Kein Tod wie der andere
müssen Sie meine Eltern fragen. Aber ich habe keinen Grund, eine solche Wohnung abzulehnen, wenn meine Eltern sie mir anbieten, oder?« Bonitzers Stimme war jetzt noch eine Spur ungeduldiger geworden. »Wollen Sie jetzt bitte Ihre Fragen stellen, ich möchte gern zurück ins Bett.«
»Sie können sich auch noch etwas anderes anziehen, wenn Sie es wünschen.«
»Bitte, fragen Sie endlich!«
Buhle hatte nicht vor, sie direkt mit ihren Vorwürfen zu konfrontieren. »Entschuldigen Sie bitte. Wir waren heute Morgen in Ihrem Institut, wir hatten ohnehin dort in der Nähe zu tun. Was den vorigen Donnerstag angeht, sagte man uns, dass es eher ungewöhnlich wäre, dass eine Doktorandin sich einen ganzen Nachmittag freinimmt.«
»Mit wem haben Sie gesprochen?« Die junge Frau reagierte ähnlich aufgebracht wie am Vortag, als ihre Arbeit zur Sprache kam.
»Ist das wichtig? Ich kann Sie aber beruhigen, Ihr Professor weilt derzeit im Ausland.«
»Trotzdem, ich hatte gehofft, Sie hätten verstanden, dass es für mich schädlich ist, wenn Sie im Institut auftauchen.«
»Ach, und warum?«
»Weil … weil es für den Ruf einer Doktorandin in einem renommierten Institut einfach Scheiße ist, das müssen Sie doch endlich mal kapieren.«
»Oder weil Sie dort genauso Lügen auftischen, wie Sie es bei uns versuchen, Frau Bonitzer?« Unvermittelt hatte Buhle sich aufgerichtet und war in seinem Tonfall kalt und energisch geworden. »Warum haben Sie Suzanne Altmüller letzten Donnerstag am Ufer der Sauer getroffen? Erzählen Sie es uns, erzählen Sie uns endlich die Wahrheit.«
Nanette Bonitzer saß stocksteif mit blinzelnden Augen und offenem Mund in ihrem Sessel und starrte Buhle an. Der legte noch einen nach.
»Meinen Sie wirklich, Sie kommen damit bei uns durch? Wissen Sie eigentlich, was das für Sie bedeutet? Wenn Sie nicht endlich den Mund aufmachen, Frau Bonitzer, dann müssen wir Sie mitnehmen. Ist Ihnen das klar?«
In diesen besonderen Augen von Nanette Bonitzer zeichnete sich jetzt Panik ab. Doch sie war offenbar zu überrascht, um auch nur einen Ton herauszubekommen.
Während Buhle seine Blick weiterhin auf die Frau gerichtet hielt, sprach nun Ducard mit sanfter Stimme zu ihr: »Frau Bonitzer, sehen Sie, es gibt vielleicht einen Grund, warum Sie sich mit Suzanne Altmüller getroffen haben, aber Sie müssen uns schon die Wahrheit sagen, und das haben Sie bislang nicht. Frau Bonitzer, es geht hier um Mord, um Mord an der Frau Ihres …«
Ducard brauchte den Satz nicht zu Ende zu sprechen. Nanette Bonitzer wusste augenscheinlich, was der luxemburgische Kommissar sagen wollte. Er dauert nur noch einen kurzen Moment, dann brachen bei ihr alle Dämme.
Als sie sich wieder gefangen hatte, redete sie. Alexander Altmüller hatte sie zum ersten Mal gesehen, als er bei seinen Recherchen auch in ihrem Institut gewesen war. Er war ihr sofort aufgefallen, weil er irgendetwas Besonderes in seiner Ausstrahlung hatte. Als sie mittags in die Pause gehen wollte, hatte er sie angesprochen und sie zum Essen eingeladen. Sie hatte sich sofort in ihn verliebt. Das war vor ungefähr einem halben Jahr gewesen.
Seitdem hatten sie sich, so oft es ging, gesehen. Altmüller legte allerdings Wert darauf, dass ihre Beziehung geheim blieb. Er hatte Familie und sie auch kein Interesse, dass eine Liaison zwischen ihr und einem im Institut recherchierenden Journalisten bekannt würde. Über ihre Arbeit hatten sie nur selten geredet.
»Frau Bonitzer«, Buhle sprach jetzt mit einem fast mitleidigen Ton, »Alexander Altmüller hatte geglaubt, er wäre an einer heißen Story dran. Da würde kein Journalist der Welt die Gelegenheit ungenutzt lassen, über seine Freundin an Interna zu kommen. Bitte, wir waren doch jetzt auf dem richtigen Weg.« Der traurige Blick der jungen Frau zeigte Buhle, dass er richtig lag.
»Er hat am Anfang nur so allgemeine Dinge gefragt. Dann irgendwann hat er Namen von Mitarbeitern aus dem IoV haben wollen.«
»IoV?«
» Institute of Virology Luxembourg , das IoV Lux. Ich kannte dort aber nur wenige Leute, weil wir Psychologinnen in einem ganz anderen Bereich forschen und deshalb nur wenige Berührungspunkte mit denen haben.« Sie stockte kurz, redete dann aber weiter, als ob sie es aufgegeben hätte zu lügen. »Ich habe aus unserer Datenbank Namenslisten mit Tätigkeitsbereichen erstellt. Dann wollte er mehr über die Forschungsaktivitäten des IoV wissen. Auch da habe ich in unserem Intranet nach Projektbeschreibungen
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