Kein Schatten ohne Licht
Andauernd muss jemand auftauchen und dir dein Leben retten! Das ist alles andere als beeindruckend!“
Melica drehte sich um, um zu antworten, aber Zane versetzte ihr einen so harten Stoß, dass sie ins Stolpern kam. Wütend knirschte sie mit den Zähnen. „Häusliche Gewalt ist beschissen“, erklärte sie wütend, bevor sie sich etwas aufrichtete und aus ganz eigener Kraft weiterging.
„ Deshalb sind wir ja auch nicht zu Hause.“
So gingen sie weiter. Ihre Lippen waren versiegelt. Doch zumindest Melicas Herz schien nicht still sein zu wollen. Es schrie Fragen zu Zane hinüber, doch ob sein Herz antwortete, konnten Melicas Ohren nicht sagen.
~*~
„ Melica?“ Aufgebracht lief Isak ihnen entgegen.
„ Isak.“ Stumpf schritt Melica an ihm vorbei, starrte eisern auf einen Punkt hinter ihn. Zumindest solange, bis ihr Blick auf den grauen Helikopter fiel. Sie fühlte, wie all ihre Gesichtszüge entglitten. „Sie sind noch immer nicht losgeflogen?“
„ Augenscheinlich warten sie noch auf Vany“, erklärte Isak achselzuckend. Ein winziges Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er erst auf Zanes Hand und dann in sein Gesicht sah. „Es ist wirklich nett von dir, dass du sie ihnen noch vorbeibringst.“
„ Nett ist mein zweiter Vorname“, sagte Zane lakonisch. „Warum habt ihr den Helikopter noch nicht in die Luft gejagt?“
„ Wir jagen nicht unsere eigenen Männer in die Luft.“
„ Ihr sentimentalen Weicheier! Sein Leben ist es nicht wert!“, blaffte Zane. „Ihr könntet Diana ein für alle Mal vernichten und ihr verzichtet darauf? Im Krieg muss man Opfer bringen, du Idiot!“
„ Du vergisst, wessen Schuld es ist, dass sie ihn überhaupt in ihrer Gewalt haben“, flüsterte Isak betreten und schüttelte energisch den Kopf. „Nein, Zane! Wir werden Tizian nicht einfach so im Stich lassen.“
Melica fühlte sich, als hätte ihr jemand eine Ladung mit eiskaltem Wasser über das Gesicht gegossen. „Tizian? Was hat Tizian damit zu tun?“ Sie hatte ihre Worte noch nicht ausgesprochen, da kam sie von ganz allein auf die Antwort. „Hexen können Dämonen in jemanden anderen verwandeln, nicht wahr?“ Ihre Gehirnzellen waren offenbar doch mehr als schlichte Dekoration.
„ Sie verwandeln einen nicht in jemanden anderen. Sie geben einem nur das Aussehen einer anderen Person“, korrigierte Zane, während er sie mit teilnahmsloser Miene musterte.
Ungläubig schüttelte Melica den Kopf. „Wir müssen ihn da doch rausholen!“, rief sie dann und schritt mit wild durch die Gegend fuchtelnden Armen auf Isak zu. „Worauf wartest du eigentlich noch? Es war euer behämmerter Plan, der ihn da reinge-“
„ Diana, Liebes!“ Melicas Worte gingen in einem ohrenbetäubenden Gebrüll unter. Schockiert riss Melica den Kopf herum.
Zane hielt Vanessas Kopf wie einen Pokal weit in die Luft und sprang dabei wie ein Verrückter auf und ab. „Diana! Schau mal, was ich hier habe!“
Melica verstand, was er damit bezweckte, doch sie verstand es zu spät. Die mächtigen Rotorenblätter des Hubschraubers hatten sich bereits in Bewegung gesetzt. Sekunden später erhob sich das Ungetüm.
Und Melica blieb nichts anderes übrig, als mit geöffnetem Mund in den Himmel zu starren und zu beobachten, wie sich der Helikopter langsam von ihnen entfernte, immer kleiner wurde und schließlich gar nicht mehr zu erkennen war.
„ Du bist ein Monster“, flüsterte sie mit bebenden Lippen. Sie hörte ihre eigene Stimme wie durch ein bizarres Rauschen. Ihr Verstand wiederholte die Worte immer und immer wieder, verfremdete sie, sodass Melica am Ende nicht einmal mehr wusste, von wem sie stammten und an wen sie gerichtet waren. In ihrem Kopf waren sie längst alle Monster.
~*~
Die Rückkehr im Antrum war so gedrückt wie unwirklich. Ein ganzes Empfangskomitee hatte sich halbkreisförmig in der Eingangshalle angeordnet und durchlöcherte sie mit Blicken. Und bei den teilweise mörderischen Gesichtsausdrücken sollten sie vielleicht ganz glücklich sein, dass sie nicht noch von etwas ganz anderem durchlöchert wurden.
„ Melica. Stefan. Jonathan. In mein Büro. Jetzt!“ Gregors Stimme peitschte wie ein Donnergrollen auf sie herab. Wenn es dort oben irgendwie so etwas wie ein Schicksal gab, irgendetwas, das über sie wachte und jeden ihrer Schritte beobachtete – es hätte sich vor Lachen gar nicht mehr halten können. Sie mussten so jämmerlich aussehen, wie sie mit gesenkten Köpfen und betretenen Gesichtern Gregor in sein
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