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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Dirksen
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welch seltene Aufnahme eines freien Vielfraßes ihnen geglückt ist. Noch wissen sie nicht, dass sich dieser Vielfraß immer tiefer in ihrem Bewusstsein festsetzen wird, sie nicht mehr loslässt.
    Oliver und Ivo sind vom Ehrgeiz gepackt, wie Bergsteiger, die alles daransetzen, einen Gipfel zu erstürmen. Ihr Gipfel sind Aufnahmen vom natürlichen Verhalten wilder Vielfraße, unbemerkt gefilmt aus einem Versteck heraus. Von Rangern bekommen sie ein paar Tipps, wo Vielfraße gesichtet wurden. Da platzieren sie an filmtechnisch günstigen Stellen Kadaver und legen sich vor der Abenddämmerung mit der Kamera auf die Lauer. Strenger nächtlicher Frost erwartet die beiden. Trotz Zwiebellook, worunter Oliver bis zu 13 Klamottenlagen gegen die Kälte versteht, frieren sie erbärmlich. Die Tierfilmer bleiben alleine, kein Vielfraß lässt sich blicken. Das trübt jedoch ihre gerade erst entfachte Begeisterung für die Vielfraße in keiner Weise. Es gibt nun mal Begegnungen, die dem Lebensweg eine neue Richtung geben. Bei mir selbst waren, wie gesagt, zwei zufällige Funde von Anakondas Auslöser meiner Faszination für diese Schlangen. Ähnlich eingeschlagen hat auch die Begegnung von Oliver und Ivo mit dem Vielfraß am zugefrorenen Fluss. Wie Blutsbrüder schwören sie sich: »In fünf Jahren machen wir unseren ersten eigenen Film, und der wird über Vielfraße sein!« Das war 1999.
    Ulrich Nebelsiek, Tierfilmproduzent und ehemaliger Redakteur des NDR , hatte Oliver Goetzl und Ivo Nörenberg nach Norwegen geschickt. Dort sollten sie die Jungtiere von Moschusochsen und, wenn möglich, von anderen Säugetieren und Vögeln für den Film Kinderstube in Europas Tundra filmen. Die beiden Newcomer hatten einen Hinweis erhalten, wo die Moschusochsen im Dovrefjell-Nationalpark ihre Jungen in einem idyllischen Tal zur Welt bringen. Als Ulrich Nebelsiek die Bilder von dem Vielfraß sieht, flippt der schier aus. Und wieder sickert der Vielfraß tiefer in ihr Bewusstsein, packt Ivo und Oliver endgültig.
    In der Abonnentenbeilage der National Geographic Deutschland vom November 2003 erscheint ein reich bebilderter Artikel über Vielfraße von dem finnischen Fotografen Antti Leinonen. Oliver und Ivo sind ganz aus dem Häuschen. Sie hatten längst alle Foto- und Fachartikel über die scheuen Marder zusammengekratzt. Die Ausbeute war mager. Der Finne aber beschreibt das Leben der wilden Gesellen verblüffend detailliert. Das konnte nur jemand schreiben, der entweder etwas vom Pferd erzählt oder über ungewöhnlich umfangreiche und unmittelbare Erfahrungen mit den Tieren verfügt. Oliver und Ivo begreifen, dass keiner die Vielfraße so gut kennt wie Antti Leinonen. Tatsächlich fotografiert der Finne die »Bärenmarder« seit mittlerweile mehr als 20 Jahren mit größter Leidenschaft. Es gelingt ihm, über Jahre hinweg einzelne Tiere zu beobachten. Seine Fotos stellen alle bisher veröffentlichten Abbildungen in den Schatten und sind die definitiv besten weltweit. Drei Mal gewinnen seine Fotos den ersten Preis des BBC -Wildlife-Fotowettbewerbs.
    Und noch etwas: Zweifelsohne hatte er die Aufnahmen von den Bärenmardern aus allernächster Nähe geschossen, ohne dass diese sich davon stören ließen. Wie war es dem Finnen gelungen, das Vertrauen der bärbeißigen Riesenmarder zu gewinnen? Ivo und Oliver sind sich einig: »Das ist der richtige Mann!« Also schreibt Oliver Antti an und fragt ihn, ob er damit einverstanden wäre, dass sie einen Film über ihn und die Vielfraße drehen.
Duo mit Herz und Seele
    Oliver Goetzl kennt Ivo Nörenberg schon seit 1984. Als 16-Jähriger leitete er beim NABU eine Kindergruppe. Ivo war da das älteste Kind. Außerdem wohnten sie gleich um die Ecke. So wurden sie Freunde. Später drifteten die Interessen zunächst auseinander. Oliver begeisterte sich mehr für Musik, Ivo für Fotografie. Beide befassten sich jedoch weiterhin aktiv mit dem Thema Umweltschutz. 1994 heiratete Oliver. Zur Hochzeit stand eine Reise nach Indonesien an. Der Schwiegervater wollte ihm eine Fotoausrüstung zur Hochzeit schenken. Da erinnerte er sich an Ivo, klopfte bei ihm an und erkundigte sich, welche Geräte er kaufen solle. Eine sehr gute Idee, der Kontakt lebte wieder auf.
    Ivo hatte seine Karriere als Werbefotograf begonnen, gefolgt von einer Ausbildung zum Spiel- und Werbefilm-Kameraassistenten. Während dieser Zeit reiste er sechs Wochen nach Namibia, wo er als Assistent des Tierfilmers Rudolf Lammers erste wertvolle

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