Keine Angst
Kommenden Mittwoch bist du hier, Punkt zwei Uhr früh, verstanden? Wegen der ersten Rate. Und sei allein, das sag ich dir in aller Freundschaft. Ach ja, und daß du keinem was erzählst. Niemandem, hörst du?«
»Ja.«
»Da bin ich aber froh. Na dann – man sieht sich.«
»Ciao, Franco.«
»Ah, Pietro. Ciao.«
»Was machst du da?«
»Ich ändere die Preise.«
»Was, bist du wahnsinnig? Du hast in den letzten zwei Monaten dreimal die Preise geändert.«
»Nur unmerklich, Pietro.«
»Und das da? Ich seh wohl nicht richtig. Dreiunddreißig fünfzig fürs Bistecca Mafia?«
»Das zahlen die Leute.«
»Die Leute werden dir was scheißen. Ich merk’s jedenfalls in der Küche.«
»Was bist du, he? Frühmensch oder Geschäftsmann?«
»Ich bin Koch.«
»Dann red mir nicht in die Finanzen.«
»Ich will dir mal was sagen, Bruderherz, das gefällt mir nicht. Du läufst mit langer Fresse durch die Gegend und änderst ständig die Preise. Was ist los? Haben wir ein Problem?«
»Nein, wir haben kein Problem.«
»Wir werden aber bald eins haben mit deinen Wuchereien.«
»Du bist der Koch. Geh kochen.«
»Das gefällt mir nicht.«
»Geh kochen.«
»’n Abend. Was ist denn Bistecca Mafia?«
»Unsere Spezialität. Ganz was besonderes.«
»Nämlich?«
»Rumpsteak mit einer tollen Sauce. Da sind Tomaten drin und Zwiebeln, Sardellen, Kapern, Peperoni, scharf wie die Mafia! Die ist …«
»Für Dreiunddreißig fünfzig? Ich hätte Filetsteak erwartet.«
»Ja, aber die Sauce …«
»Ich nehm ’ne Pizza Margherita.«
»Die Sauce …«
»Und ein Kölsch.«
»Va bene.«
»Du verschweigst was.«
»Unsinn.«
»Franco, hör mal zu. Wir können reden. Wir sitzen hier in unserem Restaurant, es ist zwei Uhr morgens, die Tür verrammelt und verriegelt und alle nach Hause außer dir und mir. Wenn wir jetzt nicht reden können, frage ich mich, wann.«
»Es ist alles in Ordnung, Pietro.«
»Nichts ist in Ordnung. Du weißt, ich bin der Koch.«
»Du bist der Koch.«
»Ja. Aber ich bin auch Mitinhaber. Also habe ich kurzfristig unsere Jobs getauscht.«
»Wie bitte?«
»Alice und ich haben die Finanzen überprüft. Gestern. Franco, ich weiß nicht, was hier läuft, und ich hoffe, daß ich mich gewaltig irre, aber irgendwohin sind in den letzten beiden Monaten zwanzigtausend Mark verschwunden.«
»Das ist … unmöglich.«
»Franco.«
»Wo sollen die denn hin sein? Wir haben nicht ganz so gut verdient in letzter Zeit, aber …«
»Franco!«
»… … … … … … … … …«
»Jetzt noch mal von vorne. Ich weiß, daß du dir nicht heimlich die Taschen vollmachst. Du bist mein Bruder. Niemand zweifelt an dir. Aber Tatsache ist, die Zwanzigtausend haben Ciao gesagt. Es fehlen zwanzigtausend Mark, und du erhöhst die Preise.«
»… … … … … … … … … … … … … … … … … …«
»Willst du’s mir nicht erzählen?«
»… … … … … … … … …«
»Franco, bitte.«
»Ich … ich wollte euch nicht damit belasten.«
»Ah, da wären wir also. Womit wolltest du uns nicht belasten?«
»Mit … ach, Scheiße!«
»Komm, Bruderherz, ruhig bleiben.«
»Das hat der Scheißkerl auch gesagt. Ruhig bleiben.«
»Welcher Scheißkerl?«
»Der Erpresser. Der Scheißkerl von der Mafia.«
»Der waaas?«
»Ein Mafioso! Herrgott, wir haben die Mafia im Haus. Da sind die Zwanzigtausend hin! Die Mafia hat sie!«
»Augenblick mal. Die Mafia hat zwanzigtausend Mark von dir erpreßt?«
»Von uns. Ja.«
»Die Mafia?«
»Ja!«
»Das ist unmöglich.«
»Ist aber so.«
»Nein, nein, Moment. Gestatte, wenn ich dich korrigiere, aber wir können die Mafia nicht im Haus haben.«
»Erzähl das dem Scheißkerl.«
»Da gibt’s nichts zu erzählen. Hör zu, du kennst doch Maurizio.«
»Maurizio?«
»Maurizio ist der Neffe von Carlo Piselli.«
»Ach ja. Und?«
»Carlo ist unser Freund, wie du weißt. Jetzt paß auf. Vor zwei Jahren hat Maurizio eingegriffen, als Don Lucas Schwester Ornella mitten auf der Straße von besoffenen Skinheads angegriffen wurde. Er hat den Skins die Glatze nachpoliert, was Ornella wahrscheinlich das Leben oder wenigstens die Gesundheit gerettet hat.«
»Augenblick, ich komm nicht mehr mit. Don Luca?«
»Opa Manfredo hat mit dem Vater von Don Luca immer Schach gespielt, das war noch in Sizilien, bevor wir alle herkamen.«
»Wer zum Teufel ist Opa Manfredo?«
»Madonna! Was weißt du eigentlich? Opa Manfredo war mit unserem Opa Luigi in der
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