Kein Sex ist auch keine Loesung
aus Funkstille.
Offenbar hält er mich nach wie vor für einen geschmacklosen Hochverräter, der nicht mal davor zurückschreckt, seine kleinbrüstige
Frau zu bumsen. Dass so etwas nicht mein Stil ist, wird er schon noch irgendwann merken.
Mehr Sorgen mache ich mir eigentlich wegen Luke.
Der hat nämlich heute Morgen – mit fadenscheinigen Ausreden und verschlafener Stimme – seine Hilfe abgesagt:
«Ähem, Tom, du weißt ja, ich bin sonst immer dabei, aber ausgerechnet heute … ähem …» Und dann wurde seine Stimme immer leiser, sodass ich sein geflüstertes «Ich bin nicht allein» kaum noch hören konnte.
Als wenn er
jemals
sonntags allein aufwachen würde! |202| Ich finde allerdings, er hätte sich wenigstens heute mal zusammenreißen können, um seinem guten Kumpel unter die Arme zu greifen.
Die Tussi hätte er ja meinetwegen mitbringen können, schließlich kann man beim Umzug nicht genug Helfer haben.
«Du verstehst das nicht», entgegnete er lapidar auf mein Genörgel und den Vorschlag, wenigstens zwei geschlechtsverkehrfreie
Stunden einzulegen.
«Tu ich auch nicht», waren somit meine letzten Worte, ehe ich wütend auflegte. Aber wer braucht schon Freunde, wenn er Arbeitskollegen
hat, und Elisa konnte davon, dank ihres Jungmädchencharmes, eine ganz ansehnliche Truppe zusammentrommeln.
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass jeder der ausschließlich männlichen Umzugshelfer viele Muskeln, wenig Hals
und noch weniger Grips hat. Was sie dafür aber alle haben, ist die wahnwitzige Idee, Elisa könnte ihnen zum Dank am Abend
den Nacken massieren. Oder etwas anderes.
Harrr.
Ich bin natürlich mindestens genauso nackenmassageempfangsberechtigt, da ich nicht nur nach Kräften mitschleppe, sondern der
sabbernden Muckibudenhorde auch noch Pizza spendiere. Ja, so kennt man mich.
Elisa geht jedenfalls voll und ganz in ihrer Rolle als Oberbefehlshaber über die Anabolika-Truppe auf:
«Zeig mal, zeig mal … aaaah, rosa Punkt, bitte auf den Kistenstapel, ja genau – nein, Vorsicht mit dem grünen Punkt, da sind zerbrechliche Sachen
drin und – Haaaalt! Nicht übereinanderstellen, da muss ich gleich ran … Hat jemand den Karton mit der aufgemalten gelben Blume gesehen? |203| … Die Kleiderkartons bitte NICHT auf den Kopf stellen … Blauer Punkt? Gleich ins Bad!»
Mir wird schwindelig.
Normalerweise lasse ich mich ja nicht so gerne herumkommandieren, aber Elisa ist außerdem auch Großmeisterin im Umgang mit
Zuckerbrot und Peitsche. Kaum wischt sich mal jemand den Schweiß von der Stirn oder gibt ein Geräusch von sich, das auch nur
ansatzweise wie ein erschöpftes Stöhnen klingt, schlägt sie sich die Hände vors Gesicht und sagt: «Ach, ihr seid so toll,
wie kann ich euch nur danken?» (Da haben sicher selbst die Gehirn- und Halslosen eine Idee.) Dazu wirft sie ununterbrochen
entweder lasziv ihre Haare zurück oder mit Kusshänden um sich. Also, ich weiß jedenfalls, wovon die Jungs diese Nacht träumen
werden.
Immerhin, dank der freigesetzten Hormone laden wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit endlich den letzten der fünfundvierzig
(!) Kartons bei mir ab. Zum Glück hat Elisa nur eine überschaubare Anzahl Möbelstücke, sonst müsste ich vermutlich vorübergehend
ausziehen.
Ich habe ihr das Zimmer zugedacht, das ich vorher entweder zum Hanteltraining, Wäschetrocknen, Luftgitarrespielen oder Verstecken
von Unordnung benutzt hatte. Und obwohl der Raum jetzt leer ist und so eigentlich recht geräumig wirkt, scheint es mir momentan
wahrscheinlicher, dass mir noch heute Abend eine Idee kommt, wie man den Atommüll entsorgen kann, als die Erleuchtung, wie
Elisas gesamter Krempel hier hineinpassen könnte.
Einmal mehr wird hier anschaulich demonstriert, was das Ergebnis jahrhundertelangen Forschens ist: Männer sind Jäger und Frauen
Sammler. Während wir Männer |204| nämlich den Tag damit verbringen, für unser Überleben unabdingbaren Werten nachzujagen (Ruhm, Geld, Informationen über weltpolitische
Ereignisse, Essen, Autos und Frauen), vertrödeln Frauen ihre Zeit mit dem Sammeln von unnützen Dingen (Schuhe, Cremes, Diätpläne,
Adressen von Schönheitschirurgen und Fitnessstudios, die sie voraussichtlich niemals besuchen werden – man könnte hier endlos
weitermachen).
Zugegeben, die zunehmende Vereinigung der Geschlechter auch auf sozialer Ebene hat dazu geführt, dass der alleinlebende Jäger
vermehrt dazu neigt, das
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