Kein Sex ist auch keine Loesung
ayurvedische Süßigkeiten?»
Yvonne alias Mashavna hat uns in der dunklen Ecke aufgespürt und hält uns nun, statt der Teufelspflaumen, einen Teller mit
bunten, klebrigen Klumpen unter die Nase. Meinen angewiderten Gesichtsausdruck im Auge behaltend, beeilt sie sich hinzuzufügen:
«Die sind wirklich süß und total lecker. Und nur mit organischen, makrobiotischen Zutaten hergestellt.»
Elisa und ich verlassen fluchtartig die Party und fahren direkt zu mir, um dort den Kühlschrank nach ungesunden, weltlichen
Kostbarkeiten abzusuchen.
Leider – oder sagen wir lieber, zum Glück – kommen wir nicht weit, denn meine Essensvorräte beschränken sich auf ein Glas
Rollmöpse, eine Packung Cornflakes, Mikrowellen-Kost und eine Tüte Erdnussflips. Ach ja – und eine Flasche Ouzo.
Der muss als Erstes dran glauben. Nach dem dritten Glas wird Elisa warm, und ich werde mutig. Jetzt ist die Tüte Erdnussflips
dran. Schon recht angeheitert beginnen wir damit, uns abwechselnd zu bewerfen beziehungsweise die Biester mit dem Mund aufzufangen.
«Komm schon», heize ich sie an, «du musst dich ein bisschen mehr anstrengen, es steht schon zehn zu drei.»
«Könnte das vielleicht auch daran liegen, dass du die größere Klappe hast?», gibt Elisa grinsend zurück und springt gleich
darauf in die Höhe, um einen in der Luft zu fangen.
|173| «So ein Quatsch.» Ich tue leicht beleidigt. «Ihr Frauen seid doch den ganzen Tag wie die Gänse am Schnattern. Eigentlich müsstest
du fünf von den Dingern gleichzeitig fangen können», necke ich sie und bombardiere sie daraufhin mit einer ganzen Handvoll
Flips. Dummerweise driften die Teile im Flug auseinander, sodass Elisa sich erst in die eine und dann blitzschnell in die
andere Richtung wirft, wobei sie auf den Küchenfliesen ausrutscht und der Länge nach hinfällt. Sie stößt einen spitzen Schrei
aus, dann liegt sie regungslos und mit geschlossenen Augen da.
Ich bekomme einen Riesenschreck, knie mich hin und berühre sie leicht an der Schulter.
«Lisa? Alles in Ordnung? Hast du dir wehgetan?»
Ob hier schon Mund-zu-Mund-Beatmung erforderlich ist? Dummerweise kann ich mich an meinen Erste-Hilfe-Kurs von vor 13 Jahren (herrje – ist das ein Omen?) nur noch schemenhaft erinnern. Und das geht nicht nur auf das Konto der drei Ouzo.
«Komm schon, Baby, sag doch was!»
Aufwachen. Jetzt! Sofort!
Elisa reißt die Augen auf und legt eine blendend weiße Zahnreihe frei, in deren Mitte sie einen Erdnussflip eingeklemmt hat.
Kaum verständlich nuschelt sie: «Einen hab ich immerhin!»
Dabei muss sie aber auch gleich loslachen, weil ich mich hier gerade mit besorgtem Blick zum Affen mache und dank der heruntergebeugten
Haltung – inklusive meiner aus dieser Perspektive vermutlich hängenden Lefzen – auch wie einer aussehe.
«Na warte!»
|174| Ohne Vorwarnung (ich wurde selbst nicht gewarnt) nehme ich ihr Gesicht in beide Hände und küsse sie gierig. Erst ziert sie
sich ein bisschen, doch dann wälzen wir uns ungestüm auf dem harten, mit Flips übersäten Küchenfußboden. Und während meine
Hände lustvoll ihren Hintern kneten, bin ich ganz nebenbei noch für einen Geistesblitz empfänglich: Es ist das dritte Mal.
Ab jetzt würde es Probleme geben, auch wenn zurzeit noch nichts darauf schließen lässt. Im Gegenteil. Momentan deutet alles
darauf hin, dass dies ein ziemlich geiler Abend wird. Und um wieder auf andere Gedanken zu kommen, reiße ich ihr das störende
Oberteil vom Leib. Mit jeder Zelle meines Körpers fühle, schmecke und rieche ich jetzt Elisa. Da ist kein Platz mehr für kritische
Gedanken.
Die enthaltsame Woche hat mich so scharf gemacht, dass ich keinen Schmerz spüre, auch nicht, als ich nach unserem wohl letzten
und besten Sex auf den Überresten meiner Pizza vom Mittwoch, nebst Essbesteck, zum Liegen komme.
Nun mag es der eine oder andere vielleicht geschmacklos finden, eine Affäre zu beenden, während man noch ineinandersteckt,
aber für Pietät und Takt werde ich sowieso nie einen Preis bekommen. Ich muss die Sache abschließen, hier und jetzt, vor allem
aber, solange ich noch beschwipst bin.
Kurz liebäugele ich damit, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen und es – entgegen allen goldenen Regeln – auf ein viertes
Mal ankommen zu lassen, aber nein, die Akte Elisa muss geschlossen werden. Ab jetzt ist es nämlich nur noch eine Frage der
Zeit, bis sie anfängt zu klammern, mein |175| Leben
Weitere Kostenlose Bücher