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Keine E-Mail fuer Dich

Keine E-Mail fuer Dich

Titel: Keine E-Mail fuer Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Kuehne
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Dort saßen sie zwei Stunden auf einer Bank und unterhielten sich. Die wichtigsten Fakten waren schnell geklärt: Rüdigers Ehefrau hatte ihn verlassen, nachdem sie zusammen ein Haus gebaut hatten. Nun saß der Ärmste ganz allein in seinem schönen großen Heim und war auf der Suche nach einer neuen Lebensgefährtin.
    Das zweite Date fand dann ein paar Tage später in ihrer Wohnung statt. Sie saßen gemeinsam auf der Couch und haben sich eine Liebeskomödie auf ihrem damals brandneuen Flatscreen-Fernseher angesehen. Es passierte die ganze Zeit nichts, keine Umarmung, kein Kuss. Sie hatten vorher verabredet, dass er bei ihr übernachtet. Sie musste dann allein in ihr Bett. Er hätte es als Unhöflichkeit empfunden, sich zu ihr zu legen, und schlief lieber auf der Couch. Weitere Treffen liefen ähnlich ab. Irgendwann hat sie die Initiative ergriffen und ihn fast »vergewaltigt«. Er sei halt schüchtern. Bereits nach drei Monaten zog sie bei ihm ein, sie gab ihre Wohnung und ihr bisheriges Leben für ihn auf. Nur ihrem Beruf als Rechtsanwaltsgehilfin ging sie weiter nach.
    Das Haus ist wunderschön mitten im Grünen an einem See gelegen. Für Rüdiger hat sie sogar den Bootsführerschein gemacht, aber eigentlich hasst sie Boote. Sie sei eine leidenschaftliche Hausfrau. Putzen, waschen, Staub saugen, Staub wischen, einkaufen und für Rüdiger das Essen zubereiten, da sei sie in ihrem Element. Sie wüsste gar nicht, was er ohne sie täte.
    Früher hat ihn seine Mutter versorgt. Auch heute kommt sie noch einmal die Woche und bügelt seine Wäsche. Tina hatte mit ihr schon einige Kämpfe auszustehen, um ihr zu zeigen, wer jetzt die Chefin im Haus ist. Seine Mutter sei sein Ein und Alles, denn sein Vater starb, als er fünf Jahre alt war. Er sei schon ein kleines Muttersöhnchen, aber er könne doch trotzdem mit ihr schlafen, das sei ja nicht zu viel verlangt!
    Sie erzählt weiter: Das ganze Wochenende sei er lieber draußen im Garten, ohne sie. Hecken schneiden, Rasen mähen, Blumen pflanzen, Blätter zusammenharken und mit dem Hund im Wald joggen, da ginge ihm das Herz auf.
    Rüdiger ginge auch nicht gern unter Menschen. In ein Restaurant müsse sie ihn fast prügeln. Warum solle er ausgehen, wenn’s doch zu Hause so gemütlich sei, würde er immer sagen. Sie denke jeden Tag daran, ihn zu verlassen, aber sie bliebe, denn in so einer schönen Gegend werde sie niemals wieder wohnen. In ihrer Nachbarschaft wohne Günther Jauch. Wieder zurück in eine Zweizimmerwohnung zu ziehen, käme für sie überhaupt nicht infrage.
    Ob sie Rüdiger liebe, weiß sie nicht, aber man könne halt nicht alles im Leben haben. Sie würde ihn schon heiraten, wenn er sie doch endlich mal fragen würde.
    Trotzdem möchte sie ein Kind von ihm, dann hätte sie etwas, was sie lieben könne, was nur ihr ganz allein gehöre. Rüdiger könne sich dann ruhig im Garten betätigen, es würde sie nicht mehr stören.
    Ein weit verbreiteter Wunschtraum: ein Leben zu zweit, kleine Kinder, die durch den Garten flitzen, die Sonne scheint. So, wie es uns die Werbung jeden Tag zeigt, so muss es sein. Eine Abweichung von der Norm, und schon hat man versagt. Versagen, oder was jemand dafür hält, muss mit allen Mitteln verhindert werden. Auch bei Tina.
    Ich soll ihr ein paar Tipps geben, damit ihr Sexleben überhaupt mal richtig in Gang kommt.
    Ich frage mich, wie ich weiterhelfen soll. Ich kann Rüdiger ja nicht zum Geschlechtsverkehr mit ihr zwingen.
    Spaß und Freude holt sie sich allerdings außerhalb ihrer Beziehung. Sie sucht sich Kontakte im Internet. Dann trifft sie sich mit den Männern und fährt danach sexuell befriedigt nach Hause. Mindestens einmal im Monat macht sie das. Mit einem hat sie sich schon öfter verabredet. Sie treffen sich zum Essen und nehmen sich dann ein Hotelzimmer. Sie könne sich völlig hingeben, denn dieser Mann sei sehr leidenschaftlich. Sie brauche einfach dieses Gefühl, begehrt zu werden, immer und immer wieder.
    Tina unterstellt, dass mit jemandem leben und guter Sex unmöglich zusammenpassen. Wer so etwas tatsächlich glaubt, verhält sich auch so und braucht sich über seine hausgemachten Probleme nicht zu wundern.
    Mit ihrem Online-Liebhaber könne sie sich keine richtige Beziehung vorstellen. Er sei ihr zu einfach gestrickt, nicht kultiviert genug. Er habe auch nur einen normalen Job. Mit so jemandem könne sie nicht zusammenleben. Aus diesem Dilemma gäbe es nur einen Ausweg: Sie müsse so schnell wie möglich von

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