Kein Schatten ohne Licht
es geschehen wird! Irgendwann sind wir hier, glücklich! Das weiß ich ganz sicher! Ich wollte nur nicht länger warten!“
„ Luzius, ich weiß nicht, wie du darauf kommst. Wirklich nicht. Doch ich kann dir versprechen, dass es niemals geschehen wird. Ich liebe mein richtiges Zuhause und ich liebe Familie! Und ich will, dass du mich zurückbringst. Bitte!“
„ Nein!“ Er brüllte förmlich. „Nein!“ Mit einem Satz sprang er von ihrem Bett auf und riss die Hände in die Höhe. „Niemals!“ Den Bruchteil einer Sekunde später war alles still. Luzius war wieder verschwunden.
Erleichterung und Verzweiflung durchströmten sie zu gleichen Teilen. Erschöpft ließ sie sich zurück auf den Rücken fallen. Sie sollte versuchen, zu schlafen. Luzius konnte ihr vielleicht ihre Freiheit nehmen, doch wenn ihr eines sicher war, dann waren es ihre Träume.
~*~
Es dauerte seine Zeit, doch irgendwann musste auch Melica einsehen, dass man nicht den ganzen Tag verschlafen konnte. Dabei hatte sie es wirklich versucht. Nach einigen Stunden jedoch hatte ihre Müdigkeit einfach nicht mehr ausgereicht, um sie erneut in das Reich der Träume flüchten zu lassen.
Einfach liegenzubleiben, kam auch nicht gerade infrage. Ohne wirkliche Beschäftigung hätte es nicht lange gedauert, bis die Gedanken zurückkämen. Und wenn Melica etwas befürchtete, dann, darüber nachdenken zu müssen, in welcher auswegslosen Situation sie sich momentan befand. Das Ende würde doch ohnehin irgendwann kommen. Da nützte es auch nichts, wenn sie davor stundenlang depressiv durch die Gegend stierte oder melancholische Denkanstöße erkundete, die nicht einmal die bekanntesten Philosophen aller Zeiten nachvollziehen könnten.
Stattdessen stand sie auf, strich sich in einer fast schon gleichgültigen Geste die Hose glatt und verließ den Raum. Sie trat auf einen geräumigen Flur, ähnlich dekoriert wie ihr Zimmer, mit hellen Wänden und schweren, roten Vorhängen. Das ganze Hotel hatte einen geradezu altmodischen Flair, eine Sache, die Melica vielleicht sogar gemocht hätte, wenn sie freiwillig dort gewesen wäre. In diesem Moment fühlte sie sich allerdings fast schon etwas verloren, als sie die langen und menschenleeren Gänge hinunterblickte. Die Angst packte sie unerwartet heftig. Wenn Diana, Luzius und sie die einzigen Wesen in diesem riesigen Hotel waren, dann würde sie irgendwann einmal vor Langeweile sterben. Eigentlich nicht die schlimmste Todesursache, wenn man bedachte, was Luzius ihr sonst noch alles antun konnte.
Eine Hand legte sich auf ihren Rücken. Im letzten Bruchteil der Sekunde gelang es ihr, den gellenden Aufschrei zu unterdrücken, der aus ihrer Kehle schießen wollte. Eine große Gestalt türmte hoch über ihr auf. „Na? Kennst du mich noch?“ Der Fremde hauchte die Worte mehr, als dass er sie sprach, sodass sein Atem heiß und unangenehm über ihr Gesicht strich.
Ein Gefühl des Ekels brannte ihr auf und ließ sie automatisch zurückweichen. Ihre Reaktion löste ein schiefes Grinsen im Gesicht des fast hageren Mannes aus. „Sprachlos?“
„ Angeekelt“, gab Melica sofort zurück. Sie wusste nicht, wer dieser Mann war, doch er war ihr zutiefst zuwider. Nicht nur, weil er sie dermaßen erschreckt hatte, sondern auch aufgrund seines Grinsens. Es war kalt, lieblos. Gefährlich. „Du bist nicht zufällig mit Luzius verwandt, oder?“
Sie hatte nicht erwartet, mit dieser Frage ein solches Meer an Gefühlen in dem Fremden auszulösen. „Du glaubst gar nicht... wie stolz ich...“
Abwehrend hob Melica die Hand. „Das will ich gar nicht hören. Ehrlich nicht. Ich dachte das nur, weil... ihr habt das gleiche Lächeln.“ Das gleiche psychotische Grinsen, das einfach nur Angst machte.
Wie er dort so stand, sah der Fremde beinahe zufrieden aus. „Luzius hat keine Verwandten. Er lebt immerhin seit Anbeginn der Zeit“, erklärte er ruhig. „Mein Name ist Jareth Barkley.“
Ein interessanter Name. Wirklich deutsch klang das ja nicht gerade. Dabei sah Jareth aus wie der Klischeedeutsche. Kurz geschorenes, blondes Haar, blaue Augen und ein schmales, fast schon hageres Gesicht. Er war sehr groß, mit Sicherheit so groß wie Jim und strahlte trotz seiner eher schlanken Statur geballte Kraft aus. Sie würde es sich mit Sicherheit zweimal überlegen, bevor sie sich mit ihm anlegte.
„ Genug gesehen?“, spottete der Mann leise, während er sich kurz bückte und ein kleines Tablett in die Höhe hob. Melica bemerkte es zum ersten
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