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Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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Dienstag, 14.   Juni
    Buhle hatte bei Franz Bonitzer telefonisch vorgefühlt, wer der Nutzer des auf ihn angemeldeten Citroëns sei, und anschließend gefragt, wo seine Tochter derzeit zu erreichen wäre. Es überraschte ihn nicht, als eine knappe Stunde später der Unternehmensberater selbst die Tür seines Hauses in Merzig öffnete.
    Schon die Wohngegend oberhalb der Stadt hatte darauf hingedeutet, dass die Familie Bonitzer zu den Betuchteren gehörte. Ihr Haus war jedoch eindeutig das größte und luxuriöseste, das Buhle und Gerhardts in der Stadt gesehen hatten. Das Grundstück im Zedernweg lag an einem Westhang, direkt an einem Waldgebiet. Der Ausblick über das Saartal wäre ohne die hohen Bäume wohl beeindruckend, überlegte Buhle. Doch eine gute Aussicht schien nicht den Bedürfnissen der Familie zu entsprechen, denn das Grundstück war zur Straße und zu den Nachbarn mit einer hohen Hecke eingefriedet.
    Franz Bonitzer bat die beiden Polizisten in ein riesiges Wohnzimmer hinein, von wo aus sie auf die genauso großzügige Veranda mit dem ins satte Grün eines gepflegten Rasens gebetteten Swimmingpool blickten. Sie ließen sich auf einer schwarzen Ledergarnitur nieder.
    »Dürften wir erfahren, wer von Ihnen den Citroën regelmäßig nutzt?«, begann Buhle die Befragung.
    Nanette Bonitzer saß blass in die Ecke eines Sessels gedrückt. Ihre feingliedrigen Hände, die über einer roten Fleecedecke lagen, ließen erahnen, dass sich darunter ein ebenso schlanker Körper verbarg. Ihr Gesicht war eingerahmt von glatten brünetten Haaren, die sich am Ansatz des langen und schmalen Halses leicht nach innen wellten. Sie machte auf Buhle einen sehr zerbrechlichen Eindruck, und er konnte sich nicht vorstellen, dass sie in der Lage wäre, einen erwachsenen Menschen zu ertränken. Sein zweiter Eindruck jedoch war, dass in ihren Augen eine ungeheuer tiefe Traurigkeit verborgen lag, von der auch die dunklen Augenränder nicht ablenken konnten. Eine Traurigkeit, die der Kommissar bisher nur im Zusammenhang mit dem Tod eines Menschen kennengelernt hatte.
    Mit leiser, etwas brüchiger Stimme beantwortete sie Buhles Frage. »Ich, ich nutze ihn regelmäßig. Dürfte ich erfahren, warum sich die Polizei dafür interessiert?«
    »Das können wir Ihnen gleich mitteilen, wenn sie uns nur noch sagen würden, ob Sie das Auto die gesamte letzte Woche benutzt haben oder ob vielleicht noch jemand anderes damit gefahren ist.« Buhle war betont freundlich und begegnete so dem wachsam prüfenden Blicken der Eltern, die sich rechts und links von ihrer Tochter gesetzt hatten.
    »Nein, ich habe es allein genutzt. Bei uns hat jeder in der Familie sein eigenes Auto.«
    »Können Sie uns sagen, wo Sie am vergangenen Donnerstag unterwegs waren?«
    Nanette Bonitzer schien einen Moment zu überlegen. Dann antwortete sie: »Ich bin morgens zur Arbeit nach Luxemburg gefahren. Ich habe erst spät Mittag gemacht. Weil so schönes Wetter war, hatte ich mich spontan für eine Spritztour entschieden. Danach habe ich weiter gearbeitet und bin abends nach Hause gefahren.«
    »Wo sind Sie bei Ihrer Spritztour hingefahren?«
    »Ich weiß nicht. Ich bin zunächst an die Mosel gefahren und dann immer den Fluss entlang. Es war so schön draußen nach dem langen Regen.«
    »Und Sie genießen schöne Tage am liebsten im Auto?«
    Nanette Bonitzer guckte Buhle irritiert an. Ihr Vater räusperte sich. Buhle wusste, dass er seiner Tochter bei einer gefährlichen Frage sofort zur Seite springen würde. Doch noch schien für die Familie Bonitzer alles unverfänglich zu sein. So beantwortete Nanette auch diese Frage.
    »Nein, eigentlich nicht. Ich hatte auch zuerst vor, nur an die Mosel zu fahren und dort spazieren zu gehen, aber dann bin ich einfach weitergefahren. Wieso wollen Sie das wissen?«
    »Wie weit sind sie gefahren?«
    »Ich weiß es nicht.« Die Frau zeigte nun erstmals Zeichen von Ungeduld. »Nach Wasserbillig bin ich weiter entlang der Sauer und dann irgendwann umgedreht und zurück nach Luxemburg.«
    »Haben Sie irgendwo angehalten? Waren Sie etwas essen oder sind doch noch spazieren gegangen?«
    »Nein, ich war nirgends. Ich hatte vorher etwas Kleines im Institut gegessen. Ich weiß nicht mehr, ob ich irgendwo angehalten habe.« Sie überlegte, und ihre Augenringe schienen an Intensität zuzunehmen. »Doch, ich habe, kurz bevor ich umgedreht bin, an einem Parkplatz gehalten. Der lag an einem Wald. Ich musste … ich musste mal austreten.«
    »Wann war

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