Kein zurueck mehr
hängt in meinem Griff, bis sie strauchelnd wieder auf die Füße kommt. Sie packt mein Handgelenk.
Ich drücke zu.
Ich sehe zu, wie ihre Haut zwischen meinen Fingern hervorquillt, als mein Gehirn endlich hinterherkommt.
Ein kalter Blitz fährt mir durch die Glieder.
Oh Gott, was mache ich hier?
Ich erstarre und spüre, wie ihre Fingernägel sich in meine Haut graben. Ich lasse sie los. Sie bricht keuchend auf dem Asphalt zusammen.
Ich gehe neben ihr zu Boden, lege eine Hand auf den kalten Asphalt und die andere auf ihren Rücken.
»Lauren, Lauren. Oh, mein Gott.« Die Worte brechen aus mir heraus. Jemand hat einen Hahn aufgedreht und Scham flutet auf den Asphalt um uns herum. »Du darfst nicht denken, dass ich dir wehtun wollte. Ich würde dir nie wehtun.«
Aber genau das habe ich gerade getan.
Sie hält den Atem an. Sie stützt sich auf ihre Hände, der Rücken gekrümmt, das Gesicht durch die Haare verdeckt. Ich rechne fest damit, dass sie den Kopf zurückwirft und nach mir schlägt oder sich herüberbeugt und die Zähne in meine Haut gräbt, aber stattdessen sehe ich nur, wie sich ihre Schultern heben und senken, während sie schluchzt. Das ist nicht Laurens Art – Lauren Elizabeth Silver weint nicht.
Ich streiche ihr das wirre Haar glatt. »Oh Gott. Bitte verzeih –«
Ich höre mich selbst. Ich höre mich diese Worte sagen und ich sehe unsere Zukunft vor mir:
Ich werde einen Korb mit einem Pfund Kaffee, ihrem Lieblingszucker und einer Tafel Schokolade vor ihre Tür stellen. Ich werde einen Zettel dazulegen: Lust auf einen Drogenrausch? Du fehlst mir. Ich werde sie im Chemieunterricht überraschen und ihr meine Laborergebnisse geben, damit sie endlich die Bestnote bekommen kann, die ihr Vater so gerne sehen würde. Jeden Tag werde ich ein KitKat an ihr Schließfach kleben, bis sie beschließt, ihn nicht wegzuwerfen; sie wird die knisternde Verpackung aufreißen und ihrer Gewohnheit nachgeben. Nach der Schule werde ich bei ihrem Auto warten und ihr das Foto geben, das ich letztes Jahr am See von ihr gemacht habe. Auf dem Bild lacht sie, während die Brandung gegen die Kaimauer schlägt. Wenn sie das Foto annimmt, werde ich ihr versprechen, ihr nie wieder wehzutun, und sie wird versprechen, dass sie mich verlässt, wenn ich es tue.
Doch sie wird es nicht tun. Nicht, wenn ich verlange, dass sie nie wieder ein Wort mit Edward wechselt, nicht, wenn ich vor ihrer Nase nach allen Regeln der Kunst mit Marisa flirte, nur um sie zu testen. Nicht einmal, wenn ich ihr zur Strafe die Haare abschneide, weil sie Edward zufällig bei den Schließfächern getroffen und mit ihm gesprochen hat – die Schere wird durch ihr Haar fahren und sie wird mir am Ende noch danken, dass ich sie ihr nicht in den Rücken gerammt habe. Sie wird mich nicht verlassen, nicht nach dem nächsten Ausbruch und dem nächsten und dem nächsten.
Es ist, als wäre es alles schon passiert. Und es ist ja auch schon passiert – nur noch nicht uns.
Ich werde abrupt aus der Zukunft gerissen, als Lauren sich auf mich wirft und ihre Arme um meinen Hals schlingt. Ihr Unterarm liegt auf meiner Wirbelsäule, ihr Gesicht an meiner Schulter. Ich versuche mich zu befreien, aber sie klammert sich an mich. Ich will vorsichtig ihre Arme lösen, sie aufrichten. Aber ich kann sie nicht berühren.
»Jace«, flüstert sie. Sie atmet tief ein, und als sie wieder ausatmet, spüre ich den Lufthauch an meinem Ohr. »Ich hätte es nicht tun sollen. Nicht mit Edward.«
Ich befreie mich aus ihrem Griff. Ich drehe mich um, setze mich auf und lehne mich mit dem Rücken an die kalten Ziegel. Raue Mörtelreste piksen mir durch das Shirt in die Haut. Ich lege meine Ellenbogen auf die Knie, verschränke meine Arme zu einer Art Brücke und stütze meine Stirn darauf.
»Es tut mir leid.«
Aber es ist sie, die das sagt.
Ich will meine eigene Haut in Stücke reißen, jeden DNA -Strang herauszerren und ihr als Opfergabe anbieten. Aber wäre das genug? Gibt es irgendeine Möglichkeit, das hier wiedergutzumachen? Ich sollte mich nicht einmal entschuldigen, denn dadurch lade ich ihr die Bürde der Vergebung auf. Und was zum Teufel fällt mir ein, um ihre Vergebung zu bitten? Was zum Teufel fällt mir ein, sie zu jemandem zu machen, der das Unverzeihliche verzeiht? Ich weiß genau, zu wem ich sie machen kann.
»Bitte«, sagt sie und berührt meinen Arm.
Ich blicke auf.
Sie hält sich eine Hand vor das Gesicht. »Bitte fahr mich nach Hause. Ich will nicht mit dem Zug
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