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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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in der Hand am Grill vorstellen wie auf dem Gipfel des Mount Everest, und der Gedanke machte mich traurig. Mein Vater, erkannte ich, wusste überhaupt nicht, wie man sich entspannte. Sein Leben bestand ausschließlich aus Arbeit und Sorgen. Ruths Eltern dagegen vermittelten den Eindruck, als würden sie jeden Augenblick genießen. Mir fiel plötzlich auf, wie anders Ruth und ihre Eltern auf den Krieg reagiert hatten. Während sich mein Vater und meine Mutter in die Vergangenheit zurückzogen – wenn auch auf ihre jeweils eigene Art –, wandten sie sich freudig der Zukunft zu, griffen nach ihrer Chance im Leben. Sie entschieden sich bewusst dazu, das Beste aus ihrem Schicksal zu machen, und blieben immer dankbar für das, was sie erreicht hatten.
    Im Haus war es still, als ich schließlich hineinging. Verlockt von dem Gedanken an Ruth tapste ich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Auf beiden Seiten des Flurs lag jeweils ein Zimmer, wegen der geschlossenen Türen wusste ich jedoch nicht, welches Ruths war. Ich stand für eine Weile da, dann drehte ich mich um und ging zurück nach oben.
    In meinem Zimmer zog ich mich aus und kroch ins Bett. Mondlicht strömte durch die Fenster und verlieh allem einen silbernen Glanz. Ich konnte das Rauschen der Wellen hören, beruhigend in seiner Gleichförmigkeit, und nach ein paar Minuten merkte ich, wie ich eindämmerte.
    Irgendwann später – zuerst dachte ich, ich bildete es mir nur ein – hörte ich die Tür aufgehen. Ich hatte schon immer einen leichten Schlaf gehabt, was sich durch den Krieg noch verstärkt hatte, und obwohl anfangs nur Schatten zu sehen waren, wusste ich, dass Ruth gekommen war. Verwirrt setzte ich mich im Bett auf, während sie die Tür leise hinter sich schloss. Sie trug einen Morgenmantel, doch im Gehen knotete sie den Gürtel auf, und der Morgenmantel glitt zu Boden.
    Einen Moment später lag sie bei mir im Bett. Ihre Haut schien vor Spannung zu knistern. Unser Lippen trafen sich, und ich spürte ihre Zunge an meiner, während ich sanft mit den Fingern durch ihr Haar und über ihren Rücken strich. Wir wussten genau, dass wir keinen Mucks von uns geben durften, und die Stille machte alles noch aufregender. Ich drehte sie auf den Rücken, küsste ihre Wange und zog eine Spur fiebriger Küsse über ihren Hals und wieder zurück zum Mund, völlig versunken in den Augenblick.
    Wir liebten uns, und eine Stunde später liebten wir uns erneut. Ich zog sie an meine Brust und flüsterte ihr ins Ohr, wie sehr ich sie liebte und dass es nie eine andere für mich geben würde. Ruth sagte nur wenig, doch in ihren Augen und in ihren Berührungen spürte ich das Echo meiner Worte.
    Kurz vor Morgengrauen küsste sie mich zärtlich und zog ihren Morgenmantel wieder an. An der Tür drehte sie sich noch einmal um.
    »Ich liebe dich auch, Ira«, flüsterte sie. Und damit war sie fort.
    Ich lag wach im Bett, bis der Himmel langsam heller wurde, und durchlebte im Geiste noch einmal die Stunden, die wir gerade miteinander verbracht hatten. Gern hätte ich gewusst, ob Ruth schlief oder ebenfalls wach war. Ob sie an mich dachte. Durch das Fenster sah ich die Sonne aufgehen, als würde sie aus dem Meer gezogen, und nie wieder in meinem ganzen Leben habe ich eine so spektakuläre Morgenröte erlebt. Als ich die leisen Stimmen von Ruths Eltern in der Küche hörte, die mich nicht we cken wollten, blieb ich im Zimmer. Endlich hörte ich auch Ruth nebenan, doch erst eine ganze Weile später zog ich mich an und öffnete die Tür.
    Ruths Mutter goss sich gerade eine Tasse Kaffee ein, Ruth und ihr Vater saßen am Tisch. Mit einem Lächeln drehte sich Ruths Mutter zu mir um.
    »Gut geschlafen?«
    Ich gab mir alle Mühe, Ruth nicht anzusehen, aber ich glaubte aus dem Augenwinkel den winzigen Hauch eines Lächelns auf ihren Lippen zu entdecken.
    »Traumhaft«, antwortete ich.

KAPITEL 1 2
    Luke
    Die Tribünen in der Arena von Knoxville, wo Luke zuletzt vor sechs Jahren geritten war, waren schon beinahe voll besetzt. Luke stand in der Box und spürte den vertrauten Adrenalinstoß, bei dem die Welt sich plötzlich verdichtete. Nur undeutlich hörte er den Sprecher die Höhen und Tiefen seiner Karriere aufzählen.
    Luke hatte das Gefühl, noch nicht bereit zu sein. Gerade noch hatten seine Hände gezittert, und jetzt fühlte er die Angst aufsteigen, die es ihm schwer machte, sich zu konzentrieren. Unter ihm warf sich ein Bulle namens Crosshairs wütend von rechts nach links und zwang

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