Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
von Anfang an nicht
besonders begeistert von deiner Wahl. Und jetzt sitzt du in Hamburg und er in Schweden, und man weiß nicht, ob das noch mal
ein Happy End gibt und …«
»Papa, lenk nicht ab. Was ist mit Pierre und Adelheid?«
»Er hat sie beklaut.« Heinz machte eine wirkungsvolle Pause. »Er hat sie um eine halbe Million Euro gebracht. Sagt Gisbert.«
Gisbert von Meyer. Es war doch wirklich Verlass auf ihn, wenn es ums Unruhestiften und die Erfindung groben Schwachsinns ging.
»Aha. Sicher, Adelheid sieht auch aus wie eine Multimillionärin. Und natürlich lässt sie dieses Geld überall rumliegen. Da
kann man leicht was klauen. Und warum hat sie ihn denn nicht angezeigt? Und sich das Geld zurückgeholt? Und was hat Pierre
mit der ganzen Kohle gemacht?«
Aufgeregt rieb sich mein Vater übers Kinn. »Genau das, mein Kind, versuchen Kalli und ich gerade herauszufinden. Ich mag Pierre
gern, habe ich ja bereits gesagt. Ich gucke mir schon eine ganze Zeit an, was er so macht. Keine Auffälligkeiten. Er gibt
nicht besonders viel Geld aus, er trifft sich nicht mit komischen Leuten, er wohnt ganz bescheiden, ich kann mir nicht vorstellen,
dass er so viel Geld haben sollte. Gisbert weiß, dass ich so denke. Aber Gisbert ist auf Adelheids Seite. Sie ist ja seine
Vermieterin, und auf Norderney ist das schwierig mit Wohnungen. Also, Christine, was meinst du? Pierre ist ja wohl kein Krimineller.
Ich habe doch Menschenkenntnis.«
Langsam stand ich auf und schulterte meine Tasche.
»Papa, genau deshalb finde ich es unmöglich. Du magst Pierre, du hältst ihn für anständig, und trotzdem schnüffelst du ihm
hinterher. Frag ihn doch einfach, was da passiert ist. Und mach dich nicht zum Affen, nur weil dieser Inselschreiberling mal
wieder einen Verdacht hegt.«
»Zum Affen? Wie redest du eigentlich mit mir? Und im Übrigen habe ich Pierre gefragt, er sagt aber nichts. Und Gisbert von
Meyer ist nicht der Einzige mit einem Verdacht. Was glaubst du wohl, warum so ein Kaliber der Kriminalität wie Guntram Bernd
hier ist? Na?«
»Weil er eine Lesung hatte.«
Ich kreuzte meine Zehen in den Schuhen. Jetzt bloß vorsichtig sein.
»Nein.« Mein Vater stand auch auf und verschränkte seine Arme vor der Brust. »Weil er eine Spur verfolgt. Das haben wir schon
mitbekommen. Er war nämlich mit einer Kamera unterwegs. Und er macht sich dauernd Notizen. Tja, mit wem redet er die ganze
Zeit? Na?«
»Mit Adelheid.«
»Ja, bitte.« Triumphierend nickte mein Vater. »So wird da ein Schuh daraus. Und er recherchiert gründlich. Ach übrigens, er
hat mich gefragt, wann Marleen wieder da ist. Er müsste dringend mit ihr reden. Wann kommt sie denn jetzt?«
Ein plötzlicher Hustenanfall nahm mir den Atem. Mein Vater schlug mir mit Schwung auf den Rücken.
»Geht’s? Meine Güte, hol Luft.«
Im Ernstfall war er dann doch ganz der besorgte Vater. Als ich mit Schweißperlen auf der Stirn langsam wieder zu Luft kam,
behielt er seine Hand auf meinem Rücken und fragte: »Soll ich dir was zu trinken kaufen?«
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und schüttelte den Kopf.
»Nein danke, es geht schon. Ich habe mich nur verschluckt. Wo waren wir gerade? Ist ja auch egal, ich gehe dann mal zurück.
Bis später.«
Ich ging in Richtung Bismarckstraße und drehte mich an der Ecke kurz um. Mein Vater stand immer noch vor der Bank, schaute
mir hinterher und hob langsam seine Hand. Und ich hatte ihn in diesem Moment sehr gern. Auch wenn ich wegen Papa nun dringend
mit Pierre reden musste. Nicht, dass es noch mehr Verwicklungen geben würde.
Als ich auf der Höhe der »Milchbar« war, erkannte ich die Gestalt meiner Schwester, die das Lokal gerade betrat. Meine Saunatücher
würden weiter auf die Waschmaschine wartenmüssen, ich schob die Tasche auf die andere Schulter und folgte Ines.
Sie stand noch vor dem Tresen und wartete darauf, nach ihrer Bestellung gefragt zu werden.
»Bestell mir doch einen Kaffee mit.«
Sie zuckte zusammen und drehte sich zu mir um. »Wo kommst du denn her? Ich denke, du bist mit Gesa in der Sauna.«
»War ich auch. Und anschließend bei Gisbert in der Redaktion. Und dann habe ich auch noch Papa getroffen, der auf der Bank
am Denkmal sitzt und den Retter für Pierre spielt.«
»Wieso den Retter?« Während sie fragte, las sie die Angebote auf der Tafel.
»Er hat von Gisbert von Meyer gehört, dass Adelheid und Pierre nicht miteinander reden, weil unser
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