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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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einer Ausgangssperre war nicht die Rede, als du die ›Hausregeln‹ aufgestellt hast.« Ich male die Anführungsstriche in die Luft.
    Er springt auf und ich weiche nicht zurück, aber mein Atem geht schnell. Als er seine Hände hebt, beobachte ich, ob sie sich zu Fäusten ballen. Ich entspanne meine Muskeln, damit es nicht so wehtut, wenn er auf mich einschlägt. Aber er hält beide Hände in die Luft, mit den Handflächen zu mir.
    »Weißt du, was? Wenn du nicht anrufen willst, gut. Du kannst kommen und gehen, wie du willst.« Er geht in sein Zimmer. »Dein Schlüssel liegt auf dem Tisch«, sagt er noch, bevor er die Tür zumacht.
    Ich horche auf das Klicken der Türklinke.
    Stille breitet sich aus.
    Ich gehe hinüber zum Tisch und sehe den Schlüssel, neben einem Teller mit kaltem Essen. Er hat Abendessen gekocht. Zugegeben, es sieht unappetitlich aus – eine Joggermahlzeit, Fisch auf Brokkoli und Pilzen. Aber es sieht auch nach ziemlich viel Aufwand aus, im Vergleich zu einem Swanson-Fertiggericht.
    Das hab ich alles in den Wind geschossen. Bescheuert. Ich rücke den Stuhl vom Tisch ab und lasse mich darauffallen. Andererseits war er derjenige, der gesagt hat, dass wir WG-Genossen sein würden, dass ich nur etwas Geld und Arbeit beisteuern müsste. Was erwartet er also von mir?
    Ich beschließe, die Tatsache zu ignorieren, dass er so lange auf mich gewartet hat. Ich stochere in dem kalten Fisch herum. Ich würde jetzt sowieso nichts mehr runterbringen. Der Hunger ist aus meinem Magen gewichen.
    Ich höre wieder seine Tür klicken und drehe mich auf meinem Stuhl um.
    Er geht an mir vorbei, ohne mich auch nur anzusehen, nimmt ein dickes Fachbuch von seinem Schreibtisch und will wieder in seinem Zimmer verschwinden.
    »Christian«, sage ich, als er an mir vorbeigeht.
    »Was?« Er bleibt stehen, aber er guckt mich nicht an, den Blick auf das Buch geheftet.
    »Danke für den Schlüssel.«
    »Keine Ursache.«
    Er will weitergehen, aber ich halte ihn auf. »Nein, ich meine das wirklich. Und von jetzt an rufe ich dich an, wenn ich später komme.«
    Er seufzt, zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich mir gegenüber. »Ich bin nicht wie Dad. Das ist dir klar, oder?«
    Ich schlucke und frage mich, ob ich wohl zusammengezuckt bin, als er die Hände hob.
    »Du musst mich nicht anmotzen, um die Wut auf dich zu lenken oder es schneller hinter dich zu bringen. Hier ist keine Mom, die du beschützen musst.«
    »Ich weiß. Sorry.«
    »Schon okay. Ich verstehe es, wirklich. Aber du bist jetzt da raus und es wird alles gut, das verspreche ich. Versuch einfach, ein bisschen lockerer zu sein, okay? Es braucht seine Zeit, sich umzugewöhnen, mit dem Schattenboxen aufzuhören.«
    Es ist seltsam, wenn jemand dich durchschaut, versteht, was du nie sagen würdest, nicht einmal zu dir selbst. Es ist so seltsam, dass sich mein Hals wieder wie zugeschnürt anfühlt. Als ich den Mund aufmache, klingt meine Stimme ganz krächzig.
    »Wie lange hat es bei dir gedauert? Bis du mit dem Schattenboxen aufgehört hast?«
    »Da gab es kein bestimmtes Datum. Das ging mehr so schrittweise. Als du neulich auf den Tisch eingeschlagen hast, hab ich das nicht vorausgesehen. Also können wir wohl davon ausgehen, dass es weniger als fünf Jahre waren.«
    Ich nicke. »Christian? Danke.«
    Er steht auf und nimmt sein Buch. »Vielleicht solltest du dich auch bei Mirriam entschuldigen.«
    »Wirklich?« Ich verziehe das Gesicht.
    Er dreht das Buch herum und mustert wieder das Cover. »Ich würde mich freuen, wenn du versuchst, mit ihr auszukommen.«
    Großartig. Um in sein Leben zu passen, muss ich mich mit seiner Hexenfreundin gut stellen? Was denn noch?
    »Ich werd’s versuchen, aber ich verspreche nichts«, sage ich.
    »In Ordnung. Arbeitest du jetzt also vier Abende die Woche?«
    »Nein, heute war jemand krank.«
    »Gut.« Er macht eine Pause. »Ich meine, ich meinte natürlich nicht: gut, dass jemand krank war.«
    »Ja, ich weiß schon, was du meinst.«
    Ich nehme den Haustürschlüssel an mich und deute auf meinen Rucksack, der an der Couch lehnt. Er beugt sich rüber und wirft ihn mir zu. Ich nehme meinen Schlüsselbund, biege den Ring auf und hake den neuen Schlüssel ein. Er wird leicht zu erkennen sein, mit seiner goldenen Farbe.
    »Ist der Hausmeister früher zurück?«, frage ich.
    »Mirriam hat ihn dir gegeben. Sie wollte sich für neulich Abend entschuldigen.«
    Ich seufze, stütze meine Handflächen auf den Tisch und stehe auf. Als ich in

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