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Kein Zurueck nach Oxford

Kein Zurueck nach Oxford

Titel: Kein Zurueck nach Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Hayle, vorstellen. Sicher kennen Sie ihn alle als den ›Mann, der Frauenherzen versteht‹ und haben sich an seinen vollblütigen, historischen Abenteuerromanen erfreut.« Sie setzte sich und wartete, was als Nächstes geschehen würde. Neben Dolly saß Aisling. Sie starrte Kate an. Ihr Lächeln war eingefroren. Sie senkte den Kopf, und Kate hatte den Eindruck, ein leises Stöhnen aus ihrer Richtung zu hören. Doch niemand schien es wahrzunehmen. Alle Blicke hingen wie gebannt an Devlin.
    Devlin stand auf. Er schwankte. Noch immer hing die Tweedjacke über seinen Schultern, die er schon auf der Pferderennbahn getragen hatte. Auf seinem Kopf saß die dazugehörige Kappe. Beides wirkte so verknittert, als habe er darin geschlafen, was vermutlich auch der Fall war. An Schlips und Hemdbrust konnte man erkennen, dass er zum Mittagessen etwas mit Tomatensauce und vermutlich ein Schokoladeneis gegessen hatte.
    »Meine Damen und Herren!«, schrie Devlin. »Mitglieder der großen Lesergemeinde – das sind Sie doch, nicht wahr?« Er versprühte Speichelfontänen und zeigte mit dem Finger nacheinander auf alle, die in der ersten Reihe saßen. Die Leute duckten sich in ihre Stühle. Wahrscheinlich hätten sie sofort das Weite gesucht, vermutete Kate, wenn sie nicht auf dem Weg zur Tür an Devlin hätten vorbeigehen müssen. Dieses Risiko wollte offenbar niemand in Kauf nehmen.
    »Ihr haltet euch wohl alle für ausgemachte Literaturkenner, was?«, schnauzte Devlin das Publikum mit grimmigem Gesicht an. »Ihr glaubt, ihr wisst Bescheid, wie? Sie da – die fette Dame mit dem Hut, der wie ein Nachttopf aussieht! –, Sie denken bestimmt, Sie sind was Besseres. Und der Mickerzwerg da neben Ihnen, der in hundekackebraunem Tweed, der gibt sicher gern seine unmaßgebliche Meinung über Romane zum Besten. Leute, ihr habt keine Ahnung! Fickt euch doch ins Knie!«
    Bitte lieber Gott, flehte Kate innerlich, bring diesen Mann zum Schweigen! Und zwar ehe es einen Aufstand gibt und diese netten, freundlichen Leute ihn in der Luft zerreißen. Sende einen Blitz hernieder, der ihn auf der Stelle unschädlich macht. Oder lass sich in diesem geschmackvollen blauen Teppich ein Loch auftun, das ihn mit Haut und Haaren verschluckt. Oder mich. Wie komme ich bloß hier raus?
    Allmählich kam Devlin in Fahrt. Obwohl das Publikum langsam unruhig wurde und sich leise murmelnd unterhielt, übertönte seine Stimme mühelos jegliches Hintergrundgeräusch und erreichte jeden Winkel der Buchhandlung. »Ihr habt doch alle keinen Geschmack! Und keinen Sinn für Abenteuer. Ihr wollt immer nur den gleichen seichten Brei, der euren Vorurteilen entgegenkommt. Jahr für Jahr die gleiche, langweilige Scheiße. Einen wahren Literaturgiganten würdet ihr nicht einmal erkennen, wenn er jetzt und hier in eurer Mitte aufstünde und prophetische Weisheiten von sich gäbe. Wenn Dickens, Tolstoi oder Hugo jetzt zur Tür hereinkämen, würdet ihr euch doch nur verlegen abwenden! Ha!«
    Devlin fasste sich plötzlich an die Stirn. Mit einem Mal war sein bombastisches Gehabe wie weggeblasen. »Katie, ich habe schreckliche Kopfschmerzen«, sagte er und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. »Außerdem muss ich gleich kotzen.«
    »Wissen Sie was? Wir gehen lieber schnell mal vor die Tür. Kommen Sie, Devlin. Hoch! Aisling besorgt Ihnen ein paar Aspirin, und wir bringen Sie zurück ins Bett.«
    Nachdem Devlin wieder einigermaßen zahm erschien, half einer der Männer aus dem Publikum, ihn an die frische Luft zu bringen. Kate kehrte in die Buchhandlung zurück. Ob der Abend noch zu retten war? Auf dem Weg zu ihrem Platz hörte sie im Hintergrund, wie Devlin sich übergab. Kate hoffte inständig, dass er es noch bis zum Gully geschafft hatte und nicht Aislings Auto vollkotzte!
    Von der Straße kam ein lautes Jammern. »Katie! Ich will, dass Katie mitkommt!« Sie überhörte es. »Katie! Sie kommen! Sie haben mich gefunden! Hilfe!« Sie schaltete auf Durchzug und verhärtete ihr Herz.
    Es war offensichtlich, dass die Leute nach dieser Ansprache keine Lust mehr hatten, ihr Geld unters Volk zu bringen. Kate lächelte, führte ein paar Gespräche und signierte ein paar Bücher, die einige Unentwegte trotz allem gekauft hatten. Um zu zeigen, wie dankbar sie war, holte Kate den Füller mit der Goldfeder hervor und signierte die Innentitel für Val, für Jim und für Astrid mit den besten Wünschen. Die meisten Leute jedoch wirkten verlegen und wünschten nichts sehnlicher, als verschwinden

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