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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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erreichte, spürte ich, wie mir jemand eine Hand auf die Schulter legte. Erst sanft. Wie ein alter Freund, der sich von hinten angeschlichen hatte. Ich drehte mich um und sah gerade noch, dass es der Asiate mit den gefärbten Haaren war.
    Dann drückte er meine Schulter.

31
    Seine Finger bohrten sich wie Speerspitzen in das Gelenk. Schmerz - lähmender Schmerz - schoss meine linke Körperhälfte hinunter. Meine Knie gaben nach. Ich wollte schreien und mich wehren, konnte mich aber nicht bewegen. Vor uns hielt ein weißer Lieferwagen. Die Seitentür wurde aufgeschoben. Der Asiate ließ meine Schulter los und legte mir die Hand in den Nacken. Er presste seine Finger auf die beiden seitlichen Druckpunkte, und meine Augen verdrehten sich. Mit der anderen Hand spielte er an meiner Wirbelsäule herum, worauf ich mich nach vorn beugte. Ich spürte, wie ich mich krümmte.
    Er schob mich zum Lieferwagen. Durch die Schiebetür griffen Hände nach mir und zogen mich hinein. Ich stürzte auf den kalten Metallboden. Im Laderaum gab es keine Sitze. Die Tür wurde geschlossen. Der Lieferwagen reihte sich wieder in den fließenden Verkehr ein.
    Das Ganze - von der Hand auf meiner Schulter bis zum Losfahren des Lieferwagens - hatte vielleicht fünf Sekunden gedauert.
    Die Glock, dachte ich.
    Ich versuchte, danach zu greifen, aber jemand sprang mir auf den Rücken. Meine Hände wurden festgehalten. Ich vernahm ein Klicken und mein rechter Arm war mit Handschellen an den Wagenboden gefesselt. Sie drehten mich um und kugelten mir dabei fast die Schulter aus. Es waren zwei. Jetzt sah ich sie. Zwei Männer, beide weiß, beide um die dreißig. Ich konnte sie genau erkennen. Zu genau. Ich konnte sie identifizieren. Das musste ihnen klar sein.
    Das war nicht gut.
    Mit einer zweiten Handschelle fesselten sie meine andere Hand so, dass ich ausgestreckt auf dem Wagenboden lag. Dann setzten sie sich auf meine Beine. Ich war gefesselt und vollkommen ungeschützt.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich.
    Keiner antwortete. Hinter der nächsten Ecke hielt der Lieferwagen kurz an. Der große Asiate stieg ein und wir fuhren weiter. Er beugte sich zu mir herunter und schien mich mit einer Art wissenschaftlicher Neugier zu begutachten.
    »Warum waren Sie im Park?«, fragte er mich.
    Seine Stimme verblüffte mich. Ich hatte etwas Knurriges oder Bedrohliches erwartet, doch sie war hoch, freundlich, auf gespenstische Art kindlich.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich.
    Er rammte mir die Faust in den Bauch. Er schlug so hart zu, dass ich sicher war, dass seine Fingerknöchel den Boden des Lieferwagens berührt hatten. Ich versuchte, mich zu krümmen oder zusammenzurollen, aber durch die Fesseln und die auf meinen Beinen sitzenden Männer war das nicht möglich. Luft. Ich brauchte Luft. Dann hatte ich das Gefühl, ich müsste mich übergeben.
    Sie beobachten dich …
    Die ganzen Vorsichtsmaßnahmen - die E-Mails ohne Unterschrift, die Codewörter, die Warnungen - erschienen mir mit einem Mal vollkommen logisch. Elizabeth hatte Angst. Ich kannte noch nicht alle Antworten - eigentlich kannte ich keine einzige Antwort -, aber immerhin hatte ich endlich verstanden, dass die verschlüsselten Botschaften ihrer Angst entsprangen. Der Angst, entdeckt zu werden. Von diesen Typen entdeckt zu werden.
    Ich war am Ersticken. Jede einzelne Körperzelle gierte nach Sauerstoff. Schließlich nickte der Asiate den beiden anderen Männern zu. Sie ließen meine Knie los. Ich zog sie an die Brust, versuchte, Luft zu holen, und zuckte dabei wie ein Epileptiker. Nach einer Weile kam ich wieder zu Atem. Langsam kniete der Asiate neben mir nieder. Ich hielt seinem Blick stand. Oder versuchte es zumindest. Ich hatte nicht den Eindruck, einem Mitmenschen oder auch einem Tier in die Augen zu sehen. Er hatte die Augen eines leblosen Gegenstands. Wenn man einem Aktenschrank in die Augen sehen könnte, musste das ein ähnliches Gefühl sein.
    Doch ich wich seinem Blick nicht aus.
    Mein Peiniger war noch jung - höchstens 20 oder 25 Jahre alt. Er legte seine Hand direkt über dem Ellbogen auf die Innenseite meines Arms. »Was wollten Sie im Park?«, fragte er wieder in seinem Singsang.
    »Ich gehe gerne in den Park«, sagte ich.
    Er drückte zu. Mit nur zwei Fingern. Ich schnappte nach Luft. Die Finger schnitten durch mein Fleisch und gruben sich in einen Nervenstrang. Meine Augen traten aus ihren Höhlen. Nie zuvor hatte ich solche Schmerzen verspürt. Sie ergriffen vollständig Besitz von mir. Ich

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