Keine Angst vor Anakondas
anderen Tieren, zu denen sie gereist sind.
Duo Animale
Die Tierfilmer Ernst Arendt und Hans Schweiger, beide Jahrgang 1949, filmen seit 1972 zusammen. Sie liefern stets solides Handwerk ab, das sehr liebevoll und mit großer Ausdauer gemacht ist. Der unverwechselbare Stil besticht nicht nur durch den unermüdlichen Einsatz auf der Jagd nach tiefen Einblicken in das Leben und Verhalten vieler Tiere, sondern ebenso durch die hochwertige Qualität der Bilder. Ihrem klassischen Format der Siebzigerjahre sind sie treu geblieben. Durch moderne Strömungen haben sie sich nicht beirren lassen, Computer-Animationen in ihren Filmen kommen für sie nicht infrage. Sie wollen es so authentisch machen wie möglich. Und wenn sie dann doch einmal das Ablaichen von Kröten im Aquarium gefilmt haben, dann fließt das in die Erzählung mit ein, sodass der Zuschauer versteht, dass es anders nicht möglich war. Musik kommt in der Natur nicht vor – und deshalb auch nicht in ihren Filmen. Streichorchester im Gebüsch, da stehen sie nicht drauf. Ernst Arendt gibt sich lieber viel Mühe mit dem Ton und fängt das Säuseln des Windes, das Rascheln der Blätter oder das Gezwitscher einer Lerche ein. Er selbst ist der Erzähler in ihren Filmen. Hans Schweiger ist der Kameramann und Techniker des Duos. Sollten Objektive mal nicht mit seiner Arriflex-Kamera kompatibel sein, dann klemmt er sie kurzerhand auf die Drehbank und bearbeitet sie, bis sie passen.
1977 begann ihre Erfolgsserie Tiere vor der Kamera mit der Folge Singende Vögel . Als 2006 die Folge Die Saga vom Vogel in der Hand erschien, war dies bereits die 42. der beliebten Serie. Mittlerweile sind sie für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden. Kein Grund anzuhalten, ihr Unimog mit den beiden an Bord ist unterwegs wie eh und je.
Das Besondere an ihnen? Ihre größte Tugend ist ihre Normalität. Sie schmeißen sich nicht auf Krokodile und suchen nicht die Nähe zu gefährlichen Tieren. Die Tiere werden so gezeigt, wie sie ihre Akteure vor die Linse bekommen haben. Sie sind die freundlichen Nachbarn von nebenan, die etwas Besonderes erleben und die Zuschauer auf diese Reise mitnehmen und daran teilhaben lassen. Ihr Markenzeichen ist ein alter Unimog U1550, den sie zu ihrem fahrbaren, mit moderner Technik vollgestopften Filmstudio und zur Wohnhöhle umgebaut haben. Weit über 300 000 Kilometer sind sie schon mit ihrem Kleinlaster über die Kontinente gejuckelt. Die bodenständige, humorvolle Erzählweise von Ernst Arendt ist gespickt mit Mutterwitz, dabei aber erfreulich unaufdringlich. Ohne sich selbst groß in Szene zu setzen, zeigen sie nicht nur die Tiere, sondern auch ihre Erlebnisse und Begegnungen mit ihnen. Sie blenden sich schon mal frierend oder schwitzend im Ansitzzelt ein. Da wird das Making-of dann gleich mitgeliefert. Für viele Kinder und Jugendliche wurden sie so zum Vorbild und Auslöser des Berufswunsches Tierfilmer oder Biologe.
Dichtungskiller
Die beiden haben ein gutes Gespür für Themen und Tiere mit besonderen Geschichten und Eigenarten. Der ungekürte Lieblingsfilm der Zuschauer, erzählte mir Ernst Arendt einmal, ist der über die Keas. Das sind mittelgroße Papageien mit einem unauffälligen olivgrünen Federkleid. Die Unterseiten der Flügel sind orange gefärbt. Die Keas leben in den Bergen Neuseelands. Papageien, die den Schnee mögen und außerhalb tropischer Gefilde ihre Heimat haben, das ist außergewöhnlich. Die Keas sitzen aber in der weißen Pracht nicht einfach auf einem Ast und plustern sich auf. Sie tollen und purzeln durch den Schnee, dass es nur so eine Freude ist, ihnen dabei zuzuschauen. Es sind sehr intelligente Vögel, die es verstehen, mit ihren langen, gebogenen Schnäbeln Werkzeuge zu benutzen. Unbeaufsichtigte Rucksäcke von Wanderern öffnen sie mit Begeisterung und machen sich über deren Inhalt her.
So verwunderlich das klingt, bis Arendt und Schweiger sich der Sache annahmen, existierte überhaupt noch kein Filmmaterial von Nestern und Brutverhalten der Keas. Was für eine Herausforderung für die zwei Vogelexperten. Sie reisten um die halbe Welt, nur um festzustellen, dass die Keas in jenem Jahr nicht brüteten. Es sprach sich selbst in Wissenschaftskreisen erst langsam herum, dass sie nicht jedes Jahr ihrem Brutgeschäft nachgehen. Pech, da waren die beiden ganz schön angeschmiert. Doch es kam anders, und sie haben es letztlich viel schöner erwischt, als sie sich vorstellen konnten: Das Material, das sie über die Keas gedreht
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