Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
Vom Netzwerk:
Leistung einer guten Psychologin gewesen? Er hatte sich das oft gefragt. Bisweilen nächtelang darüber gegrübelt. Hatte vergeblich auf deutliche Zeichen von ihr gewartet. Selbst war er auch nicht in der Lage, eigene Impulse zu setzen, zu fremd war für ihn die Situation, zu unsicher bewegte er sich auf dem Terrain zwischenmenschlicher Beziehungen, das er fast zwei Jahrzehnte in jeglicher Ausprägung gemieden hatte.
    »Du musst nicht unbedingt antworten, wenn es zu privat ist.« Ducard spürte offensichtlich, wie schwer Buhle die Antwort fiel.
    Sie fuhren immer noch entlang der Sauer durch ausgeprägte Mäander in dem engen Talabschnitt nördlich von Bollendorf. Die bis weit nach unten bewaldeten Hänge leuchteten im Licht der hoch stehenden Sonne in dem noch frischen Grün des angehenden Sommers. An einzelnen Stellen ragten die stattlichen Sandsteinfelsen hervor und verliehen dem Tal einen wild-romantischen Charakter.
    »Wenn ich ehrlich sein soll … Henri, ich weiß es nicht.« Buhle hatte bislang nur mit Paul Gerhardts, seinem einzigen Freund, über seine vagen Gefühle für Marie Steyn geredet. Es hatte ihm gut getan, einige Dinge waren danach etwas klarer erschienen, aber die Lösung hatte ihm auch der lebenserfahrene Gerhardts nicht bieten können. Was sollte er nun dem luxemburgischen Kollegen sagen?
    »Ich habe ihr persönlich eine Menge zu verdanken, sie hat mir quasi die Tür zu einem persönlichen Umfeld geöffnet. Das ist etwas, das ich selbst erst einmal verarbeiten musste. Sie hat ebenfalls eine ganze Reihe von Problemen zu bewältigen gehabt, wie du weißt.«
    »Entschuldige, wenn ich dich ganz direkt frage. Aber wenn Marie Steyn bei diesem Fall wieder eine Rolle spielen wird, möchte ich wissen, woran ich bin. Seid ihr ein Paar?«
    Buhle starrte durch die Windschutzscheibe und vergaß, die Geschwindigkeit zu reduzieren, als sie durch Dillingen fuhren. So musste er scharf abbremsen, als ein älterer Autofahrer die einzige Kreuzung an der Durchgangsstraße des Ortes querte und offensichtlich keinen Bedarf sah, sich dabei zu beeilen. Nach dem Ortsausgang beschleunigte Buhle wieder und folgte der Nationalstraße dicht entlang der Sauer.
    »Nein, sind wir nicht. Wir treffen uns ab und zu. So auch am Donnerstagabend. Da wollten wir eigentlich ein Konzert besuchen, bis Marie von der Nachbarin der Altmüllers angerufen wurde. Nein, wir sind kein Paar, vielleicht … Freunde, vielleicht …«
    »Das reicht mir. Danke, dass du geantwortet hast.« Ducard machte eine kleine Pause, wie um das Thema vom weiteren dienstlichen Gespräch deutlich abzusetzen. »Wie lange wird Zoé bei Frau Steyn bleiben? Es ist nicht ganz ohne Brisanz.«
    »Wir wissen nicht, wo das Kind gegenwärtig besser untergebracht werden kann. Marie hatte sie jetzt seit eineinhalb Monaten in Therapie, auch wenn das wohl noch ein zu kurzer Zeitraum ist, um eine wirkliche Beziehung aufzubauen. Wir sollten gleich bei dem Gespräch mit Zoés Großeltern auch diese Frage im Hinterkopf haben. Sie sind, neben ihrer Großmutter väterlicherseits, die einzigen Verwandten, von denen wir bislang wissen.«
    Buhle fuhr nun langsamer, weil er den zahlreichen Kurven der Talstraße folgen musste. »Was ihre Sicherheit betrifft: Seit gestern Abend steht das Haus in Avelsbach unter Beobachtung. Ich weiß aber nicht, was Marie für morgen geplant hat. Da hat ihr Sohn eine Geburtstagsfeier. Wir sollten das vielleicht vorher doch mit ihr absprechen.«
    »Vielleicht? Weiß sie nicht, dass die Kollegen vor Ort sind?«
    »Nein, ich wollte sie nicht wieder beunruhigen.«
    Ducard hob leicht die Augenbrauen, und auch Buhle spürte mit einem Mal, dass die Entscheidung, mit Marie nicht über die mögliche Gefahr zu reden, in der sich Zoé und damit vielleicht auch Marie mit ihren Kindern befand, nicht die richtige gewesen war. Ich darf meine Gefühle und die Arbeit nicht vermischen. Und ich muss Klarheit gewinnen, sonst passieren weitere Fehler. Diese Unsicherheit muss verschwinden, dachte Buhle, und die Erkenntnis schien sich auch auf seinem Gesicht widerzuspiegeln. Denn Ducard neben ihm nickte fast unmerklich, wie zur Bestätigung.
    Wieder durchfuhren sie einen kleinen Weiler, der sich am Brückenkopf gegenüber einer größeren Ortschaft auf der anderen Seite von Fluss und Grenze entwickelt hatte. In Wallendorf-Pont verließen sie die Grenzstraße, bogen Richtung Westen nach Bettendorf ab und folgten weiterhin der Sauer ins Landesinnere des Großherzogtums.
    »Es

Weitere Kostenlose Bücher