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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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äußere Schale entfernte und dabei auch Lippen und Zähne formte. Ab und zu lehnte er sich zurück und begutachtete sein Werk. Als Nächstes waren die Augen an der Reihe. Wieder schnitt er zunächst die Außen schale ab, gestaltete detaillierte Pupillen und schnitzte dann erst vorsichtig den Rest aus. Als er in den Kürbis griff, um das Fruchtfleisch herauszuholen, zog er eine Grimasse.
    »Das schleimige Gefühl habe ich schon immer gehasst«, sagte er und brachte Sophia damit zum Kichern. Schließlich gab er ihr das Messer und fragte, ob sie übernehmen wolle. Er zeigte ihr, an welcher Stelle sie ansetzen sollte, und erklärte, was sie zu tun hatte, und die Wärme seines nahen Körpers ließ ihre Hände zittern. Die Nase gelang aus unerfindlichen Gründen gut, aber eine Augenbraue wurde krumm, was dem Gesichtsausdruck eine Spur von Wahnsinn verlieh.
    Am Ende stellte Luke ein Teelicht in den Kürbis, zündete es an und trug die fertige Laterne auf die Veranda. Sie setzten sich in die Schaukelstühle und unterhielten sich leise, während der leuchtende Kürbiskopf diabolisch grinste. Als Luke seinen Stuhl näher an Sophias rückte, malte sie sich aus, an Tausend anderen Abenden wie diesem so neben ihm zu sitzen.
    Später, auf dem Weg zu ihrem Auto, hatte sie das Gefühl, dass er genau das Gleiche gedacht hatte. Er stellte den Kürbis auf den Beifahrersitz, nahm Sophias Hand und zog sie sanft an sich. Sie las das Begehren in seiner Miene, sie spürte an seiner Umarmung, wie sehr er sich wünschte, dass sie blieb. Und als sich ihre Lippen trafen, wusste sie, dass sie auch gern bleiben wollte. Aber das würde sie nicht tun. Nicht heute. Sie war einfach noch nicht bereit dazu, doch den hungrigen letzten Küssen entnahm sie die Verheißung einer Zukunft, die sie kaum erwarten konnte.

KAPITEL 1 4
    Ira
    Die späte Nachmittagssonne versinkt allmählich am Horizont, und ich sollte mir Sorgen um die kommende Nacht machen. Aber mein Bewusstsein wird von einem einzigen Gedanken beherrscht.
    Wasser, in jeglicher Form. Eis. Seen. Flüsse. Wasserfälle. Ein Strahl aus dem Wasserhahn. Irgendetwas, um das Klümpchen verschwinden zu lassen, das sich in meiner Kehle gebildet hat. Kein sprichwörtlicher Kloß, sondern ein Klümpchen, das nicht dorthin gehört. Es scheint mit jedem Atemzug zu wachsen.
    Mir ist bewusst, dass ich geträumt habe. Nicht den Unfall. Das hier, der Unfall, ist real, und das weiß ich. Es ist das einzig Reale. Ich schließe die Augen und konzentriere mich, zwinge mich, mir die Einzelheiten ins Gedächtnis zu rufen. Aber in meinem halb verdursteten, verwirrten Zustand fällt es mir schwer, zu rekonstruieren, was passiert ist. Ich wollte die Autobahn meiden, weil die Leute dort so schnell fahren, und hatte mir die Route über einspurige Landstraßen dick auf einer Karte markiert, die ich in der Küchenschublade gefunden hatte. Ich weiß noch, dass ich abgefahren bin, um zu tanken, und dann kurz unsicher war, in welche Richtung ich fahren musste. Schemenhaft erinnere ich mich, durch eine Stadt namens Clemmons gefahren zu sein. Später, als mir klar geworden war, dass ich falsch fuhr, folgte ich einer unbefestigten Straße, bis ich schließlich auf einer anderen Landstraße mit der Nummer 421 landete. Da gab es Wegweiser zu einem Ort namens Yadkinville. Das Wetter verschlechterte sich allmählich, und zu dem Zeitpunkt hatte ich schon zu große Angst, anzuhalten. Nichts kam mir bekannt vor, deshalb folgte ich weiter den Windungen der Straße und fand mich plötzlich auf einem völlig anderen Highway wieder, einem, der direkt in die Berge führte. Die Nummer konnte ich nicht entdecken, und da spielte es auch schon keine Rolle mehr, weil es wirklich heftig schneite. Außerdem war es dunkel, so dunkel, dass ich die Kurve nicht sah. Ich krachte durch die Leitplanke, hörte sich verbiegendes Metall, und dann schoss der Wagen die Böschung hinunter.
    Und jetzt: Ich bin allein, und niemand hat mich gefun den. Seit fast vierundzwanzig Stunden träume ich von mei ner Frau, während ich hier im Auto eingeschlossen bin. Ruth ist fort. Sie starb vor langer Zeit in unserem Schlaf zimmer, und sie sitzt nicht neben mir. Ich vermisse sie. Seit neun Jahren vermisse ich sie, und ich habe den Großteil dieser Zeit damit zugebracht, mir zu wünschen, ich wäre zuerst gestorben. Sie hätte besser allein leben können, sie wäre darüber hinweggekommen. Sie war immer stärker und schlauer und besser in allem. Warum sie mich damals

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