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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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hast recht. Ich sollte Danke sagen«, bringe ich nicht über die Lippen.
    »Gern geschehen.« Es entsteht eine Pause. »Diese Vorwahl auf meiner Ruferkennung hab ich noch nie gesehen. Wo bist du?«
    »Was?« Ich versuche Zeit zu schinden, während ich mein Gehirn wieder auf Lüge programmiere.
    »Wo bist du?«
    »Ich bin in Taos, New Mexico.« Ich teste, ob er weiß, dass ich lüge. Wenn ja, wird er mich jetzt zur Rede stellen und zusammenscheißen.
    »Was machst du dort?«
    Ich atme aus; er hat die Adresse noch nicht.
    Ich nicke Christian zu. Seine Schultern sacken eine Stufe runter.
    »Ich hatte kein Geld mehr. Wollte eigentlich nach Kalifornien.«
    Noch eine Stufe. »Auflegen«, signalisiert Christian mir mit einer Handbewegung.
    »Warum hast du letzten Monat angerufen?«, fragt er. »Hast du mit deiner Mutter gesprochen?«
    »Nein, ich habe nicht mit ihr gesprochen. Es war niemand zu Hause. Warum rufst du mich jetzt an?«
    »Hast du Geld?«
    Was ist das? Fürsorglichkeit? »Ich kellnere.«
    »Bei wem wohnst du?«
    »Ich teile mir ein Zimmer mit einem Kellner.«
    »C. Marshall?«
    Ich halte den Atem an. Er hat uns entlarvt. Er spielt mit mir. »Wer?«
    »In der Ruferkennung stand C. Marshall.«
    »Oh, ach so. Nein, das liegt daran, dass das Telefon auf den Namen seiner Mom läuft. Charlotte Marshall. Sie ist Kinderärztin.«
    Christian macht eine Handbewegung, als würde er sich die Kehle durchschneiden, und ich höre auf, von Dr. Charlotte Marshall zu reden. »Warum hast du angerufen, Dad?«
    »Na ja …«, sagt er und ich kann förmlich hören, wie er nach einem legitimen Grund sucht. Mein Dad ist nicht geschult im spontanen ›Rette-deinen-Arsch-Lügen‹; er bereitet sich gerne vor. »Weil deine Mutter ganz verrückt ist vor Sorge.«
    »Sie ist was?«
    »Na ja … sie wollte sich einfach vergewissern, dass es dir gut geht. Ich werde es ihr sagen«, sagt er und legt auf.
    Ich starre auf das Telefon in meiner Hand. Das war echt seltsam.
    »Hat er dir geglaubt?«, fragt Christian.
    »Ja«, antworte ich und grüble, warum er mich angelogen hat. Er hat gar nicht wegen dem Haftbefehl angerufen; damit hatte es nichts zu tun.
    »Jace, hier geht es nicht nur um mich, verstehst du. Ich mach mir auch Sorgen um dich und um Mom.«
    Und um Mom , klingt es wie ein Echo in meinen Ohren, während mein Gehirn eins und eins zusammenzählt.
    Warum hat er mir diesen Quatsch über meine Mom erzählt? Ich habe doch heute Morgen erst eine Mail von ihr bekommen. Es war alles in Ordnung; sie waren gestern Abend im Kino gewesen. Also ging es ihr gut. Sie konnte nicht abgehauen sein. Noch nicht.
    Oh Gott.
    Ich stürze zum Computer. Ich öffne das E-Mail-Programm.
    Mom,
    er hat Verdacht geschöpft. Du musst raus, jetzt!
    Jace
    Mir schießt das Blut ins Gesicht und mein Magen dreht sich wieder um. Er wird sie umbringen. Indem ich sie gebeten habe, hierherzukommen, habe ich sie umgebracht.
    Christian guckt über meine Schulter und liest mit. Er packt meine Hand, bevor ich auf »Senden« klicken kann.
    »Er weiß es nicht. Er überwacht nur ihre Kontakte. Es ist in Ordnung. Er hat das am Monatsende immer gemacht – die Ruferkennung nach Nummern abgesucht, die er nicht kannte. Das ist alles, was dahintersteckt.«
    Ich starre ihn an und versuche zu verarbeiten, was er sagt.
    »Beruhige dich, Jace, und denk nach. Wenn er Bescheid wüsste, würde er hier nicht anrufen und sie wäre schon tot. Es ist der dritte November, kapierst du? Monatsanfang.«
    »Aber jetzt kann sie nicht mehr herkommen«, sage ich.
    »Das mit Taos hat er dir doch geglaubt, oder?«
    Ich nicke abwesend und überlege, wo sie jetzt nur hinkann. Er packt mich an den Schultern und schüttelt mich leicht, bis ich wieder bei ihm in der Wohnung bin.
    »Jace, bist du sicher?«
    »Meinst du, er würde eine Lüge tolerieren?«
    »Ich werde uns jetzt unauffindbar machen, okay?«
    Er setzt sich an den Computer, während ich ins Badezimmer gehe. Wieder und wieder dreht sich mir der Magen um.
    Ich beuge mich über die Toilette. Beinahe wäre meine Mutter meinetwegen umgebracht worden. Ich hätte nur nicht rangehen müssen, als das Telefon zum zweiten Mal klingelte. Mehr hätte nicht gefehlt. Er hätte wissen wollen, wer sie aus New Mexico anrief. Hatte sie jemanden kennengelernt? Hatte sie etwa vor, ihn zu verlassen? Wir wussten alle, was passieren würde, wenn sie versuchen würde, ihn zu verlassen.
    Ich knie mich vor die Toilette, als sich mein Magen erneut zu entleeren droht. Ich

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