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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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hatte aufgefrischt. Am Nachmittag kamen Ruths Eltern zu uns, um zu fragen, ob wir mit ihnen einen Ausflug nach Kitty Hawk machen wollten, wo Orville und Wilbur Wright mit dem ersten erfolgreichen motorisierten Flugzeugflug Geschichte geschrieben hatten. Ich war als Kind dort gewesen und hätte nichts dagegen gehabt, noch einmal hinzufahren, aber Ruth schüttelte den Kopf. Sie wolle an ihrem letzten Tag lieber faulenzen, sagte sie.
    Eine Stunde später waren ihre Eltern fort. Inzwischen hatte sich der Himmel grau gefärbt, und Ruth und ich schlenderten zum Haus zurück. In der Küche schlang ich die Arme um sie, während wir aus dem Fenster blickten. Dann, ohne ein Wort, nahm ich ihre Hand und führte sie in mein Zimmer.
    Obwohl meine Sicht verschwommen ist, kann ich Ruth wieder neben mir erkennen. Vielleicht ist es Wunschdenken, aber ich könnte schwören, sie trägt den Morgenmantel, den sie in unserer ersten Liebesnacht anhatte.
    »Danke«, sage ich, »dass du mir geholfen hast, wieder Luft zu bekommen.«
    »Du wusstest, was du zu tun hattest. Ich bin nur hier, um dich daran zu erinnern.«
    »Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.«
    »Doch«, sagt sie mit Überzeugung. Sie nestelt am Ausschnitt ihres Morgenmantels und sagt beinahe aufreizend: »Du warst an dem Tag sehr forsch. Als meine Eltern in Kitty Hawk waren.«
    »Ja«, gestehe ich. »Ich wusste, dass wir mehrere Stunden für uns hatten. Wir waren allein, und du warst wunderschön.«
    Sie zupft an ihrem Morgenmantel. »Ich hätte es als Warnung nehmen müssen.«
    »Als Warnung?«
    »Vor dem, was auf mich zukam. Bis zu jenem Wochenende war ich nicht sicher, ob du ... leidenschaftlich sein konntest. Aber danach wünschte ich mir manchmal fast den alten Ira zurück. Den schüchternen, immer zurückhaltenden. Besonders, wenn ich mal ausschlafen wollte.«
    »War ich so schlimm?«
    »Nein.« Sie lehnt den Kopf zurück und sieht mich unter schweren Augenlidern an. »Ganz im Gegenteil.«
    Den Nachmittag verbrachten wir im Bett und liebten uns noch leidenschaftlicher als in der Nacht zuvor. Das Zimmer war warm, und unsere Körper glänzten vor Schweiß, Ruths Haar war feucht am Ansatz. Hinterher, als Ruth duschte, setzte der Regen ein, und ich saß in der Küche und lauschte dem Trommeln auf das Blechdach, glücklicher als je zuvor.
    Bald darauf kamen ihre Eltern zurück, völlig durchweicht von dem Wolkenbruch. Ruth und ich waren mittlerweile in der Küche beschäftigt und bereiteten das Abendessen zu. Bei Spaghetti Bolognese saßen wir vier um den Tisch. Ihr Vater erzählte von ihrem Ausflug, und das Gespräch ging, wie so oft, in eine Kunstdebatte über. Er sprach von Fauvismus, Kubismus, Expressionismus und Futurismus – Begriffe, die ich noch nie gehört hatte –, und mich beeindruckten nicht nur die feinen Unterschiede, die er machte, sondern auch die Gier, mit der Ruth jedes Wort verschlang. Offen gestanden war das meiste davon zu hoch für mich, mir fehlte das Verständnis, doch weder Ruth noch ihr Vater schienen das zu bemerken.
    Nach dem Essen, als der Regen vorbei war und es dämmerte, machten Ruth und ich einen Spaziergang am Strand. Es war schwül, und der Sand klebte unter unseren Füßen. Sanft strich ich ihr mit dem Daumen über die Handfläche. Ich blickte zum Wasser. Seeschwalben schossen in die Wellen hinein und wieder heraus, und unmittelbar hinter den Brechern schwamm ein Schwarm Tümmler in Formation vorbei. Ruth und ich beobachteten sie, bis der Dunst sie verschluckte. Erst dann drehte ich mich zu ihr um.
    »Deine Eltern ziehen im August um«, sagte ich.
    Sie drückte meine Hand. »Nächste Woche gehen sie in Durham auf Wohnungssuche.«
    »Und du fängst im September an zu unterrichten?«
    »Falls ich nicht mit nach Durham gehe«, sagte sie. »Sonst müsste ich mir dort eine Stelle suchen.«
    Im Haus ging das Licht an.
    »Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig«, sagte ich und nahm den nötigen Mut zusammen, ehe ich ihr in die Augen sah. »Wir müssen im August heiraten.«
    B ei dieser Erinnerung lächle ich, aber Ruths Stimme unterbricht meine Träumereien hörbar enttäuscht.
    »Du hättest ruhig ein bisschen romantischer sein können«, sagt sie schmollend.
    Einen Moment lang bin ich verdutzt. »Wann, bei meinem Antrag?«
    »Natürlich, wobei denn sonst?« Sie breitet die Hände aus. »Du hättest auf ein Knie gehen oder mir von deiner unsterb lichen Liebe erzählen können. Du hättest mich in aller Form um meine Hand bitten

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