Kein Zurueck nach Oxford
Schließlich kramte Aisling eine kleine Taschenlampe aus dem Handschuhfach. »Wir sollten uns kurz auf der Karte orientieren. Ich möchte die Lichter noch nicht wieder einschalten, aber mit dem Ding hier sehe ich genug. Irgendwie müssen wir zu unserer Buchhandlung zurückfinden.«
Es war bereits Viertel vor sechs, als sie endlich auf den Parkplatz des Pubs einbogen. Kate blieben damit höchstens zwanzig Minuten, um zu duschen, sich umzuziehen und zur Buchhandlung zu fahren. Aber zunächst mussten sie Devlin irgendwie ins Haus verfrachten.
»Es ist ein Pub«, lockte Kate. »Voller herrlichstem Single Malt Scotch Whisky, Devlin. Er wartet nur auf Sie.«
»Warten Sie auch auf mich, Kate?«, lallte er.
»Ich amüsiere derweil unsere Kundschaft«, sagte Kate und bemühte sich, den schweren Mann durch die Seitentür zu schieben und dann die Treppe hinauf. »Bis später, Devlin.«
Wenigstens hatten sie ihn in sein Zimmer geschafft. Kate überließ es Aisling, ihn zu überzeugen, sich hinzulegen, bis er sich wieder besser fühlte. Er war durchaus nicht abgeneigt, allerdings unter der Bedingung, dass Aisling ihm dabei Gesellschaft leistete. Kate grinste und machte sich daran, sich in weniger als einer Viertelstunde von einer Vogelscheuche in eine selbstsichere, gepflegte und berühmte Autorin zu verwandeln.
»Das kleine Schwarze steht Ihnen wirklich gut«, sagte Aisling.
»Danke. Ich mag es auch an mir.«
Das Publikum saß in drei oder vier Reihen im Halbkreis und blickte sie erwartungsvoll an. Kate lächelte ihm voller Selbstvertrauen zu. Sie war immer schon der Meinung gewesen, dass ihre Zähne zu knallrot geschminkten Lippen besonders hübsch wirkten. Nachdenklich musterte sie das Publikum. Eines Tages musste sie Aisling einmal fragen, ob Fergusson die Leute vielleicht von einer Veranstaltung zur anderen karrte und dafür bezahlte. Rent-a-Reader sozusagen. Sie war ganz sicher, einige der Gesichter zu kennen, obwohl sie noch nie in dieser Stadt gewesen war. Noch einmal flog ihr Blick über die Menge. Sie wollte ganz sichergehen, dass Evan und Stith nicht dabei waren, doch die Leute sahen alle wunderbar nach Mittelklasse und sehr respektabel aus.
»Ich möchte Ihnen Kate Ivory vorstellen«, sagte Dolly. Dabei legte sie eine Betonung in ihre Stimme, dass sie fast wie die Queen klang. »Nicht, dass es nötig wäre.« Pause für ein kurzes, höfliches Lachen. »Sie wird Ihnen ein wenig von ihrem Leben erzählen und danach eine kurze Passage aus ihrem neuesten Roman vorlesen. Anschließend freut sie sich darauf, Ihre Fragen zu beantworten und ihr neues Buch zu signieren. Das gilt natürlich auch für alle anderen Bücher von ihr, die wir vorrätig haben und die Sie kaufen möchten.«
Ohne Devlin an ihrer Seite fühlte Kate sich in Höchstform. Sie lächelte, stellte Augenkontakt zur ersten Reihe her, war witzig und informativ. Ihre Lesung wirkte lebhaft und lebendig. Unter dem donnernden Applaus des Publikums setzte sie sich langsam auf ihren Platz und wartete freundlich lächelnd auf Fragen.
»Können Sie mir sagen, wie Sie als Frau Ihre Schriftstellerei mit Ihren häuslichen Pflichten in Einklang bringen?«, fragte eine jüngere Frau im Hintergrund.
Ehe Kate antworten konnte, gab es jedoch eine Unterbrechung.
Kapitel 20
Im Laden war plötzlich ein Geräusch zu hören, als ob durch dreißig schlecht sitzende Gebisse scharf Luft eingezogen würde. Eine Art Zischen mit der Andeutung eines Pfeifens, wie Kate leidenschaftslos feststellte.
Ohne sich umzudrehen, wusste sie, dass Devlin den Raum betreten hatte. Die Tür befand sich in ihrem Rücken. Sie konnte ihn nicht sehen, doch über ihren Nacken war ein kühler Luftzug gestrichen, der die Duftnote Schottische Whisky-Brennerei in den Laden geweht hatte. Kate wurde Zeugin, wie sich auf Dollys Gesicht Entsetzen breitmachte. Ob es vielleicht doch ein Kettensägenmörder war? Alles in allem erschien es Kate jedoch wahrscheinlicher, dass es sich um Devlin handelte.
Die Whisky-Brennerei holte sich einen Stuhl und ließ sich neben Kate nieder. Devlin stupste ihr schwarz bestrumpftes Knie mit seinem eigenen an und sagte: »Na, Katie? Da sind Sie aber platt, mich zu sehen, nicht wahr?«
»Zieh Leine, Hayle«, murmelte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, ohne jedoch einen bemerkenswerten Erfolg zu erzielen. Also stand sie, immer noch lächelnd, auf und verkündete: »Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen meinen Kollegen, den Autor Devlin
Weitere Kostenlose Bücher