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Keine Frage des Geschmacks

Keine Frage des Geschmacks

Titel: Keine Frage des Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Beisein gelöscht habe. Laurenti schob flugs ein Foto nach dem anderen in den Schredder. Und dann blieb sein Blick an den Aufnahmen der Wilderer hängen. Jetzt war er sich sicher: Der Mann mit dem Rambo-Messer, der denFrischling abstach, war in der Tat einer der Bauarbeiter, die den Schutthaufen in seinem Garten zurückgelassen hatten.
    Der Kollege, der die Sache mit den Wilderern in der Hand hatte, antwortete sofort. Ein Besuch bei der Baufirma würde zweifelsohne die Identität des Wilderers klären. Und vielleicht auch Licht in die Geschäfte des Bauunternehmers bringen, der die Laurentis übers Ohr gehauen hatte.
     
    *
     
    Lele hatte sich für vier Tage abgemeldet, seinen Worten nach könnte allerdings auch eine ganze Woche daraus werden. Aurelio musste das Wochenende nutzen. Er wusste aus Erfahrung, dass selbst die hoch motivierten Prokuristinnen des Raccaro-Imperiums im Hochsommer etwas weniger arbeiteten, um vernachlässigte Freundschaften zu pflegen oder am Meer auszuspannen. Jetzt hatte er Zugang zum Computersystem und konnte Kopien von Geschäftsvorgängen ziehen, so viele er wollte. Er hatte viel Zeit und Geduld investiert, um an die Passwörter zu kommen.
    Als Aurelio nach Hause kam, stopfte er sogleich seine Klamotten samt Schuhen in eine Mülltüte und entsorgte sie in einen Sammelcontainer der Caritas. Anschließend färbte er die Haare wasserstoffblond, wusch sich sorgfältig und reinigte akkurat seine Fingernägel. Die violett angelaufene Bissstelle an seinem rechten Unterarm schmerzte etwas. Er würde sie später mit einem dieser Kinder-Tattoos aus dem Supermarkt überdecken. Ein Abziehbildchen von einem lachenden Delfin vielleicht, einem niedlichen Häschen oder einem schaurigen Totenkopf mit zwei Schwertern, je nachdem, was sich im nächstbesten Laden fand. Auch die Stelle an seiner Schläfe, wo die Schleichkatze seinen Schopf zu fassen bekommen hatte, tat weh, den Kratzer verdeckte sein Haar.
    Sein Kalkül war aufgegangen, auch wenn es nicht so glattverlaufen war, wie er gehofft hatte. Doch das Ergebnis sprach für sich. Um fünf schon war er bei dem Filmteam im Schlosspark eingetroffen und hatte die weiße Malaguti bei den Leuten vom Catering aufgebockt. Selbst die mussten fünf Prozent ihrer Einnahmen an die AFI abdrücken. Aurelio kannten sie gut.
    In der ersten Szene an diesem Morgen sollte die Kommissarin in einen Hinterhalt der Bösewichte geraten und hinter einem Busch niedergeschlagen werden, wo sie anschließend der Staatsanwalt aus Deutschland mit einem langen Kuss ins Leben zurückrief. Das weiße Schloss gab der Szene etwas Mondänes. Eine halbe Stunde blieb Aurelio beim Set, wo auch die drei Männer der Bürgerwehr herumstanden, um die Schauspielerinnen und die Mädchen vom Team anzugaffen. Er setzte sich bald ab, stülpte Latexhandschuhe und Sturmhaube über und machte sich auf den Weg zur Skulptur des Amedeo d’Aosta, um die Journalistin abzupassen.
    Sie war stärker, als er sich ausgemalt hatte. Sie schrie und schlug um sich, biss ihn in den Arm und riss an seinem Haar. Doch dann gelang ihm endlich der Schnitt. Schlagartig brach die Rothaarige zusammen und machte keinen Mucks mehr. Er ließ das Messer auf ihre Brust fallen und machte sich davon. Aus der Deckung eines Gebüschs heraus sah er, wie Alberto sich der Stelle näherte und losrannte, als er Miriam entdeckte, sich zu ihr hinunterbückte und mit spitzen Fingern das Messer von ihrer Brust nahm, bevor er Miriams Kopf in die blutverschmierten Hände nahm und wie ein Irrer auf sie einredete. Als Aurelio die Nummer der Polizei auf dem Mobiltelefon mit der kroatischen Prepaidkarte eintippte, um einen anonymen Hinweis auf das Geschehen im Park zu geben, hörte er plötzlich das Gebrüll der drei grobschlächtigen Hüter der Zivilisation mit ihren leuchtend gelben Jacken, die sich auf den Somalier stürzten. Er klappte den Apparat zu und schlug sich durch die Büsche zurück zum Set.
     
    Aurelio saß am Küchentisch, schenkte sich die zweite Tasse Kaffee ein und ging auf dem Laptop seine Aufzeichnungen durch. Er hatte Leles Andeutungen und beifällige Bemerkungen gesammelt und sie nach und nach mit Schlüsselbegriffen versehen. Datum, Orte, Personen, Gremien, in manchen Fällen sogar konkrete Summen und auch die Querverbindungen zwischen den Protagonisten. Immer die gleichen Leute aus Stadt und Umland, aus dem benachbarten Slowenien, Kroatien, aus Bayern und Österreich und auch aus dem Süden des Landes. Aus Politik,

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