Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One
nickte.
Dimonte fragte ihn, ob in Bezug auf das Opfer in letzter Zeit etwas Ungewöhnliches vorgefallen sei. Ja, antwortete Arturo. Und was? Rebecca hatte gestern einen Anruf bekommen und danach war sie ganz verstört gewesen. Wer angerufen hatte? Arturo wusste es nicht genau, aber eine Stunde später - es war vielleicht auch schneller gegangen, Arturo war sich nicht sicher - war ein Mann vorbeigekommen, um mit Rebecca zu sprechen. Als der Mann wieder ging, war Rebecca völlig am Ende gewesen.
Wissen Sie noch, wie der Mann hieß?
»Beck«, sagte Arturo. »Sie nannte ihn Beck.«
Shauna steckte Marks Laken in den Trockner. Linda erschien hinter ihr.
»Er macht wieder ins Bett«, sagte Linda.
»Du merkst aber auch alles.«
»Ach komm, sei nicht so.« Linda ging. Shauna öffnete den Mund, um sich zu entschuldigen, bekam aber kein Wort heraus. Als sie das erste Mal - das einzige Mal - aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war, hatte Mark das sehr übel aufgenommen. Damals hatte das mit dem Bettnässen angefangen. Als Linda und sie sich versöhnt hatten, hörte es wieder auf. Bis jetzt.
»Er weiß, was los ist«, sagte Linda. »Er spürt die Spannungen.«
»Und was kann ich dagegen tun, Linda?«
»Das Nötige.«
»Ich zieh nicht wieder aus. Das hab ich dir versprochen.«
»Das reicht aber offenbar nicht.«
Shauna warf ein Weichspülvlies in die Waschmaschine. Ihr Gesicht wirkte abgespannt. Das konnte sie jetzt wirklich nicht brauchen. Sie war ein hoch bezahltes Modell. Sie konnte nicht mit Tränensäcken und stumpfem Haar bei der Arbeit erscheinen. Diesen Scheiß konnte sie einfach nicht brauchen.
Sie hatte das alles satt. Sie hatte diese Häuslichkeit satt, die einfach nicht zu ihr passte. Sie hatte den Druck dieser verdammten Gutmenschen satt. Dabei war die Bigotterie gar nicht das Hauptproblem. Aber der Druck, der auf ein lesbisches Paar mit Kind ausgeübt wurde - und zwar von vermeintlich wohlgesinnten Freunden -, nahm einem die Luft zum Atmen. Die glaubten, wenn ihre Beziehung scheiterte, würde gleich das ganze Konzept der lesbischen Liebe mit den Bach runtergehen, und lauter solchen Mist. Als ob Hetero-Paare sich nie trennten. Shauna war keine Vorkämpferin. So viel war klar. Ob es nun selbstsüchtig war oder nicht, sie würde sich nicht im Namen des Allgemeinwohls opfern.
Sie fragte sich, ob es Linda genauso ging.
»Ich liebe dich«, sagte Linda.
»Ich liebe dich auch.«
Sie sahen sich an. Mark machte wieder ins Bett. Fürs Allgemeinwohl würde Shauna sich nicht opfern. Für Mark schon.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Linda.
»Wir biegen das wieder gerade.«
»Meinst du, wir kriegen das hin?«
»Liebst du mich?«
»Das weißt du doch«, erwiderte Linda.
»Hältst du mich immer noch für das aufregendste und vollkommenste Wesen, das je auf Gottes grüner Erde gewandelt ist?«
»Aber ja doch«, beteuerte Linda.
»Ich auch.« Shauna lächelte ihr zu. »Ich bin ein narzisstisches Miststück.«
»Aber ja doch.«
»Aber dein narzisstisches Miststück.«
»Ganz genau.«
Shauna trat näher an sie heran. »Ich bin nicht für ein Leben mit einfachen Beziehungen geschaffen. Ich bin unbeständig.«
»Du bist sexy, wenn du unbeständig bist«, sagte Linda.
»Ich bin sogar sexy, wenn ich’s nicht bin.«
»Halt die Klappe und küss mich.«
Es klingelte an der Haustür. Linda sah Shauna an. Die zuckte die Achseln. Linda drückte den Knopf der Gegensprechanlage und sagte: »Ja?«
»Spreche ich mit Linda Beck?«
»Wer ist da?«
»Hier ist Special Agent Kimberly Green vom Federeal Bureau of Investigation. Ich bin mit meinem Partner Special Agent Rick Peck hier. Wir würden gerne raufkommen und Ihnen ein paar Fragen stellen.«
Shauna beugte sich vor, ehe Linda etwas sagen konnte. »Unsere Anwältin heißt Hester Crimstein«, rief sie in die Gegensprechanlage. »Sie können sie anrufen.«
»Sie werden nicht verdächtigt, ein Verbrechen begangen zu haben. Wir würden Ihnen nur gern ein paar Fragen stellen …«
»Hester Crimstein«, unterbrach Shauna ihn. »Ihre Nummer haben Sie bestimmt. Und ansonsten wünsche ich Ihnen noch einen ganz besonders schönen Tag.«
Shauna ließ den Knopf los. Linda sah sie an. »Was war das denn?«
»Dein Bruder steckt in Schwierigkeiten.«
»Was?«
»Setz dich«, sagte Shauna. »Wir müssen reden.«
Raisa Markov, die Krankenschwester, die sich um Dr. Becks Großvater kümmerte, öffnete auf ein kräftiges Klopfen hin. Die Special Agents Carlson und
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