Kein Sex ist auch keine Loesung
weiblichen Wesens macht mich aggressiv.
Ich meine, ich kann die Gegenwart einer Frau durchaus genießen. So, wie man Crème Caramel genießt: ab und zu und in Maßen.
Manchmal auch etwas mehr, dafür dann wieder eine Zeit lang gar nicht. Sonst hat man sie schnell über.
Nachdem ich nun im Begriff bin, meine eingangs aufgestellte Regel «Nie mehr als dreimal Sex mit der gleichen Frau» selbst
über den Haufen zu werfen, kommen wir zur Abwandlung derselben, die da lautet:
Wenn man durch widrige Umstände für einen temporären, nicht näher definierten Zeitraum mit einer Frau zusammenwohnt, darf
man mit dieser so oft schlafen, wie man möchte. Die Sache findet ihr automatisches Ende, wenn eine der Parteien auszieht oder
keinen Sex mehr haben möchte.
Elisa hat ihren Einzug bereits für kommenden Sonntag angekündigt, sodass mir nur noch wenig Zeit bleibt, mich auf die herannahende
Veränderung einzustellen. Ich beschließe aber, keine Anstrengungen in Richtung Aufräumen zu unternehmen und auch keine sonstigen
Vorkehrungen zu treffen, aus denen man schlussfolgern könnte, ich würde mich nicht artgerecht verhalten oder mich gar verstellen.
Schließlich ist dies eine reine Zweck-WG, und ich werde deshalb weder vorübergehend noch dauerhaft zu einem ordentlichen Charakter
konvertieren.
|179| Wir beide werden unser Leben ganz normal weiterführen, ohne dabei irgendwie Rücksicht auf den anderen zu nehmen. Alles, was
ich diesbezüglich zu tun gedenke, ist, meinen Zweitschlüssel bei Vince abzuholen, damit Elisa ihn benutzen kann. Vorübergehend,
versteht sich.
Gut, vielleicht werde ich doch auch noch ein paar Sachen sortieren und das Bad putzen. Und wenn ich schon mal dabei bin, kann
ich auch gleich die Rollos anbringen, die meine Mutter mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hat. Und dann schnell noch
den Müll runterbringen. Und ein paar Einkäufe erledigen.
Aber sonst nichts!
«Du hast die Rollos angebracht?»
Am Freitagabend des besagten Wochenendes sitze ich mit Vince und Luke im
Maxims
. In erster Linie um mir moralische Unterstützung zu holen und die beiden für den Umzug zu engagieren. In zweiter Linie –
und Ihnen kann ich es ja sagen – fühle ich mich ein bisschen so, als gälte es, einen Junggesellenabschied zu feiern. Meinen
nämlich. Dabei nehme ich lediglich für ein paar Wochen einen Mitbewohner weiblichen Geschlechts bei mir auf, mit dem ich zufällig
auch schlafe. Manche Leute nennen das einen glücklichen Wink des Schicksals, ich finde das vorerst einen guten Grund zum Saufen.
Nur Luke versteht die Sache offenbar falsch, denn er grinst die ganze Zeit albern in seinen BB Q-Burger .
«Und ich dachte, du wolltest die Rollos unbenutzt deinen Enkelkindern vererben.»
«Sehr witzig. Ach komm schon, du Idiot. Du würdest auch wollen, dass deine Gäste sich bei dir wohl fühlen.»
|180| «Ja, klar. Aber erstens bringe ich nicht tagelang die Bude auf Vordermann, um dabei zweitens ständig zu betonen, dass ich
mich ganz normal verhalte.» Er grinst immer noch.
Ich finde ja, es reicht schon, wenn man bei komischen Verhaltensweisen ertappt wird, man möchte aber, bitte schön, nicht auch
noch darauf hingewiesen werden. Ich meine, Sie kennen das vielleicht: Man kriegt einen fiesen, großen, roten Pickel mitten
im Gesicht, gibt sich alle Mühe, diesen gekonnt zu verarzten und in besonders hartnäckigen Fällen auch mal zu überdecken,
und was passiert dann? Der erstbeste Bekannte, der einem über den Weg läuft, sagt: O Gott, was hast du denn da? Kriegst du
etwa einen Pickel?
«Zum Thema ‹abnormales Verhalten› kannst du aber durchaus mitreden», spiele ich auf meinen Spontanbesuch in der Spieler-WG
an. «Vielleicht sagst du mir mal, was da eigentlich los war?»
Luke hört auf zu kauen, seine Miene verfinstert sich, und gleich darauf geht es auch schon wieder los. Er lässt seine Augen
verschwörerisch von links nach rechts kullern. Ich folge seinem Blick und sehe, wie Vince gerade in der Speisekarte nach einem
Dessert fahndet. Verstehe.
«Du meinst, du kannst es nicht sagen, weil Vince dabei ist?»
Wenn Luke nicht gerade ein Viertelpfund Hackfleisch im Mund hätte, würde er sich vermutlich zu einem «Pschschscht!» hinreißen
lassen. So schaut er nur kurz genervt zur Kneipendecke, ehe er mir einen Blick schenkt, der selbst Gülcan Kamps zum Schweigen
gebracht hätte. Vince, der hochkonzentriert irgendwo zwischen Roter Grütze und
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