn nach dem Grund für seinen Sinneswandel fragen konnte, wechselte er das Thema.
    »Ist Ihnen der Begriff ›Trefferkommando‹ schon mal untergekommen?«
    Wir verneinten.
    »In der Mordkommission wurde die Gruppe nur als ›Kommando‹ bezeichnet. Es war eine Eliteeinheit der Staatsanwaltschaft. Etwa zwanzig Männer und Frauen, die Ende der Achtziger- und in den Neunzigerjahren tätig waren. Sie wurden durch ihre Erfolgsquote berühmt, insbesondere in Fällen von Kapitalverbrechen. Der Leiter war ein Staatsanwalt namens Teddy Green. Haben Sie von ihm gehört?«
    »Er war mal der oberste Staatsanwalt von Illinois«, antwortete Havens. »Und davor der leitende Staatsanwalt des Cook County. Im letzten Jahr ist er einem Schlaganfall erlegen.«
    »Er war auch der leitende Staatsanwalt im Mordfall Wingate«, fügte ich hinzu.
    Moncata imitierte mit der Hand eine Waffe und erschoss mich mit dem Zeigefinger. »Bingo. Und seine rechte Hand war ein Chicagoer Detective namens John Carlton.« Er trat an seinen Schreibtisch, sortierte zwei Seiten aus unseren Unterlagen über die Morde an Scranton und Allen heraus, überflog sie und hielt sie uns hin. Auf einer erkannte ich den Namen Teddy Green, auf der anderen den von John Carlton. »Sieht aus, als wären die beiden auch für die anderen Fälle zuständig gewesen.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Havens.
    Moncata ließ die Seiten sinken. »Worauf ich hinauswill? Ich denke an das Muster, das wir hier vorliegen haben. Wir Forensiker lieben Muster. Sie sollten es genauso halten. Bekannt ist, dass Carlton jedem Verdächtigen, dem er gegenübersaß, das Geständnis am liebsten aus dem Leib geprügelt hätte. Und Teddy Green wollte gewinnen. Punkt. Also haben sie ein Team zusammengestellt und am laufenden Band Verurteilungen produziert. Wir sprechen von Angeklagten, die arm wie Hiob waren, von miesen Pflichtverteidigern und Verfahren, die nur einen Tag gedauert haben. Nach einer Weile stieg Teddy zum obersten Staatsanwalt auf und Carlton zum Chief of Detectives. Alle waren glücklich. Mit Ausnahme der Burschen, die sie hinter Schloss und Riegel gebracht hatten. Mit was sind die beiden denn gekommen, um den Angeklagten im Fall Scranton zu überführen?«
    »Der Angeklagte hieß Michael Laramore«, erwiderte Havens.
    »An ihm haben sie Haare und Stofffasern des Opfers gefunden.«
    »Und wie war’s im Fall Allen?«
    »Da war es das Blut des Jungen.«
    Moncata schnaubte. »Das gibt’s doch nicht. Ich nehme an, auch in diesen Fällen wurden die Bisswunden im Prozess nicht erwähnt.«
    »Bingo«, sagte Havens.
    »Das Problem ist, dass alles schon so lange zurückliegt«, sagte Moncata wie für sich. »Green ist tot. Bei Carlton bin ich mir nicht sicher.« Er gab etwas in seinen Computer ein und nickte bedächtig. »John Carlton. 2005 in Pension gegangen und im letzten Jahr gestorben.«
    »Trotzdem muss es irgendwo noch etwas geben«, sagte Havens.
    Moncata tippte mit dem Daumennagel an seine Zähne und betrachtete die Fotos der Bisswunden, die noch an der Leuchttafel hingen. »Wir machen es wie besprochen. Sie lassen die Fotos hier, ich bitte unseren Experten, einen Blick auf die Male zu werfen, und dann sehen wir, was dabei herauskommt. So, und jetzt muss ich wirklich wieder an die Arbeit.« Moncata umrundete seinen Schreibtisch und führte uns zur Tür. »Sobald ich etwas habe, melde ich mich.«

EINUNDDREISSIG
    Auf der Fahrt nach Evanston zurück waren wir schweigsam. Moncata hatte uns neuen Stoff zum Nachdenken gegeben, und ich glaube, wir versuchten beide, das Gehörte zu verdauen.
    »Was meinst du?«, fragte Havens schließlich, nachdem er vor meinem Haus gehalten hatte.
    »Als du die Bisswunden erwähnt hast, fing er an zu

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