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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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hatte, wusste ich es besser. Das Mädel schlief nie. Wann immer ich aufgewacht war (und das war oft gewesen, so eingezwängt auf dem schmalen Bett), hatte ich gesehen, wie ihre Augen das Licht der Straßenlaternen reflektierten. Katzenaugen in der Nacht.
    Ich sah zu ihr auf und wollte gerade etwas in der Richtung sagen, als sie sich herunterbeugte und mich küsste. Ein tiefes Wärmegefühl durchströmte meinen Brustkorb.
    Im Spiegelbild sah ich, wie Edward sie wütend anstarrte, das Kinn schmollend vorgeschoben, bis sie von meinem Schoß aufstand und sich auf ihren ursprünglichen Platz setzte.
    Seltsam .
    Ich fuhr wieder mit dem Finger über die Buchseiten, fand das Zitat und schob Marisa das Buch hin. »Und es ist aus …«
    » Macbeth .« Sie sank in ihren Stuhl zurück und sah wie immer Trost suchend zu Edward.
    Aber er ignorierte sie und beobachtete stattdessen Lauren.
    Noch seltsamer.
    Lauren kreischte begeistert auf, beugte sich zu mir und drückte mir wieder einen Kuss auf den Mund. Diesmal behielt ich meine Augen offen und beobachtete Edward. Nicht er; das kann nicht sein; die beiden können sich doch nicht leiden , dachte ich, aber als unsere Lippen sich berührten, zuckte er zusammen.
    Als Lauren sich wieder von mir löste, wandte sie sich von mir ab. Ich bin sicher, sie dachte, ich könnte sie nicht sehen, aber im Fensterglas beobachtete ich, wie sie Edward ansah und die Lippen zu einem Wort formte: Sorry .
    Lektion Nr. 5 : Wut kann ganz verschiedene Formen annehmen: ein langsames Brennen; erbarmungslose, unablässige Flammen; oder ein heißes Lodern, das hier und da aufflackert. Sie kann lange im Hinterhalt liegen und du glaubst schon, dass du vergeben hast, du glaubst, dass du das Feuer mit Vertrauen gelöscht hast, aber es braucht nur einen plötzlichen Schub Sauerstoff und es kommt zur Rauchgasexplosion – Backdraft.
    Ich packte Laurens Arm und riss sie von ihrem Stuhl.
    »Oho«, sagte sie und stolperte hinter mir her. »War der Kuss so gut?«
    Ich zerrte sie aus der Tür. Die Septemberluft fuhr in meine Lunge und die Kälte brannte in meiner Kehle. Lauren befreite ihren Arm aus meinem Griff und winkte Marisa durch das Fenster zu.
    »Können wir das vielleicht woanders machen?«, murmelte sie mit zusammengebissenen Zähnen und gequältem Lächeln.
    Sie griff nach meiner Hand und zog mich um die Hausecke. Sie sah die Straße hinauf und hinunter. Menschenleer. Dann sah sie mich an, das Gesicht betont ausdruckslos.
    Sie zuckte mit einer Schulter. »Was?«
    »Ist das alles, was du zu sagen hast? Kein ›Es tut mir leid‹, kein Dementi? Letztes Mal warst du da aber besser. Nein, streich das – die letzten zwei Male.«
    Ein Auto kam um die Kurve und die Scheinwerfer streiften ihr Gesicht. Als das Licht auf ihre Augen traf, leuchteten sie golden. Katzenaugen in der Nacht.
    Als das Auto an uns vorbeigefahren war, legte sie die Stirn in Falten und sagte: »Ich weiß nicht, wovon du redest. Du bist immer so argwöhnisch. Wo ist dein Vertrauen?«
    »Im Bett mit Edward.«
    Sie senkte den Kopf und lachte in sich hinein.
    Backdraft.
    Jetzt in Christians Wohnung schließe ich die Augen und versuche, die Erinnerung aufzuhalten, als könnte ich verhindern, dass die Blase in meinem Gehirn platzt, nachdem ich sie angestochen habe.
    Ich versuche mir vorzustellen, dass ich sie nicht Schlampe genannt habe, dass sie nicht gesagt hat: Soll ich etwa zusehen, wie du pausenlos mit Marisa flirtest? Ich versuche mir vorzustellen, dass mir Dads Litanei von Schimpfworten nicht aus dem Mund gesprudelt wäre wie ein Lied, das ich zu oft gehört hatte; ich versuche mir vorzustellen, dass sie nicht zurückgebrüllt hat: Halt die Klappe! Hör auf, so zu tun, als wäre das zwischen uns so was Besonderes. Als wäre das hier die große Liebe.
    Aber ich kann es mir nicht anders vorstellen. Meine Fantasie, auf die ich mich sonst so verlassen kann, lässt mich ausnahmsweise im Stich. Ich höre auf, mich gegen die Erinnerung zu wehren, und lasse mich zurücktragen wie von Dorothys Tornado im Zauberer von Oz …
    Ich stehe noch einmal auf der Straße, balle die Finger zu einer Faust und schmettere sie ihr ins Gesicht. Meine Knöchel krachen gegen ihre Wangenknochen. Lauren fällt durch den Schlag nach hinten und ich höre, wie ihr Kopf, rums , gegen die Ziegelwand knallt. Ein Ächzen dringt aus ihrer Kehle. Ihre Stöckelschuhe finden keinen Halt und sie sackt in Richtung Boden. Meine Hand legt sich um ihren Hals und ihr ganzes Körpergewicht

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