Kein Tod wie der andere
Frau hinterhergerannt und reichte ihnen einen Stapel mit Ausdrucken, auf denen die Betätigung der elektronischen Türöffner zu den Hochsicherheitslaboren für die letzten sechs Monate verzeichnet war: auf die Sekunde exakt und jeweils mit dem Code des Chipeigentümers versehen, der auf einem separaten Ausdruck dem Namen zugeordnet war.
»Und, was hältst du von Reno?«, fragte Ducard, als beide wieder in seinem Auto saßen.
»Ich weiß es noch nicht. Seine Angaben waren schlüssig, seine Reaktionen irgendwo auch. Ich kann ihn schlecht einschätzen.«
»Bis zur Jazz- CD hatte ich ihm tatsächlich geglaubt. Aber da hat er gelogen.«
»Wieso meinst du?«, fragte Buhle, erstaunt über die Selbstsicherheit seines Kollegen.
»Reno ist nicht der Typ, der Jazz hört. Aber da könnte ich mich natürlich auch täuschen«, schob er schnell nach, weil Buhle schon angesetzt hatte, ihm zu widersprechen. »Nur wenn, dann wüsste er auch noch, welche CD er ihm gebrannt hatte. Denn dann war es eine, die er selbst für spannend hielt und von der er wissen wollte, wie Dardenne sie findet.«
»Das ist nun doch etwas sehr spekulativ, oder?«
»Mag sein. Aber noch was: Mir kam es so vor, als ob er von dem Foto gar nicht überrascht war, als ob er es schon kannte. Er hat ja noch nicht einmal nachgefragt, woher wir es haben, obwohl er sonst ständig alles hinterfragt hat. Wenn du mich fragst, hat er das Foto schon einmal gesehen.«
Buhle war sich da zwar nicht so sicher, doch was das bedeuten würde, brauchte keiner der beiden erfahrenen Polizisten auszusprechen.
Es dauerte nicht lange, bis sie am Firmensitz der luxemburgischen Niederlassung von Miller&Fox eintrafen. Am Empfang sagte ihnen eine extrem geschminkte junge Frau, dass Dr. Dardenne heute im Büro sei. Es hörte sich an, als ob dies eher etwas Besonderes war.
Nachdem sie einen langen Flur im dritten Stock des modernen Bürogebäudes entlanggegangen waren, wechselten sie über einen komplett verglasten Übergang zum Nachbargebäude, das genauso modern, aber insgesamt funktionaler wirkte. Auch hier ging es wieder durch einen langen Flur, bis sie schließlich zum Büro von Dr. Eric Dardenne gelangten.
So wie der Institutsleiter ihn beschrieben hatte, schien sich Dardenne in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert zu haben. Vor ihnen stand ein für sein Alter bereits ausgesprochen gemütlich wirkender Mann, der sie überaus freundlich empfing. Schon fast neugierig fragte er die Polizisten, was sie denn zu ihm geführt hätte. Ducard verzichtete darauf, dem Pharmazeuten Details zu erläutern, sondern beließ es bei Untersuchungen zu einem Kapitaldelikt, die sie zum Institut für Virologie und zu Mario Reno geführt hätten. Zu beiden habe Dardenne Kontakt gehabt.
»Na ja, das stimmt nur zum Teil. Mit Mario treffe ich mich noch relativ regelmäßig. Wir hatten damals eine gute Zeit im Institut. Er ist ein absolut fähiger Laborant und hat mir sehr geholfen.«
»Wie häufig treffen Sie sich?«
»Vielleicht alle Vierteljahre, vielleicht auch etwas seltener. Ich habe momentan wirklich sehr viel zu tun.«
»Und wann war das letzte Mal?«
»Warten Sie, da muss ich nachschauen.« Dardenne öffnete offenbar den Terminkalender auf seinem PC und klickte sich durch die Wochen oder Monate. »Ja, hier haben wir es. Der 22. Februar, sechzehn Uhr, Echternach. Stimmt, ich kann mich noch erinnern. Er war ziemlich kalt, und wir sind bald in ein Café gegangen.«
»Über was haben Sie sich unterhalten?«
»Puh, das ist ja nun schon eine Weile her. Ich nehme an, wie immer über Fußball, Musik, das Glück und Unglück bei den Frauen.«
»Wer hat Glück, wer hat Unglück?«
Dardenne wurde ein wenig ernster. »Na ja, mich hat da schon das Glück getroffen. Mario, keine Ahnung, aber bei ihm wechseln die Frauen doch häufiger. Ist aber auch seine Sache.«
»Und über Musik unterhalten Sie sich.«
»Ja, aber warum interessiert das die Polizei?«
»Über welche Musik haben Sie sich denn unterhalten?«
Dardenne schien zu überlegen. Dann hellte sich seine Miene auf, als ob ihm etwas eingefallen sei. »Ja, jetzt weiß ich es wieder. Mario hatte irgendwo eine spannende CD aufgetan: Ketil Bjørnstad, ›Seafarer’s Song‹ . Keine Ahnung, wie man die Musik zuordnen kann, aber außerordentlich eindrucksvoll. Er hatte mir sogar eine CD von ihm mitgebracht.«
»Eine gebrannte CD ?«
Dardenne sah jetzt etwas zögerlich von einem Polizisten zum anderen.
»Herr
Weitere Kostenlose Bücher