Keine Angst
abschirmend, in jede Sauna, ohne sie jedoch entdecken zu können. Auch an der Bar war sie nicht. Eine andere, ältere Frau trocknete Gläser ab. An einem Tisch saßen zwei müde aussehende Männer.
Sonst niemand.
Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß sie die Therme so einfach verlassen hatte. Nicht nach dem, was passiert war. Voller Unruhe lief ich nach unten und inspizierte die Umkleidekabinen. Auch dort niemand. Stille. Leere.
Warum war sie nicht mehr hier?
Im Laufschritt hastete ich wieder nach oben an die Bar, winkte die Frau hinter der Theke heran und fragte, ob sie Maren habe hinausgehen sehen.
Die Frau starrte mich an. Dann sagte sie es mir.
22. März 1997
Sie wollen mich noch hierbehalten.
Die sind verrückt, nicht ich! Wie soll ich eigentlich mein Studium schaffen, zum Teufel? Was machen die sich hier für Vorstellungen?
Sie sagen, es ist wegen dem Besuch.
Stimmt schon, ich bekomme Besuch. Na und? Wo ist das Problem? Was ist denn schlimm daran, Besuch zu bekommen? Kriegen andere doch auch!
Alle hacken sie auf mir rum!
Damit nicht genug. Neuerdings bekomme ich andere Tabletten. Ich weiß wirklich nicht, ob das alles so richtig ist. Was überhaupt richtig ist. Was überhaupt ist und nicht ist seit dem Moment, da ich die Frau hinter der Theke nach Maren fragte und sie mit zitternder Stimme erwiderte, ob ich denn nichts gehört hätte von der schrecklichen Sache, und als ich ungehalten nachfragte, was für eine Sache denn, nein, ich wüßte gar nichts, was denn überhaupt? – da sagte sie: Maren ist vergangenen Dienstag auf dem Nachhause-weg von der Therme niedergeschlagen worden, jemand hat sie mit einer Eisenstange so zugerichtet, daß sie kaum wiederzuerkennen war, nur wegen der paar lumpigen Kröten, die sie in ihrer Handtasche bei sich trug – und weiter, man habe sie ins Krankenhaus gebracht, wo sie im Koma gelegen hätte die letzten drei Tage!
Und wie ich – unfähig, ein Wort hervorzuwürgen – nach hinten zeige, wo die Dampfsauna ist, heult sie los, jetzt gerade, gerade im Moment, als ich von den Umkleidekabinen wieder nach oben gekommen sei, habe sie der Anruf aus dem Krankenhaus erreicht, daß Maren gestorben sei, Maren sei tot.
Tot.
Aber seltsam, Minuten, bevor sie starb, nicht mal eine Viertelstunde her, habe sich ihr Zustand plötzlich stabilisiert, und für kurze Zeit hätte es tatsächlich so ausgesehen, als könne sie es schaffen.
Vor einer Viertelstunde.
Nicht geschafft.
Sie wollen mich hierbehalten. Weil ich Besuch bekomme. Weil ich ihnen sage, daß Maren schon einige Male in meinem Zimmer war.
Sie antworten, das Zimmer werde durch eine Videokamera überwacht. Es sei niemand dagewesen.
Warum schmecken Tränen manchmal salziger als sonst? Gibt es bitteschön ein Buch, um mir das zu erklären?
Bistecca Mafia
»Was ist denn Bistecca Mafia?«
»Ganz normales Rumpsteak, Signore. Aber die Sauce ist was besonderes. Tomaten, Zwiebeln, Kapern und Sardellen, reichlich Peperoni, scharf wie die Mafia!«
»Mhm … nehme ich.«
»Va bene! Vino?«
»Viertel Weißen.«
»Benissimo!«
»Sie haben hier ein … Moment, wo war’s? … ahja, Bistecca Mafia auf der Karte.«
»Si.«
»Womit ist das gemacht?«
»Bistecca Mafia ist unsere Spezialität, Signore. Haben wir als einziger Italiener in Köln.«
»Jaja, schon klar. Und was ist das?«
»Oh, ist ein ganz normales Rumpsteak, aber mit besonderer Sauce. Viel Peperoni, Tomaten, Kapern, Zwiebeln und Sardellen, scharf wie …«
»Ich mag nichts Scharfes. Bringen Sie mir Spaghetti Vongole und ein Kölsch.«
»Subito.«
»Bistecca Mafia, klingt ja klasse!«
»Ist unsere Spezialität, Signora. Schönes dickes Rumpsteak mit Tomaten-Peperoni-Sauce, scharf wie die Mafia!«
»Ist gekauft.«
»Was trinken?«
»Wasser.«
»Bene.«
»Wir müssen das blöde Mafia-Steak teurer machen, Pietro. Verkauft sich, als könnt’s sprechen.«
»Wie teuer ist es jetzt?«
»Dreiundzwanzig fünfzig.«
»Ich weiß nicht, Franco, ich weiß nicht. Wenn wir’s teurer machen, will’s keiner mehr haben.«
»Du hast den Kapitalismus nicht verstanden. Wenn sich was gut verkauft, dann machst du es teurer. Mußt du sogar. Alles wird teurer.«
»Schön, wenn du meinst. Ich bin nur der Koch.«
»Wie denkst du darüber, Alice?«
»Was, ich?«
»Ja.«
»Hast du wirklich mich gefragt?«
»Ja!«
»Das ist ja wohl das Neueste! Seit wann fragst du deine Frau, was sie denkt? Du machst doch eh, was dir paßt.«
»Alice! Mein Gott
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