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Kein Opfer ist vergessen

Kein Opfer ist vergessen

Titel: Kein Opfer ist vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Harvey
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Reißverschluss der Aktenmappe auf und holte eine Klarsichttüte heraus.
    »Feine Sache«, sagte er. »Zieht man einem Arschloch über den Kopf und guckt zu, wie er blau anläuft.« Coursey schwenkte die Tüte vor meiner Nase. »Was glauben Sie, wie lang es dauert, ehe Sie alles unterschreiben, was ich unterschrieben haben will? Ich kann es Ihnen verraten, sehr lange dauert das nicht.«
    Die Plastiktüte verschwand und wurde von einem schwarzen Ordner ersetzt. »Wissen Sie, was das ist?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sie werden es nicht glauben, aber das ist noch besser als die beschissene Tüte über dem Kopf. Da geht es nämlich um Beweise, die ausreichen, um Ihnen die Reise nach Stateville zu garantieren. Dort gebe ich Ihnen einen Monat, dann sind Sie hinüber. Ein schöner Tod wird das nicht.«
    »Warum geben Sie nicht einfach zu, dass Ihnen der Mumm fehlt, es selber zu machen.«
    Ich beschloss, Coursey ebenso wie Randall zu behandeln. Wenn er sich amüsieren wollte, sollte er sich gefälligst ins Zeug legen.
    »Wo waren Sie letzte Nacht?«
    Mit der Frage hatte er mich auf dem falschen Fuß erwischt. Aber womöglich war genau das seine Absicht gewesen, denn ich antwortete, ohne es zu wollen.
    »Bier trinken.«
    »Wo?«
    »In Millers Steakhouse. Das ist in Evanston.«
    Coursey zog Stift und Block aus seiner Aktenmappe und machte sich eine Notiz. »Wer war bei Ihnen?«
    »Niemand, ich war allein.«
    Er schaute hoch. »Was haben Sie danach gemacht?«
    »Ich bin nach Hause gegangen.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »So gegen elf, halb zwölf.«
    Coursey schob den Block zur Seite, sah mich an und klärte mich über meine Rechte auf. »Haben Sie alles verstanden?«
    Die Rechte bekam man eigentlich vor der ersten Frage vorgelesen, aber mir schien, das war hier nebensächlich. Letzten Endes würde ja doch alles so gelaufen sein, wie Coursey es nachher sagte.
    »Bin ich festgenommen?«, fragte ich.
    »Schnauze.« Coursey grübelte vor sich hin. »Sie waren also gegen halb zwölf, zwölf zu Hause.«
    »Ja.«
    Er machte sich wieder Notizen. »Kann das jemand bezeugen?«
    »Nein, ich sagte ja schon, dass ich allein lebe.«
    Coursey entnahm dem schwarzen Ordner ein Foto und legte es vor mir auf den Tisch. »Das haben wir aus der Kamera, die den Verkehr auf der Straße kontrolliert, an der Sarah Gold wohnt. Kommt Ihnen da was bekannt vor?«
    Auf dem Foto sah man meinen Wagen im Licht einer Straßenlampe.
    »Wir haben das Kennzeichen vergrößern lassen«, fuhr Coursey fort. »Es handelt sich um Ihren Wagen, Joyce. Sehen Sie die angegebene Uhrzeit? Sie zeigt 00 : 47 Uhr.« Coursey hielt einen dicken Zeigefinger hoch. »Damit hätten wir schon mal die erste Lüge. Und gleich voll in die Scheiße getreten. Möchten Sie noch ein bisschen weiter phantasieren?«
    »Seit wann ist es verboten, im eigenen Wagen an einer Straße zu sitzen?«
    Coursey grinste. Er hatte mich zum Reden gebracht und wusste, dass ich am Ball bleiben würde. Wieder griff er in den Ordner. Diesmal legte er eine Nahaufnahme von Sarah vor mich. Ihr linkes Auge war halb zugeschwollen, das rechte starrte mich an.
    »Sie haben sie windelweich geprügelt, Joyce.«
    Ich schob das Foto fort.
    »Was haben Sie in Ihrem Wagen gemacht?«
    »Ich möchte einen Anwalt.«
    »Wir haben einen Zeugen, der Sie auf dem Weg zu ihrer Wohnung gesehen hat. Er sagt, das war gegen 01 : 15 Uhr.«
    »Ihr Zeuge irrt sich.«
    Coursey schüttelte den Kopf und gluckste, ehe er das dritte Foto aus dem Ordner nahm und auf die beiden anderen legte. »Wie wär’s denn damit, Schlaumeier?«
    Auch dabei schien es sich um die Aufnahme einer Verkehrskamera zu handeln. Mein Profil war ins Licht der Straßenlampe getaucht. Ich hatte die Hände tief in den Taschen vergraben und war auf dem Weg zu Sarahs Wohnung. Das war ziemlich übel, aber für die Geschworenen hätte es nicht mal ansatzweise ausgereicht. Hoffte ich wenigstens. Im Übrigen gab es ja auch noch Sarah. Und ihre Aussage.
    »Sie hat ihren Angreifer nicht erkannt«, sagte Coursey, der anscheinend Gedanken lesen konnte. »Und Sie hoffen wahrscheinlich, dass keins dieser Fotos ausreicht, um Sie zu überführen.«
    Ich spürte, dass ich rot wurde. Der Mann konnte eindeutig Gedanken lesen.
    »Wenn Sie ein Nigger wären oder ein Itaker«, fuhr Coursey fort, »könnten Sie sich jetzt abschreiben. Trotzdem, Sarah Gold ist weißer als Sie. So ein Fall geht den Leuten ans Herz, und der ein oder andere wird sich an Sie erinnern. Also erledigen wir auch

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