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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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zum Nachdenken. Über uns.«
    »Weshalb du dich mir an den Hals geworfen hast, als ich auftauchte«, necke ich sie.
    »Das stimmt nicht«, entgegnet sie entrüstet. »Dein Gedächtnis lässt dich wohl im Stich. Ich bin ganz gemächlich die Treppe hinuntergegangen und habe dich umarmt. Schließlich wurde ich zu einer Dame erzogen. Es war eine normale Begrüßung, alles andere entspringt deiner Ein bildung.«
    Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das noch nach so langer Zeit? Vermutlich ist es bedeutungslos.
    »Weißt du noch, was wir im Anschluss gemacht haben?«, fragt sie.
    Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich auf die Probe stellt. »Natürlich«, antworte ich. »Wir sind ins Haus gegangen und haben deine Eltern begrüßt. Deine Mutter schnitt ge rade Tomaten, und dein Vater grillte auf der Terrasse Thun fisch. Er erzählte mir, dass er ihn am Nachmittag einem Fischer abgekauft hatte, der am Pier anlegte. Darauf war er sehr stolz. Er wirkte anders als sonst ... lockerer.«
    »Es war ein guter Sommer für ihn«, pflichtet Ruth mir bei. »Damals leitete er die Fabrik schon, sodass die Arbeit körperlich nicht mehr so anstrengend war, und zum ersten Mal seit Jahren hatten wir genug Geld, um in Urlaub zu fahren. Vor allem aber freute er sich wie verrückt, wieder unterrichten zu dürfen.«
    »Und deine Mutter war glücklich.«
    »Die gute Laune meines Vaters steckte an.« Ruth hält kurz inne. »Und genau wie mir war ihr dieses Land ans Herz gewachsen. In Greensboro war es niemals wie in Wien, aber sie hatte die Sprache gelernt und ein paar Freunde gefunden, und sie wusste die Wärme und Großzügigkeit der Menschen hier zu schätzen. In gewisser Weise betrachtete sie North Carolina endlich als ihr Zuhause.«
    » W eißt du noch, wie klar der Himmel war, als wir gegessen haben?«, frage ich. »Man konnte so viele Sterne sehen!«
    »Weil es so dunkel war. Keine Lichter aus der Stadt. Mei nem Vater fiel das damals auch auf.«
    »Die Outer Banks habe ich immer geliebt. Wir hätten jedes Jahr hinfahren sollen.«
    »Ich glaube, dann hätten sie ihren Zauber verloren«, sagt sie. »Alle paar Jahre hinzufahren war perfekt. Denn jedes Mal kam uns die Landschaft wieder neu und ungezähmt und frisch vor. Außerdem, wann hätten wir denn hinfahren sollen? Im Sommer waren wir doch immer auf Reisen. New York, Boston, Philadelphia, Chicago, sogar Kalifor nien. Und immer Black Mountain. Wir hatten Gelegenheit, dieses Land auf eine Art und Weise zu erleben, wie es den meisten Menschen nie möglich war, und was hätte besser sein können?«
    Nichts, denke ich, weil ich im Herzen weiß, dass sie recht hat. Mein Haus ist voller Andenken an unsere Reisen. Von den Outer Banks hatte ich seltsamerweise nichts außer einer Muschel, die Ruth und ich am nächsten Morgen fanden, und doch verblasste die Erinnerung nie.
    »Die Abendessen mit deinen Eltern habe ich immer genossen. Dein Vater wusste zu jedem Thema etwas zu sagen.«
    »Ja, das stimmt«, bemerkte Ruth. »Sein Vater war Lehrer gewesen, sein Bruder war Lehrer. Seine Onkel waren Lehrer. Mein Vater stammte aus einer Familie von Gelehrten. Aber du warst für ihn auch interessant, er war fasziniert von deiner Arbeit als Navigator im Krieg, trotz deines Widerstrebens, darüber zu sprechen. Ich glaube, das steigerte seinen Respekt für dich.«
    »Deiner Mutter ging es da anders.«
    Ruth schweigt, und ich weiß, dass sie die folgenden Worte mit Bedacht wählt. Sie spielt mit einer vom Wind gelösten Haarsträhne und betrachtet sie eingehend, bevor sie weiterspricht. »Damals machte sie sich einfach Sorgen um mich. Sie wusste nur, dass du mir erst wenige Monate vorher scheinbar das Herz gebrochen hattest und dass mich immer noch etwas bedrückte, obwohl wir uns einander wieder angenähert hatten.«
    Damit meint Ruth die Folgen meiner Mumpserkrankung und was das für unsre Zukunft bedeutete. Ihrer Mutter sollte sie das erst Jahre später erzählen, als deren Ver wunderung darüber, keine Enkel zu bekommen, sich in Traurigkeit und Besorgnis gewandelt hatte. Sanft erklärte Ruth ihr damals, dass wir keine Kinder bekommen konnten, wobei sie darauf achtete, nicht die gesamte Schuld auf mich zu schieben, was sie leicht hätte tun können. Noch eine ihrer liebevollen Gesten, für die ich immer dankbar gewesen bin.
    »Beim Essen hat sie nicht viel gesagt, hinterher lächelte sie mich zu meiner Erleichterung aber an«, sage ich.
    »Das lag daran, dass du angeboten hattest, das Geschirr zu

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