Kein Tod wie der andere
der Steuerflüchtlinge gefunden wird. Noch interessanter wird es dann beim Thema Geldwäsche. Betrifft eher die Luxemburger, aber nicht nur: Ich habe auch ein paar Querverweise gefunden, die für unsere Kollegen von der Wirtschaft interessant sein könnten.«
Reuter erhob sich mühsam aus seiner Schneidersitzhaltung und ging zu einem anderen Papierstapel hinüber. Buhle folgte ihm.
»Schau, dies hier sind neuere Regelungen in der Luxemburger Finanzwelt zur Vorbeugung von Geldwäsche. Hier sind an mehreren Stellen Pfeile mit dem Wort ›BitAir‹ dahinter eingefügt. Könnte also sein, dass Altmüller meinte, hier Zusammenhänge zum Projekt an der ehemaligen Bitburger Airbase gefunden zu haben. Oder Hintergrundinformationen. Bei zwei Anmerkungen«, Reuter nahm die beiden obersten Kopien und reichte sie Buhle, »geht es um chinesische Investoren, die offenbar in Europa ihr Geld in Firmen stecken wollten, was dann am Veto der Banken scheiterte. In anderen Bereichen scheinen es die Banken aber immer noch nicht so genau zu nehmen.«
»Gut, das deutet also darauf hin, dass Altmüller schon länger intensiv an diesen Themen arbeitete. Entweder hatte er schon vorher Infos zur Geldwäsche gesammelt oder damit erst begonnen, als er am Bitburger Flughafen dran war und gemerkt hatte, dass das hier eine Rolle spielen könnte.«
»Ich glaube Ersteres. Er hat die Anmerkungen alle mit einem Rotstift gemacht, als ob er die Unterlagen nach diesen Querverbindungen gezielt durchsucht hat.«
»Kann sein. Wir brauchen also Informationen zu allem, was mit dem Bitburger Flughafen zu tun hat. Noch was?«
»Viele kleinere Sachen, die ich jetzt nicht so brisant einschätze. Altmüller mochte auf jeden Fall heiße Themen, aber auch solche, die Probleme für die Zukunft darstellten. Zum Beispiel hat er viel über die Folgen des demografischen Wandels für die Eifel gesammelt. Ich habe das jetzt nicht alles durchgelesen, aber da wollte er offensichtlich in die Tiefe gehen. Wusstest du, dass im Jahr 2050 mehr als ein Drittel der Bevölkerung über sechzig Jahre alt sein wird? Das ist ein Wert, der doppelt so hoch liegt wie heute. Dafür wird es rund acht Millionen Menschen weniger geben in Deutschland. Wer soll dann die Rentner bezahlen? Ich habe mal nachgerechnet: 2050, dann bin ich achtzig, habe keine Kinder, keine Frau, das Land ist längst pleite, trotz Schuldenbremse und so. Da kann ich nur hoffen, dass ich bis dahin dement bin und von dem Elend nichts mehr mitkriege.«
Buhle hob erstaunt die Augenbrauen. »Nun übertreib mal nicht. Meinst du, das hat irgendwas mit dem Mord zu tun?«
»Nee, kaum. Deswegen wird wohl keiner einen anderen umbringen. Aber es zeigt sich doch wieder ganz krass, dass unsere Politiker mit ihrem Denken und Handeln in Legislaturperioden so etwas komplett ausblenden. Ist ein Problem nicht innerhalb von vier bis fünf Jahren prestigeträchtig zu lösen, macht man den Deckel drauf, gibt vielleicht noch ein paar Alibi-Untersuchungen in Auftrag, die Aktivität vorgaukeln, und verschiebt das Problem, bis es nicht mehr zu lösen ist und vielleicht andere die Suppe auslöffeln müssen. Außerdem übertreibe ich nicht. Die Zahlen stammen aus irgendwelchen wissenschaftlichen Studien.«
Buhle winkte ungeduldig ab. Reuter holte noch einmal tief Luft und ging zum nächsten Papierstapel. »Politiker waren übrigens auch eine bevorzugte Zielscheibe von Altmüller. Da schien er auf die jeweilige Farbe der Partei keine Rücksicht zu nehmen. Hier und hier«, Reuter zeigte auf zwei Stapel, die dicht nebeneinanderlagen, »hat Altmüller Informationen zu regenerativen Energien gesammelt. Da taucht übrigens die Firma Sunstorm Energy von Philipp von Steyn auf, und in einem schmalen Ordner hat er auch Zeitungsartikel zu unserem letzten Fall gesammelt.«
Buhle runzelte die Stirn. Philipp von Steyn, Maries Schwiegervater, war einer der Pioniere in Sachen innovativer Energieversorgungstechnik in der Region. Er merkte, wie sich bei dem Gedanken, es könnte Querverbindungen zur Familie der von Steyns geben, deutliches Unbehagen in ihm regte.
»Ich kann dich beruhigen. Altmüller hielt von Steyn offenbar eher für ein Positivbeispiel. Anders sah dies bei Firmen aus, die die Energiewende zur Vermarktung von Biogasanlagen und Windrädern nutzen wollen. Er hat hier viel zusammengetragen, sich aber weniger auf die technischen oder landschaftlichen Bedenken konzentriert, sondern vielmehr auf den Umgang der Politik mit diesem Thema. Die
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