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Kein Schatten ohne Licht

Kein Schatten ohne Licht

Titel: Kein Schatten ohne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Guenter
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brüllen und zu sticheln, blieb Zane ganz ruhig. Und Melica sah, wie all die Trauer von Paula abfiel. Ihre kleine Schwester entspannte sich. Keine Spur mehr von Zorn, keine Spur mehr von Tränen. Stattdessen Licht und Hoffnung überall um sie herum.
    Mit totem und doch wild umherspringendem Herzen starrte Melica Zane an. Dies war der Augenblick, in dem sie ihn zum ersten Mal wirklich wahrnahm. Er war ein Zauberer, musste einer sein. Niemand sonst konnte solche Kunststücke einzig und allein mit seiner Stimme hervorbringen.
    „ Ich verstehe, dass du glücklich bist, wieder Zeit mit deiner Schwester verbringen zu können“, sagte Zane. Er richtete seine Worte jedoch nicht an Melica. Im Grunde genommen benahm er sich so, als wäre sie nicht mehr als heiße Luft für ihn. Melica war beleidigt.
    Paula war es nicht. Sie nickte hastig. „Ja. Es war doof, als Mel nicht zu Hause war. Aber wer bist du eigentlich?“
    „ Ich heiße Alaric“, erklärte Zane mit einer spöttischen Verbeugung. „Doch du kannst mich Rick nennen, wenn du magst.“
    „ Alaric?“ Es überraschte Melica, dass er sich mit diesem Namen vorstellte.
    Zane wandte ihr mit erhobener Augenbraue das Gesicht zu. „Für dich heiße ich immer noch Zane Sarcone. Nur Freunden gestatte ich, mich anders zu nennen.“
    „ Du bezeichnest Paula als deine Freundin, mich aber nicht?“
    „ Das habe ich damit andeuten wollen, ja“, erwiderte Zane lakonisch. Melica hatte nie geglaubt, dass man elegant dabei aussehen konnte, wenn man sich auf den Boden hockte, doch Zane gelang es. Doch mit jedem Zentimeter, dem er dem Holzfußboden näher kam, verlor er mehr von seiner ungewöhnlichen Präsenz. Nun schien er nicht mehr länger den gesamten Raum auszufüllen. „Paula? Kannst du mich und deine Schwester vielleicht für einen kurzen Augenblick allein lassen? Wir haben noch etwas zu besprechen.“
    Obwohl Paula nicht wirklich begeistert von diesem Vorschlag zu sein schien, erhob sie sich von Melicas Schreibtischstuhl. „Aber nur, wenn du darauf aufpasst, dass sie nicht schon wieder Mist baut!“, sagte sie dann und stemmte vorwurfsvoll die Hände in die Hüften.
    Wenn Zane überrascht war, dann verbarg er dies gut. „Ich beschütze sie mit meinem Leben“, versicherte er Paula im Brustton der Überzeugung und zwinkerte ihr zu. Dies schien ihr auszureichen. Paula verließ Melicas Zimmer.
    Als die Tür hinter Paula ins Schloss fiel, erwachte ihre Schwester aus einer Art Trance. „Will ich verstehen, was da gerade passiert ist?“
    „ Es interessiert mich nicht, ob du es verstehen willst, doch ich kann dir versichern, dass du es nicht verstehen könntest, selbst wenn du wolltest. Nicht einmal ich kann nachvollziehen, warum mich Kinder mögen.“
    „ Wenn du so mit mir sprechen würdest, wie gerade mit Paula, dann würde sogar ich dich mögen“, gab Melica gedankenverloren zu, bevor sie sich auf ihre Rolle der genervten Auserwählten zurückbesann und jegliche Emotion von ihrem Gesicht wischte.
    „ Das ist keine Kunst. Dich zu beeindrucken, ist glücklicherweise nicht schwer“, seufzte Zane und fuhr sich erschöpft über das Gesicht. „Doch wie du dir vielleicht denken kannst, ist das nicht der Grund, warum ich hier bin.“
    Irgendetwas an seinem Tonfall verriet Melica, dass sie gar nicht wissen wollte, was er zu sagen hatte. „Hat Isak mich verpetzt?“, fragte sie. Sie setzte sich etwas auf, rutschte ein wenig zurück, sodass sie sich mit ihrem Rücken gegen die schwere Rückenlehne ihres Bettes lehnen konnte. Ihre Hoffnung, sie würde sich nicht mehr ganz so seltsam fühlen, wenn sie aufrecht saß, schwand. Sie fühlte sich noch immer seltsam. Eine Auswirkung hatte ihr Positionswechsel allerdings dennoch.
    Melica beobachtete, wie Zane sich ohne zu zögern neben sie setzte. Sie spürte die unheilvolle Hitze, die sein Körper ausstrahlte.
    Ein vertrauter Duft stieg ihr in die Nase und jagte ihr einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Wie konnte es sein, dass sie selbst nach all dieser Zeit noch so stark auf ihn reagierte? Verdammte Seelenverwandtschaft.
    Mit einem leisen Seufzen legte Zane den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. „Er macht sich Sorgen um dich.“
    Nur mit Mühe konnte sich Melica daran erinnern, auf welche Frage er dort antwortete. Ihm so nahe zu sein, überforderte ihre Sinne. „Es ist seine Schuld“, flüsterte sie und hasste sich selbst, als sie ihre furchtbar krächzende Stimme hörte. Wenn sie so weitermachte, würde

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