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Kein Sex ist auch keine Loesung

Kein Sex ist auch keine Loesung

Titel: Kein Sex ist auch keine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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einzuschüchtern.
    «Hm, genauso klingt Susies Handy, wenn sie eine SMS bekommt», erklärt Vince grübelnd.
    «Das», sage ich in ungewollt scharfem Tonfall, «war aber
mein
Handy.»
    Die Worte hängen noch im Raum, als ich mein Telefon |193| schräg hinter Vince auf der Kommode liegen sehe. Und mit demselben hypnotischen Blick, der eben bei Mäxchen so gut funktioniert
     hat, stiere ich nun mein Handy an.
    Vince steht nach wie vor unentschlossen im Zimmer herum, als er plötzlich kehrtmacht, den Kinderkorb absetzt, sich an die
     Stirn schlägt und ausruft: «Na klar! Ich bin ja so blöd! So blind!»
    Ich werde wohl nie erfahren, welcher Geistesblitz meinen Freund durchzuckt hat. Vor Schreck trete ich nämlich einen Schritt
     zurück und stoße dabei gegen die Wasserflasche, die auf dem Fernseher steht. Sie fällt herunter, knallt auf einen am Boden
     stehenden Teller (warum bin ich nur so unordentlich?!), und das daraufliegende Essbesteck wird durch die Luft katapultiert
     und dabei gleichmäßig mit hochexplosiver Kohlensäure besprüht. Auch Mäxchen, der das Spektakel bis dahin noch interessiert,
     aber schweigend verfolgt hatte, kriegt eine unfreiwillige Dusche.
    Sofort geht das Krakeele los. Und selbst wenn Susanne zum Abendessen einen Betäubungsmittel-Auflauf zu sich genommen hätte
     – immerhin hat sie ja auch schon die Türklingel verschlafen   –, würde sie nun, in spätestens drei Sekunden, in der Tür stehen.
    «Vince, ich kriege das hier auch allein hin, geh doch schon mal los», schaffe ich gerade noch zu sagen, ehe ich an seinen
     aufgerissenen Augen erkennen kann, dass sich hinter meinem Rücken offenbar etwas tut. Langsam drehe ich mich um.
    Im Türrahmen steht Susanne, notdürftig mit meinem viel zu großen Bademantel bekleidet. Leider hat sie das Ding nicht zugebunden,
     weshalb für alle Welt deutlich zu |194| erkennen sein dürfte, dass sie darunter – mir bleibt auch nichts erspart – nackt ist. Nein, halt! Nackt wäre ja noch nicht
     so schlimm. Den albtraumhaften Wollschlüpfer trägt sie natürlich noch (hatte sie nicht gestern noch ein Unterhemd an?).
    Scheinbar unbeeindruckt von dem Spektakel im Wohnzimmer, guckt Susanne mich verschlafen an und fragt, wie man es gelangweilter
     nicht hätte vorbringen können: «Hast du meine Kleider irgendwo gesehen?»
     
    Ich will es mal so sagen: Ein Teil von mir ist froh, dass er nun nicht mehr den restlichen Vormittag damit verbringen muss,
     den weinerlichen Vince zu trösten und vor allem zu belügen. Ein anderer Teil denkt an Flucht, und dann ist da noch ein sehr,
     sehr kleiner Teil von mir, der einen kurzen Moment auf Susannes Busen starrt, ehe mein gesamter Körper von dem Blick meines
     vormals besten Freundes durchbohrt wird.
    Wir drei stehen in meinem Wohnzimmer verteilt, als würden wir gleich mit lustigem Ballwerfen beginnen. Vorerst werfen wir
     jedoch nur mit tödlichen Blicken. Ein Zustand, den man getrost als «die Ruhe vor dem Sturm» bezeichnen kann.
    Dann folgen allerdings sogleich die Vorboten des Orkans, denn Vince schnappt sich das hyperventilierende Kind und steuert
     zur Tür. Im Türrahmen bleibt er nochmal stehen und dreht sich um. Doch der Orkan bleibt aus.
    Es kommt noch viel schlimmer.
    Vince macht das traurige Gesicht von jemandem, der Vater und Mutter auf einmal verloren hat. Oder besser: Freund und Freundin,
     schließlich haben wir ihn ja gemeinsam |195| betrogen. Denkt er jedenfalls. Psychologische Kriegsführung nennt man das, glaube ich. Und wenn mich diese fast toten Augen
     nicht derart eingeschüchtert hätten, wäre es jetzt eigentlich an der Zeit, wütend zu werden.
    Was denkt der sich denn bitte schön? Dass ich trotz meines zugegebenermaßen ausgeprägten Interesses am weiblichen Geschlecht
     nicht doch noch so etwas wie Ehrgefühl im Leibe trage? Da kennt er mich aber schlechter, als ich dachte.
    Es ist nämlich so, in meinem Leben gibt es ein paar feste Regeln, an die ich mich immer halte. Eine davon lautet zwar nicht:
     Die Freundin des besten Freundes ist tabu. Aber so ähnlich: Die Freundin des besten Freundes ist tabu, wenn du sie nicht attraktiv
     findest. Denn den Ärger, den du dir bei dieser Sache einhandelst, sollte sie wenigstens wert sein.
    Nur, wie zum Henker macht man seinem besten Freund klar, dass sich dessen Freundin – oder noch schlimmer: dessen Ehefrau –
     für den eigenen Geschmack jenseits der Schöntrinkgrenze bewegt? Das nimmt der einem nämlich am Ende noch krummer, als

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